Rettung für den Wohnungsmarkt?
Nachdem im Bundestagswahlkampf 2013 das emotionale Thema Wohnungsnot hochgespielt wurde, haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag eine gesetzliche Mietpreisbremse verankert. Doch die Gesetzentwürfe von Justizminister Heiko Maas (SPD) könnten zur Katastrophe für Immobilienbesitzer werden, meint Gastautor Jürgen Michael Schick.
von Jürgen Michael Schick, Gastautor von Euro am Sonntag
Bundesjustizminister Heiko Maas und Julius Cäsar verbindet auf den ersten Blick wenig. Und doch gibt es eine Gemeinsamkeit: Wie der Bundesjustizminister aktuell, setzte sich der römische Imperator seinerzeit für Mietobergrenzen ein, um das Wohnen für mehr Menschen erschwinglich zu machen. Ob Julius Cäsar seinen Gesetzentwurf genauso schnell wie Herr Maas vorgelegt hat, ist nicht bekannt. Letzterer hatte nämlich - wie zuvor angekündigt - noch vor Ablauf der ersten 100 Tage seiner Amtszeit einen entsprechenden Entwurf präsentiert.
Der Vorstoß des Ministers stieß jedoch auf heftige Kritik: Der schnell gestrickte Entwurf enthielt viele unklare Rechtsbegriffe und entsprach in vieler Hinsicht nicht dem, was im Koalitionsvertrag verabredet worden war. Einer der Hauptkritikpunkte an Maas’ Entwurf: Der dringend erforderliche und langsam anziehende Mietwohnungsneubau werde durch die Mietpreisbremse gedämpft oder komme sogar zum Erliegen.
Der Bundesjustizminister hat schon vor der Sommerpause darauf reagiert und ist zurückgerudert. Der Gesetzentwurf soll in vielen Punkten überarbeitet werden. So soll Maas signalisiert haben, dass er einer Begrenzung des Gesetzes auf fünf Jahre möglicherweise zustimmen würde. Nach Ablauf der Frist soll evaluiert werden, ob die Bremse wirksam ist oder nicht. Zudem soll der Wohnungsneubau von der Regelung ausgenommen werden.
Dass der Neubau überhaupt nicht betroffen sei, war allerdings schon bisher von den Verfechtern der Mietpreisbremse behauptet worden. Nun müssen sie jedoch einräumen, dass das nicht stimmt. In der ursprünglichen Form des Gesetzentwurfs war lediglich die Erstvermietung von neu errichteten Wohnungen von der Mietpreisbremse ausgeschlossen wurden. Derzeit diskutieren die Koalitionspartner über die genannte Änderung. Eine Einigung zum Ausschluss von Neubauwohnungen soll sich bereits abzeichnen.
Millionen Immobilienbesitzer
müssen die Zeche zahlen
Das ist im Grunde ein positives Signal. Der Kompromiss geht aber nicht weit genug - im Gegenteil: Die Annahme, dass die Mietpreisbremse damit aus Sicht von Wohnungseigentümern "harmlos" wird, wäre eine gefährliche Illusion. Denn der Neubau per se bliebe zwar weiterhin attraktiv. Doch wer in Wohnimmobilien investiert, denkt nicht in einem Zeitraum von wenigen Jahren, sondern in der Regel sehr langfristig.
Bei der Wiedervermietung gilt nach dem bislang vorliegenden Entwurf die Regelung, dass die Miete nicht höher sein darf als die Miethöhe im letzten Mietvertrag beziehungsweise die ortsübliche Vergleichsmiete nur um höchstens zehn Prozent überschritten werden darf. Investoren könnten sich dann womöglich geneigt sehen, Wohnungen abzureißen und neu zu bauen, anstatt in den Bestand zu investieren und die bestehende Wohnqualität zu steigern.
Durch den Ausschluss von Neubauten werden lediglich Bauträger verschont - und Millionen Hausbesitzer müssen die Zeche zahlen. Nehmen wir das Beispiel Berlin, wo die Mieten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind. In Berlin gibt es etwa 1,9 Millionen Wohnungen. Neubauten werden in einer Größenordnung von 10.000 Einheiten im Jahr erwartet. Allein diese Relation zeigt, dass die Ausnahmeregelung für 99,5 Prozent der Wohnungen nicht zum Tragen kommt.
Es lauert noch eine weitere Gefahr: Im Koalitionsvertrag wurde bereits angekündigt, dass auch der Mietspiegel auf eine breitere Basis gestellt werden soll. Der Mieterbund, dessen Vorstellungen die SPD in fast allen Punkten übernommen hat, fordert, dass künftig bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete die Mieten der vergangenen zehn Jahre - statt wie bisher vier Jahre - mit einbezogen werden sollen. Würde dies umgesetzt, würden die Mieten nicht einmal mehr moderat steigen können, sondern in den nächsten Jahren sogar erheblich fallen - eine Katastrophe für Hausbesitzer.
Was dem einen oder anderen Mieter oder Politiker als frohe Nachricht erscheint, bedeutet jedoch in Wahrheit, dass die dringend notwendigen Investitionen in den Wohnungsbestand zum Erliegen kommen würden. Was der Politik ein paar Wählerstimmen mehr einbringt, würde den deutschen Wohnungsbestand mittelfristig ruinieren. Um die Mieten in Deutschland langfristig zu stabilisieren, führt an einem schnelleren Wohnungsneubau kein Weg vorbei. Es ist an der Politik, diesen zu fördern, anstatt ihn mit populistischen Maßnahmen zu dämpfen.
zur Person:
Jürgen Michael Schick,
Vizepräsident beim Immobilienverband IVD
Der Immobilienökonom (ebs) Schick ist seit
19 Jahren im Immobiliensegment aktiv. 1994 gründete er das Investmentmaklerhaus Michael Schick Immobilien, dem er auch heute noch als Geschäftsführer vorsitzt. Seit 2002 bringt Schick seine immobilienwirtschaftliche Erfahrung als Vizepräsident beim
Immobilienverband IVD ein. In der Funktion als Bundespressesprecher des IVD und als Fachmakler äußert er sich regelmäßig zu immobilienwirtschaftlichen Themen.
Bildquellen: IVD