Walters lukrative Wechselspiele
Riester-Verträge müssen nicht auf Lebenszeit geschlossen sein. Der Staat erleichtert per Gesetz den Vertragswechsel. Welche Alternativen es noch gibt.
von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag
Ein besseres Angebot, der Wechsel in die Elternzeit, aber auch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit – es gibt viele Gründe, über den Ausstieg aus einem Riester-Vertrag nachzudenken. Vom Gesetz her ist das kein Problem: Der komplette Ausstieg aus der geförderten Altersvorsorge ist ebenso möglich wie der Wechsel von einem Riester-Produkt zu einem anderen. Und wer „nur“ mit vorübergehenden finanziellen Engpässen zu kämpfen hat, der kann seinen Vertrag auch eine Zeit lang ruhen lassen.
Die Zahl der Aus- und Umstiegsvarianten bei Riester ist mindestens so hoch wie die der Produktvarianten. Die bei Weitem ungünstigste Wahl ist die vollständige Auflösung des Vertrags. Sie sollte daher sehr gut überlegt sein, denn in diesem Fall handelt es sich um eine „schädliche Verwendung“ des Altersvorsorgevermögens. „Die Kündigung eines Riester-Vertrags sollten Verbraucher nur als letzte Möglichkeit in Betracht ziehen“, sagt Thorsten Rudnik vom Vorstand des Bunds der Versicherten (BdV) nicht nur mit Blick auf Riester-Versicherungen. „Denn was viele nicht wissen: Die Kapitalerhaltungsgarantie – mindestens alle eingezahlten Beiträge mitsamt Zulagen müssen ausgezahlt werden – gilt nur bei regulärem Ablauf des Vertrags.“
Werde der Vertrag gekündigt, so Rudnik weiter, gebe es, wie bei normalen Kapitallebensversicherungen, nur den Rückkaufswert, zusätzlich müssten die Zulagen und Steuervergünstigungen zurückgezahlt werden. „Es kann sogar sein, dass der Rückkaufswert dafür nicht ausreicht“, warnt der BdV-Experte.
Wer sich dennoch für diesen Weg entscheidet, muss die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende einhalten. Das heißt beispielsweise, dass bei einer Kündigung bis zum 30. Juni der Riester-Vertrag am 30. September endet. Die gleiche Kündigungsfrist gilt auch beim Vertragswechsel. Hier würden die Beiträge dann ab 1. Oktober in den neuen Riester-Vertrag fließen und das bisher angesammelte Kapital würde übertragen. Wichtig: Erst den Wechsel anzeigen, wenn der neue Vertrag fix ist. Denn wer wechselt, muss seinem alten Anbieter die Nummer des neuen Vertrags mitteilen, sonst wird das angesparte Kapital nicht umgebucht, sondern ausgezahlt.
Die Anbieter versuchen, die Abwanderung zur Konkurrenz mit hohen Kosten unattraktiv zu machen. „Die Kosten hierfür müssen bereits im Vertrag ausgewiesen werden und liegen nach unseren Beobachtungen meist zwischen 50 und 125 Euro – also ein überschaubarer Betrag“, sagt Rudnik. Problematischer sei aber auch hier, dass nicht alle eingezahlten Beiträge plus Zulagen übertragen werden, sondern nur das „Sparkapital“ nach Abzug der Verwaltungs- und Vertriebskosten.
Wie bei der Kündigung fallen auch beim Wechsel die bis dahin gezahlten Abschluss- und Vertriebskosten komplett unter den Tisch. Da bei Riester-Versicherungsverträgen die gesamten Gebühren auf die ersten fünf Jahre (bei Altverträgen auf die ersten zehn Jahre) verteilt und mit den laufenden Beiträgen verrechnet werden, wird in dieser Zeit relativ wenig Sparkapital angesammelt. Bei Fondsprodukten gehen zudem bereits gezahlte Ausgabeaufschläge verloren. Und natürlich zieht auch der neue Anbieter in den ersten fünf Jahren wieder Abschlusskosten von den Beiträgen ab.
Wer jedoch nicht gerade zu den Riester-Pionieren gehört, also seit 2002 eingezahlt hat, und kurz vor der Rentenphase steht, sollte bei renditestärkeren Angeboten einen Wechsel zumindest prüfen, rät die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie hat errechnet, dass bei einem 30 Jahre laufenden Riester-Vertrag und einem jährlichen Sparbetrag von 1200 Euro nur ein Prozentpunkt Renditeunterschied pro Jahr am Ende der Laufzeit einen Unterschied von 13?000 Euro ausmacht. Entsprechend niedriger fällt die zu erwartende lebenslange Riester-Rente aus. Dazu kommen unter Umständen höhere laufende Kosten, die sich am Ende von vielen Jahren Ansparzeit ebenfalls summieren und die Rentenzahlungen mindern.
Wer sich die Wechselgebühren sparen will, lässt einfach den alten Vertrag ruhen und schließt parallel dazu einen neuen – besseren – Vertrag ab, auf den er die Förderung überträgt. Doch Beitragsfreistellung hat nicht nur Vorteile: Die laufenden Vertragskosten fallen während der Ruhepause weiter an. Eine solche Lösung empfiehlt sich daher vor allem, wenn wie bei Banksparplänen die Kosten niedrig sind. Wer hier auf der sicheren Seite sein will, sollte sich daher schon vor Vertragsabschluss über die Kosten informieren.
Die Beitragsfreistellung ist aber auch bei finanziellen Schwierigkeiten eine Alternative zur Kündigung. Sobald der Sparer seine Einzahlungen wieder aufnimmt, läuft der Vertrag wie gehabt weiter. Nachteil der Ruhepause: Da in dieser Zeit keine Beiträge gezahlt werden, besteht auch kein Anspruch auf Förderung. Das reduziert dann natürlich wiederum die Leistungen in der Auszahlungsphase, sprich die Rente.
Bei Wechsel oder Kündigung gibt es zudem einige produktspezifische Besonderheiten: Bei einem Banksparplan fallen keine Abschlusskosten an, daher mindert ein Wechsel oder eine Kündigung das angesammelte Kapital auch nicht. Die laufenden Vertragskosten bewegen sich im Schnitt zwischen zehn bis 20 Euro pro Jahr. Die Wechselkosten liegen zwischen zehn und 50 Euro.
Bei Riester-Fondssparplänen werden von den Beiträgen in der Regel Ausgabeaufschläge von bis zu fünf Prozent sowie eine jährliche Verwaltungsgebühr erhoben. Wer vorzeitig kündigt oder wechselt, bekommt beides nicht erstattet. Hinzu kommen Wechselkosten von 50 bis 150 Euro. Bei Riester-Versicherungen – ob klassisch oder fondsgebunden – werden sämtliche Abschluss- und Vertriebskosten in den ersten fünf beziehungsweise zehn Jahren mit den gezahlten Beiträgen verrechnet. Diese Kosten sind bei Wechsel oder Kündigung verloren. Dazu kommen bei fondsgebundenen Verträgen die Ausgabeaufschläge für die Fondsgesellschaft, die ebenfalls nicht erstattet werden. Schließlich fallen Wechselgebühren in ähnlicher Höhe wie bei Fondssparplänen an.
Bei Wohn-Riester-Bausparverträgen fällt bei Vertragsbeginn eine Abschlussgebühr von einem Prozent der Bausparsumme an, die verteilt auf fünf Jahre von den laufenden Einzahlungen abgezogen wird und bei Wechsel oder Kündigung nicht erstattet wird. Wechselgebühren fallen hier meist nicht an.