Betriebsrente: Sahnehäubchen vom Chef
Seit Jahresbeginn muss der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen bei der betrieblichen Altersvorsorge zuzahlen. Wann sich das lohnt.
Werte in diesem Artikel
von Martin Reim, Euro am Sonntag
Einfach so mehr Geld vom Chef verlangen? Dieser Traum vieler Angestellter ist seit Anfang 2019 wahr geworden. Es geht um die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Arbeitnehmer konnten schon bislang Teile ihres Gehalts in bAV-Beiträge umwandeln und damit Sozialabgaben sparen. Auch der Arbeitgeber profitiert seit jeher davon, weil die Sozialbeiträge üblicherweise hälftig bezahlt werden.
Wenn der Arbeitnehmer spart, spart der Arbeitgeber also zumeist mit. Konkret heißt das: Maximal 15 Prozent der Einzahlungen muss der Arbeitgeber nun drauflegen. Das betrifft erst mal nur Verträge, die ab Anfang 2019 geschlossen werden. Ab 2022 gilt das dann auch für laufende Kontrakte. Allerdings kann in manchen Tarifverträgen noch eine andere Regelung vereinbart sein.
Der Chef muss nur soviel weitergeben, wie er tatsächlich an Sozialbeiträgen einspart. Sind es weniger als 15 Prozent, darf er entsprechend herunterrechnen. Und spart er gar nichts, muss er im Normalfall auch nichts weitergeben.
Die Abstufungen in der Ersparnis beruhen auf den sogenannten Beitragsbemessungsgrenzen. Jene für die Kranken- und Pflegeversicherung beträgt 4537,50 Euro pro Monat. Jene für die Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt für Westdeutschland bei 6700 Euro und in Ostdeutschland bei 6150 Euro. Ein Arbeitnehmer muss für Gehaltsbestandteile oberhalb dieser Grenze keine Sozialbeiträge zahlen - und der Arbeitgeber auch nicht.
Was sich zum Jahreswechsel in Euro und Cent geändert hat, zeigen drei Modellrechnungen, die €uro am Sonntag in Zusammenarbeit mit dem Finanzdienstleister MLP erstellt hat (siehe Tabellen unten).
Die Rechtsänderung führt im ersten Fall dazu, dass zwingend 15 Prozent mehr in den Rentenvertrag fließen. Im zweiten Fall sind es lediglich 10,55 Prozent, weil das Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung liegt. Im dritten Fall ist kein Zuschuss verpflichtend. Grund: Das Bruttogehalt, aus dem die bAV-Beiträge bezahlt werden, liegt jenseits beider Beitragsbemessungsgrenzen.
Wenn der Arbeitgeber großzügig ist oder sich die Mühe der detaillierten Abrechnung sparen will, kann er natürlich in jedem Fall die 15 Prozent mitgeben. Das könnte auch juristisch ratsam sein, so sagen Experten, um auf der sicheren Seite zu bleiben. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass Arbeitsgerichte das Rechnen mit dem spitzen Bleistift zumindest in manchen Konstellationen noch zu Fall bringen - die Rechtslage sei nicht immer eindeutig.
In allen drei Fällen wirkt beim bAV-Eigenbeitrag und dem Nettogehalt noch eine Reihe anderer Faktoren als ein eventueller Zuschuss. So muss bei gesetzlich Krankenversicherten der Zusatzbeitrag seit Anfang 2019 hälftig vom Chef getragen werden, statt komplett vom Arbeitnehmer.
Nach wie vor gilt: Wessen Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung liegt, der bekommt die volle Ersparnis durch die Entgeltumwandlung. Wer darüber liegt, erhält weniger. Denn bis zu vier Prozent der jeweils aktuellen Beitragsbemessungsgrenze können Arbeitnehmer ohne Abzug von Sozialabgaben und acht Prozent ohne Abzug von Steuern investieren. Die Grenze wurde 2019 angehoben, so dass der maximale sozialabgabenfreie Anteil nun 268 Euro beträgt.
Zurück zur Gesetzesänderung: "Wenn man annimmt, dass es bisher keinen Arbeitgeberzuschuss gibt und die verpflichtenden 15 Prozent vollständig in den individuellen Vertrag des Arbeitnehmers fließen, ist die betriebliche Altersvorsorge in diesem Punkt nun attraktiver", sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Und Ralf Raube, Leiter bAV beim Finanzdienstleister MLP, erklärt: "Der Zuschuss ist ein weiterer Schritt zur Stärkung der bAV. Gleichwohl handelt es sich bei den 15 Prozent nur um den gesetzlich festgelegten Wert. Wir empfehlen Arbeitgebern weiterhin, einen Zuschuss von pauschal 20 Prozent an ihre Arbeitnehmer weiterzugeben - das entspricht in den meisten Fällen in etwa der gesamten Sozialversicherungsersparnis des Arbeitgebers."
Aber sollte man überhaupt eine Entgeltumwandlung via Direktversicherung - der beliebteste bAV-Weg - abschließen? Grundidee hinter der staatlichen Förderung: Im Ruhestand zahlen die meisten Arbeitnehmer geringere Steuern als während der Berufstätigkeit, zudem können Sozialabgaben sinken oder wegfallen. All dies führt unter bestimmten Voraussetzungen zu erheblichen finanziellen Vorteilen.
Direktversicherungen gibt es in zwei Varianten: Am weitesten verbreitet ist die klassische Form, bei der eine Mindestverzinsung garantiert ist. Diese macht bei Neuverträgen zurzeit 0,9 Prozent aus. Allerdings wird nicht die gesamte Einzahlung verzinst, sondern nur der Teil, der nach Abzug der Kosten für die Geldanlage übrig bleibt. Mögliche Überschüsse kommen hinzu, deren Höhe ist jedoch nicht garantiert. Eine zweite Möglichkeit sind fondsgebundene Policen, die höhere Chancen bieten, aber auch Risiken bergen.
