Beratungstest: Darf’s noch etwas mehr sein?
Aufgehübschte Filialen, Gespräche in Wohlfühlatmosphäre - die Banken bemühen sich. €uro am Sonntag zeigt, wer sich wirklich um Kunden kümmert.
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von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Deutlicher geht’s kaum: 95 Prozent der Anlageempfehlungen, die Banken gegenüber Kunden aussprechen, sind nicht geeignet. So lautet das Ergebnis einer Studie der Verbraucherzentrale Bundesverband. "Verbraucher können leider nicht davon ausgehen, dass ihnen von Banken und Finanzvertrieben Geldanlagen angeboten werden, die zu ihrem Bedarf passen", sagt Werner Bareis von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, der die Studie koordiniert hat. Er und seine Kollegen haben 3.502 Anlage- und 362 Vertragsangebote untersucht. Das Fazit: Die empfohlenen Produkte waren entweder zu teuer oder brachten zu wenig Rendite.
Die Untersuchung sei irreführend, hieß es umgehend in einer Mitteilung der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Dachverband der hierzulande aktiven Bankenverbände. Die Verbraucherzentralen sollten ihre Kriterien doch bitte transparenter machen. Man wolle, dass die Kunden zufrieden seien, hieß es am Ende der Erklärung fast etwas kleinlaut.
Denn die Kritik an den Empfehlungen ist nicht das einzige Problem der deutschen Banken: Laut einer Umfrage des "Handelsblatts" sind allein im vergangenen Jahr rund 1.000 Bankfilialen geschlossen worden. Bei vielen Regionalbanken bahnen sich Fusionen an. So soll es 2020 nur noch 250 Sparkassen und nur noch gut 700 Volksbanken geben. Derzeit sind es noch 415 Sparkassen und fast 1.200 Volksbanken.
Direktbanken, die keine Filialen betreiben und ihre Dienstleistungen online oder per Telefon anbieten, werden beliebter. Gleichzeitig sorgen die niedrigen Zinsen dafür, dass Banken das Geld ihrer Kunden nicht mehr lukrativ anlegen können. Je geringer die Margen, desto mehr drücken die Kosten. Daher steigen die Kontogebühren. Außerdem werden seit der Finanzkrise von 2008 Banken und ihre Berater vor Ort schärfer überwacht als jemals zuvor. Unter diesen Voraussetzungen ist es recht schwierig, Kunden zufriedenzustellen.
Doch es ändert sich etwas, zumindest äußerlich. Filialen werden, sofern sie nicht geschlossen werden, umgerüstet. So scheint bisweilen nicht mehr der Schalter, sondern eine Kaffeebar im Mittelpunkt zu stehen. Beraten wird in hellen, freundlichen Räumen, die mehr an die Lobby eines Designhotels als an eine Bankfiliale erinnern.
Dies alles sind Gründe genug für €uro am Sonntag, zu untersuchen, was die Banken vor Ort leisten. Wie in den vergangenen vier Jahren wurden gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) 14 Banken mit Filialnetz getestet. Dabei ging es neben der Leistung im Beratungsgespräch und den empfohlenen Produkten, die mit jeweils 40 Prozent in die Gesamtwertung einflossen, auch um den Service, konkret die Erreichbarkeit der Bank sowie das Angebot in den Filialen und online. Ziel war es zu zeigen, welche Banken im Vergleich zur Konkurrenz am besten beraten.
In die Auswahl kamen neben den großen, bundesweit aufgestellten Privatbanken auch große Sparkassen, Genossenschafts- und Sparda-Banken. In diesem Jahr war auch die GLS Bank mit von der Partie. Das Institut mit Hauptsitz in Bochum ist eine Genossenschaftsbank, aber mit sieben Filialen nicht regional, sondern bundesweit aktiv. Sie legt das Geld ihrer Kunden nach ökologisch-sozialen Gesichtspunkten an.
