GfK-Experte: "Preise werden kräftig steigen"
Den Deutschen sitzt das Geld so locker in der Tasche wie selten zuvor. Doch ab der Jahresmitte drohen Dämpfer.
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von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Steigende Löhne, Rekordbeschäftigung, niedrige Zinsen und Preise beflügeln die Konsumbereitschaft der Deutschen und die Umsätze im Einzelhandel wie selten zuvor. Das belegen neue Daten der vergangenen Tage: So steigerten laut Statistischem Bundesamt die Einzelhändler ihre Umsätze im Februar preisbereinigt um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr - so stark wie zuletzt im Februar 2000. Der Nürnberger Konsumforscher GfK prognostiziert für April einen Anstieg seines Konsumbarometers auf 10,0 (März: 9,7) Zähler - der höchste Wert seit 13 Jahren. Laut GfK fördert auch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Konsumfreude der Deutschen: Die Alternative Sparen ist derzeit wenig attraktiv.
Mehr Wachstum erwartet
Wirtschaftsforscher heben auch wegen der hohen privaten Nachfrage reihenweise ihre Wachstumsprognosen für Deutschland an. Vor einer Woche etwa erhöhte der Sachverständigenrat, das Expertengremium der Bundesregierung, seine Wachstumsprognose für 2015 auf 1,8 Prozent. Noch Ende 2014 waren die Wirtschaftsweisen von 1,0 Prozent ausgegangen. Den Schritt begründeten sie auch mit dem starken Ölpreisrückgang, der den privaten Konsum beflügle. Zugleich profitierten die Exporteure vom niedrigen Euro. So notierte die Einheitswährung am Donnerstag bei rund 1,08 US-Dollar und damit um fast ein Viertel niedriger als im Mai 2014.
Die Importkosten steigen
Die Vorteile der Euroschwäche sind zuletzt stark in den Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Für GfK-Experte Rolf Bürkl zu stark. Denn für den Konsum seien daraus negative Effekte zu erwarten. "Wir rechnen damit, dass ab der Jahresmitte das Inflationsthema wieder auf die Agenda rückt", sagte Bürkl zu €uro am Sonntag. "Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte wird es vermutlich zu teilweise kräftigen Preisanstiegen und zu einem Anziehen der Inflationsrate kommen."Die Euro-Abwertung schlage dann verstärkt auf die Importeure und Bezieher von Vorleistungen aus dem Ausland durch. "Das betrifft zum Beispiel Bekleidungshersteller, die ihre höheren Kosten an die Kunden weitergeben dürften." Angesichts der guten Konsumkonjunktur könnten sie diese Preisanhebungen derzeit auch im Markt durchsetzen. Zudem spielten die niedrigen Energiepreise ab der Jahresmitte als Preisdämpfer eine geringere Rolle, da Basiseffekte ausliefen, erläutert der GfK-Experte.
Bürkl rät deshalb dazu, die derzeit sehr positiv laufende Konsumkonjunktur und auch die Entwicklung im Einzelhandel mit starken Wachstumsraten im Januar und Februar nicht überzubewerten. "Das lässt sich wegen der nachfragedämpfenden Preisanstiege nicht auf das Gesamtjahr hochrechnen."
Auf Jahressicht sei deshalb die GfK-Wachstumsprognose für den privaten Konsum von 1,5 Prozent nicht zu vorsichtig gegriffen - und auch nicht die Jahres-Wachstumsprognose bei den Einzelhandelsumsätzen von 1,5 Prozent, die der Einzelhandelsverband HDE im Januar abgegeben hatte. Der HDE will sich zu seinen aktualisierten Erwartungen am 14. April äußern.
Auch Betriebe sorgen sich
Rückendeckung bekam die GfK in ihrer Argumentation am Donnerstag vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der ebenfalls vor den Gefahren der Euroschwäche gewarnt hat. Der Verband verwies darauf, dass die meisten Betriebe in Deutschland auf den Import von Vorleistungen angewiesen seien, die sich nun verteuerten. "In der Industrie haben die Sorgen um die Wechselkursentwicklung zuletzt zugenommen", warnt der DIHK. "Inzwischen betrachten auch immer mehr Betriebe den Wechselkurs des Euro als Geschäftsrisiko."Weitere News
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