Schuldenkrise

Auch Deutschland droht Downgrade des Ratings

aktualisiert 03.06.11 11:36 Uhr

Der Ökonom Thomas Straubhaar im Interview mit Euro über die Auswirkungen einer Herabstufung des Ratings der USA und warum Deutschland das ebenfalls droht.

Der Leiter des HamburgischenWeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Thomas Straubhaar im Interview mit Sabine Gusbeth, Euro.

Euro: Herr Straubhaar, die US-Ratingagenturen S&P und Moody's drohen mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die USA wirklich die Bestnote AAA verlieren?
Thomas Straubhaar:
Man sollte das nicht überbewerten. Zum einen war dieser Warnschuß politisch motiviert. Zum anderen ist eine Herabstufung der Bonität für die USA weniger schlimm als etwa für einzelne EU-Länder. Das zeigt, dass S&P damit möglicherweise ganz andere Ziele verfolgt hat, als vordergründig angegeben.

Euro: Wie meinen Sie das?
Straubhaar:
Solche Ankündigungen führen zu Reaktionen an den Börsen. Darauf kann man Wetten abschließen und sehr viel Geld verdienen.

Euro: Warum ist eine Herabstufung für die USA weniger schlimm als etwa für Griechenland?
Straubhaar:
Griechenland, Spanien, Portugal und Irland müssen sich am Kapitalmarkt frisches Geld besorgen. Dort schlagen sich hohe Staatschulden in einer hohen Risikoprämie nieder. Die USA dagegen können ihre Staatschulden jederzeit durch neugedruckte Dollar refinanzieren. Damit würde wahrscheinlich die Inflation steigen, der Dollar würde schwach bleiben und abwerten. Auf diese Weise würden die Exportwirtschaft angekurbelt und die Importe verteuert. Das alles würde in den USA eher Probleme lösen als neue schaffen.


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Euro: Diese Möglichkeit haben die hochverschuldeten Länder in der Euro-Zone nicht.
Straubhaar:
Das ist der Grund, warum ihre Zahlungsfähigkeit von den Märkten schlechter bewertet wird als die der USA. In der EU können einzelne Länder keinen direkten Einfluss auf die Notenbank ausüben.

Euro: Auch Deutschland kann das nicht. Gleichzeitig beträgt unsere Schuldenquote auch schon über 80 Prozent des BIP. Droht uns eine Herabstufung?
Straubhaar:
Natürlich droht das auch Deutschland. Noch wahrscheinlicher ist aber, dass Deutschland als Folge der Schwäche einzelner Euroländer in den Sog von steigenden Euro-Zinsen für seine Schuldenlast gerissen wird. Das sind natürlich weniger dramatische Dimensionen als bei Griechenland. Aber bei einer Schuldenlast von zwei Billionen Euro bedeutet jeder einzelne Prozentpunkt zusätzliche 20 Milliarden Euro pro Jahr.

Euro: Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund einen teilweisen Schuldenerlass für Griechenland?
Straubhaar:
Deutschland ist immer noch mit bis rund 500 Milliarden Dollar in den Krisenstaaten involiert. Allein in Griechenland stehen 70 Milliarden Dollar auf dem Spiel. Wenn wir Griechenland schützen, schützen wir auch diejenigen Deutschen, die ihr Geld bei deutschen Versicherungen oder Banken in Form von Lebensversicherungen oder Sparkonten haben

Euro: Welchen Rat geben Sie den Sparern?
Straubhaar:
Eines muss uns klar sein: Ob schleichend über Inflation oder höhere Steuern um die Transferzahlungen zu finanzieren oder durch Umschuldung - wir werden auf keinen Fall mit 100 Prozent unseres in Griechenland angelegten Vermögens aus dieser Krise kommen. Dagegen kann man nichts mehr machen. Da wird die Axt der Enteignung zuschlagen – geführt entweder durch Inflation oder Steuern von staatlichen Händen oder bei Zahlungsausfall von privaten Händen. Was man tun kann, ist bei der eigenen Bank und Versicherung nachfragen, wie stark sie in den Krisenländern aktiv sind. Das ist ohnehin eine Lehre, die man ziehen sollten: Vertrauen Sie nicht blauäugig, suchen Sie sich genau aus, wem Sie Ihr Geld anvertrauen.