Um ein Gefühl für die Arbeit in den Filialen zu bekommen, zogen auch in diesem Jahr wieder anonyme Testkunden mit drei unterschiedlichen Risikoneigungen los. Alle drei Kundentypen (siehe unten) wollten 20.000 Euro für acht Jahre anlegen. In die Auswertungen der einzelnen Kundentypen flossen die Ergebnisse der Beratungsgespräche und die Punkte, die es für die Anlageempfehlungen gab, mit ein.
Mehr Fragen statt Schema F
"Im Vergleich zum vergangenen Jahr gaben sich die Berater in den 84 Gesprächen mehr Mühe", sagt DKI-Geschäftsführer Jörn Hüsgen. So berichteten drei von vier Testkunden, der Berater habe einen ausführlichen Vermögenscheck durchgeführt. In fünf Prozent der Fälle blieb dieser Check aus. In 93 Prozent der Gespräche fragte der Berater den Kunden nach dessen Risikobereitschaft. Gegenüber 2015 ist dies eine Steigerung um mehr als zehn Prozentpunkte.Ähnlich sieht es bei den Risiken der empfohlenen Anlageprodukte aus: In fast 80 Prozent der Fälle wurde ausführlich auf die Gefahren hingewiesen. Die Kosten der Anlageprodukte wurden laut Angaben der anonymen Testkäufer in knapp 63 Prozent aller Fälle umfassend erläutert. Der Umgang mit dem Thema Provision ist im Vergleich zum vergangenen Jahr offener: Drei von vier Berater legten dem Kunden ihre jeweilige Provision offen. Im Vorjahr waren es nicht einmal 60 Prozent. Trotzdem mussten Kunden, die wissen wollten, was der Tipp ihrem Gegenüber bringt, in vielen Fällen nachhaken.
"Der Anteil der Berater, die bereits im Erstgespräch nach einem Vertragsabschluss gefragt haben, ist auffällig hoch", sagt Hüsgen. "Möglicherweise ist das ein Ergebnis des Wettbewerbs zwischen Filialen, die fürchten müssen, demnächst geschlossen zu werden."
Die Anlageempfehlungen der GLS wurden für alle Testkunden als die geeignetsten bewertet und erhielten in der Summe die meisten Punkte. Besonders mit ihren Empfehlungen gegenüber Testkunden mit defensiver und offensiver Anlagepräferenz lagen die Berater der ökologisch-sozialen Genossenschaftsbank weit vorn. So bekamen alle Interessenten mit defensiver Präferenz festverzinsliche Sparbriefe empfohlen. Testkunden mit offensiver Anlagepräferenz wurden Misch- und Aktienfonds nahegelegt.
Um die Vorschläge der Berater zu bewerten, hat die €uro-am-Sonntag-Redaktion deren Anlageempfehlungen einander gegenübergestellt und bewertet. So bekam die im Verhältnis zum Rest beste Empfehlung die meisten Punkte. Während beim defensiven Kundentyp eigentlich nur Tagesgeldkonten und Sparbücher die richtige Wahl gewesen wären, bekamen beim renditeorientierten Anleger kapitalmarktnahe Produkte wie Aktienfonds, die sich leicht wieder verkaufen lassen, die meisten Punkte. Beim offensiven Anleger haben volatile und renditeträchtige Anlagen wie etwa Aktienfonds, die stark in Schwellenländer investieren, oder Hochzinsanleihen viele Punkte gebracht.
Die Santander Bank erhielt für ihre Anlageempfehlungen die wenigsten Punkte, da beispielsweise einem der Testkunden mit defensivem Profil eine Rentenversicherung empfohlen worden war. Eine Rentenversicherung ist zwar in Anbetracht der Sicherungseinrichtung der Versicherungswirtschaft sehr sicher, allerdings waren die Testkunden mit defensivem Profil gehalten, nach Produkten zu fragen, bei denen sie jederzeit über ihr Geld verfügen können, was bei einer Lebensversicherung nur nach einer teuren Kündigung möglich wäre. Hüsgens Erklärung, warum viele Banken lieber Lebensversicherungen als Tagesgeld empfahlen: "Am Tagesgeld verdient eine Bank kaum etwas, an einer Rentenpolice aber schon."