Die Eigenschaften von Direktversicherungen sind meist dieselben wie bei ungeförderten Policen. Vorteile: Je nach Variante und Anbieter waren zumindest in der Vergangenheit gute Renditen bei hoher Sicherheit zu erzielen. Außerdem winken Steuervorteile beispielsweise gegenüber Fondssparplänen. Nachteile: Lebensversicherungen gelten generell als intransparent. Die gesunkenen Zinsen an den Kapitalmärkten zehren an den Renditen, weil die Unternehmen die Prämien größtenteils an den Anleihemärkten investieren.
Außerdem werden die Abschlusskosten üblicherweise auf die Anfangszeit des Vertrags verteilt. Diese sogenannte Zillmerung bewirkt, dass in vielen Fällen auch nach Jahren weniger im Topf ist als eingezahlt wurde -und der Zinseszinseffekt bei der Rendite stark verzögert zum Tragen kommt. Auch kann die Auszahlung je nach Versicherer sehr unterschiedlich ausfallen.
Sehr wichtig für die Rendite ist auch das Verhalten des Arbeitgebers. Er kann etwas zuzahlen, ist aber nicht dazu verpflichtet. In anderer Hinsicht kommt dem Chef ebenso große Bedeutung zu: Er bestimmt den Versicherer. Hat der Arbeitgeber Zugriff auf einen Gruppenvertrag, kann das wegen der Kostenersparnis äußerst vorteilhaft sein. Falls der angebotene Kontrakt dennoch wenig attraktiv ist, kann der Arbeitnehmer versuchen, auf eigene Faust eine Alternative aufzutun und den Arbeitgeber davon zu überzeugen. "Man sollte darauf achten, dass der Anbieter finanzstark ist und geringe Abschluss-,Vertriebs- und Verwaltungskosten hat", empfiehlt der Münchner Versicherungs- und Anlageberater Rolf Schulte.
Egal, wo man abschließt -das Geld ist sicher. Denn der Versicherer haftet bei klassischen Policen für das sogenannte Deckungskapital. Und auch die Versicherer selbst sind fast immer geschützt -durch ihre Mitgliedschaft bei der branchenweiten Auffanggesellschaft Protektor. Zudem sind sie gesetzlich gezwungen, hohe Reserven aufzubauen, um ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Deshalb stehen sie nach Ansicht von Experten im Schnitt besser da als die Pensionskassen, bei denen es zuletzt einige bedenkliche Schieflagen gab.
Ist der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge generell sinnvoll? Verbraucherschützer Scherfling sagt: "Wer seine Altersvorsorge plant, hat sehr viele Alternativen, ob ungefördert oder staatlich gefördert. Die betriebliche Altersvorsorge ist nach Abwägung aller Vor-und Nachteile bisher selten erste Wahl." Der vermeintlich größte Vorteil sei dabei das wichtigste Gegenargument: "Man kann zwar, neben den Steuern, auch Sozialabgaben sparen. Doch hat man dadurch dann auch weniger Ansprüche - bei gesetzlicher Rente, Arbeitslosengeld, Krankengeld und Elterngeld."
Weiteres Problem: Gesetzlich Krankenversicherte zahlen im Alter auf ihre Betriebsrenten die kompletten Beiträge zur gesetzlichen Kranken-und Pflegeversicherung, also inklusive der bisherigen Anteile des Arbeitgebers. Der Experte rechnet vor: "Deshalb bleiben letztlich von 100 Euro Bruttorente nach Steuern und Sozialabgaben vielleicht zwei Drittel übrig." Ein Gesetz, das dies abmildert, wird zwar derzeit in der Großen Koalition diskutiert, ein Ergebnis ist aber noch nicht in Sicht.
Scherflings Konsequenz: Eine betriebliche Altersvorsorge lohne sich vor allem für Gutverdiener (wegen der Steuervorteile), die privat krankenversichert sind (weil keine doppelten Beiträge in der Rentenphase fällig werden). Bei allen anderen Beschäftigten müsse der Arbeitgeber wohl noch mehr zuzahlen als gesetzlich gefordert, damit sich die Sache wahrscheinlich lohnt.
Checkliste
Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Betriebsrente in Form der sogenannten Entgeltumwandlung. Am beliebtesten sind Einzahlungen in eine Direktversicherung (Vorsicht: Versicherungen ohne Außendienst tragen dieselbe Bezeichnung, haben damit aber nichts zu tun). Ob dieser Weg in speziellen Situationen sinnvoll ist, klären einige Fragen:
Will ich tatsächlich eine Rentenversicherung abschließen? Anders als beim Riestern sind Fonds- oder Banksparpläne hier außen vor.
Wie wirkt sich meine Gehaltshöhe aus? Bei mittleren Einkommen können die Vorteile relativ gering sein.
Wie wirkt sich meine Art der Krankenversicherung aus? Bei gesetzlicher Absicherung sinkt die Attraktivität.
Wann gehe ich in den Ruhestand? Bei niedrigen Bezügen kann der Ertrag bei kurzen Laufzeiten extrem hoch sein.
Was ist mein voraussichtlicher Steuersatz im Ruhestand? Je größer die Differenz zum aktuellen Wert, desto größer sind die Vorteile.
Zahlt mein Arbeitgeber etwas über den gesetzlich fälligen Zuschuss von 15 Prozent dazu? Das ist oft ein Renditeturbo.
Im Überblick: Drei Modellfälle als Beispiel (PDF)
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