IW-Studie: Ärmere Haushalte im Nachteil
Sollte die Niedrigzinsphase noch länger anhalten, könnte es für ärmere Haushalte noch schwieriger werden, Vermögen aufzubauen.
von Jörg Billina, Euro am Sonntag
Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wird intensiv und kontrovers diskutiert. Kritiker werfen der EZB finanzielle Repression vor, Befürworter verweisen dagegen auf die Notwendigkeit, die Wirtschaft mittels tiefer Zinsen anzukurbeln, Arbeitsplätze zu sichern und die Refinanzierungskosten für verschuldete Eurostaaten niedrig zu halten. Doch welche Folgen hat die Geldpolitik auf die Vermögensverteilung in Deutschland? Das Institut der deutschen Wirtschaft hat dazu eine Studie verfasst und diese Woche veröffentlicht.
Das Fazit: Eine entscheidende Veränderung der bisherigen Vermögensverteilung lässt sich nicht feststellen. Allerdings haben die niedrigen Zinsen den Vermögensaufbau für Menschen mit geringem Einkommen erschwert. In dieser Gruppe hätten risikoarme Anlagen wie Bankguthaben, Tagesgeld und Lebensversicherungen große Bedeutung. Deren Renditen sind aber infolge der EZB-Politik stark gesunken.
Sollte die Niedrigzinsphase noch länger anhalten, könnte es für ärmere Haushalte noch schwieriger werden, Vermögen aufzubauen. Unter anderem lässt sich der Traum vom eigenen Haus nur schwer erfüllen. Infolge der niedrigen Zinsen sind die Immobilienpreise stark gestiegen.
Ein erschwerter Vermögensaufbau belaste vor allem jüngere Haushalte, so die Autoren der Studie. Aber auch ältere Haushalte, die ihre Altersvorsorge nutzen, spürten die Nachteile. Sie müssten mit geringeren Zinseinkommen auskommen als in der Vorkrisenzeit prognostiziert.
Schuldner profitieren
Zu den Gewinnern der expansiven Geldpolitik zählten dagegen Haushalte, die vor der Banken- und Staatsschuldenkrise innerhalb des Euroraums in den Jahren 2011 und 2012 Immobilien gekauft und finanziert haben. Sie hätten in der Phase sinkender Zinsen ihre Belastung durch Kreditkosten verringern können. Gleichzeitig profitieren sie von steigenden Immobilienpreisen. Sie sind auch weniger stark von Rückgang der Zinseinkommen aus Bankeinlagen betroffen als Mieter, die einen höheren Anteil an Bankeinlagen halten als Hausbesitzer, folgert die Studie. Günstigere Finanzierungsbedingungen bei Krediten und Hypotheken hätten zudem zu einer Entlastung verschuldeter Haushalte beigetragen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet auch in Zukunft mit einem nur leicht höheren Zinsniveau. Von daher sei es wichtig, den Vermögensaufbau einkommensschwacher Haushalte zu unterstützen. Das Institut empfiehlt eine Reform der Arbeitnehmersparzulage, eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer und eine konsequentere Förderung der Aktienkultur. Auch ein staatlicher Pensionsfonds, der zur Unterstützung der Renten am Aktienmarkt agiert, sei denkbar.
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