3.000 Euro Kosten - im Schnitt
Apropos Kosten: Bei den mehrheitlich empfohlenen Wertpapieren wurden im Schnitt 2,740 Prozent Ausgabeaufschlag fällig. Bei 20.000 Euro, die unsere Testkunden anlegen wollten, wären das 548 Euro, die als Kosten von der Rendite abgehen. Dazu kommen noch einmal durchschnittliche laufende Verwaltungskosten von jährlich knapp 1,5 Prozent - im konkreten Fall 300 Euro. Zusammengerechnet würde ein durchschnittliches Angebot, wie es unseren Testkunden gemacht wurde, über acht Jahre fast 3.000 Euro kosten.Das bedeutet, die Produkte müssten in den acht Jahren nach Steuern eine Rendite von 1,8 Prozent p. a. abwerfen, damit der Kunde am Ende der Laufzeit seine 20.000 Euro zurückbekommt. Angesichts dieser Aussichten ist es ein Lichtblick, dass die Berater der Sparda-Bank West fast immer Produkte ohne Ausgabeaufschlag empfohlen haben.
Unterm Strich entschied die GLS das Rennen für sich. Ihre Mitarbeiter machten sich in den Gesprächen stets ein umfassendes Bild von der persönlichen Lebenssituation des Kunden. Die Erfahrungen des Kunden mit Geldanlagen sowie die individuellen Anlageziele wurden ausführlich erfragt. Zudem fällt auf, dass die Berater gern zu einer weiten Streuung rieten. Eine Aufteilung der Anlagesumme von 20.000 Euro in fünf oder sechs verschiedene Anlageprodukte war keine Seltenheit. Es wurden fast ausschließlich Produkte empfohlen, die an ökologisch-sozialen Anlagekriterien ausgerichtet sind.
Auf den Rängen 2 und 3 lagen die Stadtsparkasse Düsseldorf und die Deutsche Bank fast gleichauf. Beide konnten vor allem im Beratungsgespräch punkten und boten dem defensiven und dem offensiven Kunden die beste Beratung. Die Commerzbank schnitt mit der Gesamtnote "gut" ab, ließ allerdings einige Punkte beim defensiven Kunden liegen.
Schlusslicht im Test war die Santander Bank. Die Gespräche bei der deutschen Tochter der spanischen Großbank wurden zwar im Schnitt mit der Schulnote "gut" bewertet, doch ansonsten gab es einige Mängel: Über die Risiken der Angebote wurde kaum aufgeklärt, und in zwei von drei Gesprächen gab es nur vage Hinweise auf die Kosten der Empfehlungen.
Ganz gleich ob Gebühren, Beratung oder Service: Es lohnt sich, seiner Hausbank auf die Finger zu schauen. Es gibt immer eine Alternative, die günstiger, näher oder für die persönlichen Bedürfnisse einfach besser ist.
Anlegertypen
Der DefensiveDieser Anlegertyp möchte für einen Zeitraum von acht Jahren 20.000 Euro anlegen. Er will sein Kapital in jedem Fall erhalten, Rendite ist zweitrangig. Der Kunde will in Notfällen jederzeit auf das Geld zurückgreifen können.
Der Renditeorientierte
Dieser Kunde will ebenfalls 20.000 Euro auf acht Jahre investieren. Er bevorzugt eine sichere Anlage, ist aber bereit, für eine höhere Rendite zehn Prozent des Kapitals zu riskieren. Auch er will stets auf das Geld zurückgreifen können.
Der Offensive
Er will aus seinen 20.000 Euro binnen acht Jahren das Maximum herausholen. Er kann hohe Einbußen bis zum Totalverlust verkraften.
