Arbeitsrecht

Homeoffice in der Sommerhitze: Muss der Arbeitgeber einen Ventilator oder Klimaanlage bezahlen?

06.08.24 06:09 Uhr

Hitzefalle Homeoffice: Muss der Chef jetzt den Ventilator bezahlen? | finanzen.net

Sengende Hitze mag im Urlaub ein Segen sein - am Arbeitsplatz hingegen erscheint sie meist eher unerträglich. Im Büro müssen Arbeitgeber ab bestimmten Temperaturen für Abkühlung sorgen: Gilt das auch im Homeoffice?

Zu den Pflichten von Arbeitgebern gegenüber den Arbeitnehmern erklärt Raphael Lugowski, Anwalt für Arbeitsrecht, gegenüber arbeitssicherheit.de: "Ganz ungeachtet [der Bereitstellung von Arbeitsmitteln] bleibt der Arbeitgeber auch im Fall von Homeoffice für den Arbeits- und Gesundheitsschutz […] verantwortlich. Er hat entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit die gesetzlichen Maßgaben eingehalten werden." Dies lässt anklingen, dass Arbeitgeber im Sommer tatsächlich Ventilatoren für das Homeoffice zur Verfügung stellen müssen.

Arbeitgeber müssen vor gefährdenden "physikalischen, chemischen und biologischen Einwirkungen" schützen

Die gesetzlichen Maßgaben, von denen Lugowski spricht, sind im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) festgelegt. So heißt es in Paragraph 5 Absatz 1 ArbSchG: "Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind." Als Gefährdung werden im selben Paragraphen unter anderem "physikalische, chemische und biologische Einwirkungen" aufgezählt, als das sich auch Hitze einordnen lässt. Paragraph 3 Absatz 1 ArbStättV führt fort: "Entsprechend den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gemäß den Vorschriften […] nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen."

Experte: Grundsätzlich müssen Arbeitgeber ab gewissen Temperaturen eingreifen

Diesen Gesetzestexten entsprechend erklärt Peter Meyer - ebenfalls Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) - t-online zufolge, dass man den Arbeitgeber grundsätzlich um Erstattung der Kosten für einen Ventilator im Homeoffice bitten könne: "Ab 30 Grad muss der Arbeitgeber in jedem Fall eingreifen", so Meyer.

Problematisch sei lediglich die Gefährdungsbeurteilung: Denn während der Arbeitgeber diese im Büro der Firma problemlos durchführen kann, darf er die Wohnung des Arbeitnehmers nicht unangemeldet und ohne Erlaubnis aller Bewohner betreten. Diese Regelung geht auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung zurück, welches in Artikel 13 des Grundgesetzes (GG) festgeschrieben ist. Weil das Grundgesetz über privaten, vertraglichen Klauseln steht, sind auch Formulierungen im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber Zutritt zur Wohnung des Arbeitnehmers gestatten würden, nichtig und damit ungültig. Wenn Arbeitgeber also direkt auf eine Beurteilung der Arbeitsstätte im Homeoffice verzichten oder die Arbeitnehmer ihnen den Zutritt verweigern, müssen erstere sich im Normalfall auf die Gefahreneinschätzung der Arbeitnehmer verlassen.

Es muss nicht zwangsweise ein Ventilator sein

Unabhängig von dem Weg, über den die Gefahren am Arbeitsplatz beurteilt werden, seien Arbeitgeber immer dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Arbeitnehmer keine gesundheitlichen Schäden davontragen, so Meyer laut t-online. Das bedeute auch, dass ab Temperaturen von 30 Grad am Arbeitsplatz Lösungen gefunden werden müssen. Ob die Lösung dann aber ein Ventilator oder beispielsweise doch eher die Verschiebung der Arbeitszeit auf kühlere Stunden sei, hänge vom Einzelfall ab. Deswegen kann man nicht pauschal sagen, dass Arbeitgeber einen Ventilator bereitstellen oder die Kosten erstatten müssen - sie müssen aber bei Hitze für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter sorgen.

Übrigens: Im Zuge der COVID-19-Pandemie verbreitete sich das Homeoffice durch gesetzliche Bestimmungen rasant und auch in der Zukunft könnte diese Entwicklung fortbestehen. Es kann aber niemand nach Artikel 13 GG zum Homeoffice gezwungen werden: "Arbeiten von Zuhause ist auch weiterhin an die Zustimmung der Beschäftigten geknüpft. Eine abweichende Festlegung des vertraglichen Arbeitsortes bedarf in jedem Fall einer entsprechenden arbeitsrechtlichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oder einer Betriebsvereinbarung", so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf seiner Website.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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