Ökonomen-Barometer: Führende Volkswirte würden GEZ abschaffen
Deutschlands Top-Ökonomen halten die GEZ mit der jüngsten Reform des Rundfunkbeitrags für überflüssig und sind für die Konjunktur zuversichtlicher.
von Thomas Schmidtutz, Euro am Sonntag
Deutschlands führende Volkswirte sehen die Konjunktur im Januar deutlich positiver als noch im Vormonat. Das geht aus dem aktuellen Ökonomen-Barometer (ÖB) von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv hervor. Danach stieg die Einschätzung der aktuellen Lage um acht Prozentpunkte auf 51,4 Zähler und damit erstmals seit dem vergangenen Juni wieder über die 50-Punkte-Marke, die wirtschaftliche Expansion signalisiert.
Einen noch größeren Satz nach vorn machte die Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung auf Sicht von zwölf Monaten. Die Erwartungskomponente des ÖB legte gleich um 20 Prozentpunkte auf 50,8 Zähler zu. Dies war der größte Zuwachs seit August 2010.
Ruhe an der Eurofront stützt
Die jüngste Korrektur steht offenbar in engem Zusammenhang mit der Entspannung in der Eurozone. In den vergangenen Monaten sind die Risikoaufschläge für die Anleihen der Krisenländer wie Griechenland, Spanien oder Italien deutlich zurückgegangen. Damit reagierten Investoren auf die Ankündigung der EZB vom vergangenen September, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen bedrohter Staaten zu kaufen. Weiter positiv: Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts war zum Jahresende 2012 überraschend zweimal in Folge gestiegen.
Unterdessen sorgt die jüngste Reform der GEZ-Gebühr auch unter Ökonomen für Unmut. So sprach sich die Hälfte der befragten Experten für die Abschaffung der inzwischen von Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Beitragsservice umgetauften Einrichtung aus. Rund ein Drittel plädierte für die Beibehaltung des Status quo.
„Überkommene Strukturen sind nicht mehr zu halten“, sagt etwa Volker Hofmann, Direktor für Wirtschaftspolitik und internationale Beziehungen beim Bundesverband deutscher Banken (BdB). Durch die eigene Erhebungsbehörde für Rundfunkgebühren gebe es „enorme Effizienzverluste“. Der Leiter des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie und frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, wird sogar noch deutlicher: „Die GEZ ist eine weitgehend unkontrollierte Behörde, die abgeschafft werden sollte.“
Nach der seit Jahresanfang gültigen Regelung werden künftig grundsätzlich alle Haushalte zur GEZ-Kasse gebeten, unabhängig davon, ob überhaupt ein Radio oder Fernseher vorhanden ist. Bislang war die GEZ-Gebühr nur fällig, wenn der jeweilige Haushalt über entsprechende Geräte zum TV- und Radioempfang verfügt hat. Mit dem Start der sogenannten „Haushaltsabgabe“ zum Jahresanfang war die Diskussion um die Rundfunkbeiträge und die GEZ neu entflammt. Insgesamt kostet die Behörde pro Jahr rund 200 Millionen Euro.
Alternativen zur GEZ
Angesichts der schärfer gefassten Zahlungsverpflichtung könne man die Haushaltsabgabe auch direkt über das Finanzamt oder die jeweilige Gemeinde erheben lassen, erklärten zahlreiche Ökonomen. Im Grunde handle es sich bei der Haushaltsabgabe „um eine Kopfsteuer, und die kann man wirklich besser vom Finanzamt eintreiben lassen“, sagt etwa Stephan Klasen von der Uni Göttingen.
Ähnlich äußert sich Gabriel Felbermayr, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München: „Die Eintreibung des sogenannten Beitrags durch die Finanzämter wäre ganz sicher effizienter, man braucht die GEZ als eigene Behörde nicht. Noch besser und vor allem gerechter wäre es, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk direkt über den Staatshaushalt zu finanzieren, also über Steuern.“
Dagegen äußert Fred Wagner von der Uni Leipzig grundlegende Bedenken: „Das Finanzamt wäre ordnungspolitisch die falsche Behörde.“ Der Chefvolkswirt des Maschinenbauverbands VDMA, Ralph Wiechers, sieht das Problem ähnlich: Die Finanzämter seien „nicht die Inkasso-Organisation der staatsfernen Rundfunkanstalten“. Zudem hätten sie „Wichtigeres zu tun und kämpften ohnehin mit Personalengpässen“. Angesichts dessen plädierte Wiechers dafür, den Einzug der Beiträge bei der GEZ-Nachfolgeorganisation zu lassen.
Die vollständigen Kommentare der Volkswirte lesen Sie hier (pdf)
Für das Ökonomen-Barometer wurden zwischen dem 8. und dem 16. Januar insgesamt rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt. Alle Kommentare der Volkswirte lesen Sie unter www.finanzen.net