So wurde gewertet:
Um die Beratungen der Banken zu testen, zogen anonyme Testkunden mit unterschiedlichen Risikoneigungen los. Alle drei Typen wollten 20.000 Euro für acht Jahre anlegen. In die Auswertungen der einzelnen Kundentypen flossen die Ergebnisse der Beratungsgespräche und die Punkte der Anlageempfehlungen, die es für den jeweiligen Kundentyp gab, ein. Ins Gesamtergebnis flossen alle Beratungsgespräche und alle Anlageempfehlungen mit je 40 Prozent ein. Zusätzlich wurde beim "Kundenservice" getestet, wie die Banken online und vor Ort auf Anfragen von Kunden reagieren (20 Prozent der Punkte).
Gesamtwertung (pdf)
Die einzelnen Kategorien im Überblick (pdf)
Die richtigen Fragen:
Vor dem Termin bei der Bank sollte sich jeder Bankkunde darüber im Klaren sein, wie es um seine Finanzen bestellt ist und was er wirklich braucht. "Viele Anlageberater vergessen, den Kunden nach seiner gesamtwirtschaftlichen Situation zu fragen", sagt Arndt Stiegeler. Der zertifizierte Finanzplaner hat fünf Fragen zusammengestellt, die Kunden vor und in einem Beratungsgespräch berücksichtigen sollten.Welche Risiken habe ich? Es bringt nichts, Geld anzulegen, wenn existenzbedrohende Risiken wie Berufsunfähigkeit noch nicht abgedeckt sind.
Wie ist es um meine Finanzen bestellt?
Die wenigsten wissen, was sie sich leisten können. Stiegeler rät, laufende Ausgaben (Lebenshaltung, Versicherungsprämien usw.) von den Einnahmen aus Gehalt, Vermietung und Kapital abzuziehen. Diesen sogenannten Liquiditätsüberschuss kann man dann zur Hälfte anlegen. Der Rest sollte auf einem Tagesgeldkonto liegen, um Unvorhergesehenes wie eine kaputte Waschmaschine zu finanzieren. Wer Schulden hat, die nicht steuerlich genutzt werden können, sollte diese zuerst tilgen, bevor er Geld anlegt.
Was brauche ich? Geht es um das Thema Vorsorge, lohnt es sich auszurechnen, welche Lebenshaltungskosten im Alter auf einen zukommen. Dazu sollten die aktuellen Ausgaben analysiert und Kosten, die rund um den Job entstehen, davon abgezogen werden. Der Rentenbescheid gibt Auskunft über das, was man vom Staat erwarten kann. Das ist in den meisten Fällen nicht genug. Wer mehr will, muss privat vorsorgen. Um ein einigermaßen stimmiges Bild von der Zukunft zu bekommen, sollte in jede Berechnung die Inflation mit rund zwei Prozent jährlich einfließen. In Sachen Anlageklassen gilt: Je näher die Rente, desto eher sind Produkte mit sicherer Rendite wie festverzinsliche Wertpapiere geeignet. Wer in 30 Jahren in Rente geht, kann schwankungsanfällige Investments wie Aktien eingehen.
Wie funktioniert das? Fachbegriffe aus der Finanzwelt gehören gewiss nicht zur Allgemeinbildung. Wer beim Nachfragen den Eindruck gewinnt, dass der Berater selbst nicht versteht, worüber er spricht, sollte die Bank wechseln.
Wie groß ist mein Risiko und wie kann ich das Produkt wieder verkaufen? Diese Fragen sollten in jedem Gespräch gestellt werden - sofern der Berater nicht von allein darüber aufklärt. Während auf den Informationsblättern zu Produkten inzwischen auf Risiken hingewiesen wird, sollten Kunden bei den Möglichkeiten, ihr Produkt wieder zu verkaufen, genauer hinhören und nachfragen. Insbesondere bei Geschlossenen Beteiligungen ist der Ausstieg schwer.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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