Vermögensverwalter-Kolumne

Wie weit müssen offene Immobilienfonds abgewertet werden?

13.06.23 09:15 Uhr

Wie weit müssen offene Immobilienfonds abgewertet werden? | finanzen.net

Sie sind die Tanker der deutschen Kapitalanlage - offene Immobilienfonds. Der Uniimmo Europa zählt ein Fondsvolumen von 15 Mrd. Euro, der Hausinvest sogar von 17,5 Mrd. Euro. Alleine: Die Ausgabekurse stehen rund 13,2 bzw. 14,6 Prozent (12.06.2023) unter den aktuellen Börsenkursen.

Ein eventuell zu zahlender Ausgabeaufschlag käme noch drauf. Rückläufige Preise sieht man auch bei aktuellen Transaktionen, daher stellt sich die Frage wie hoch die Abschläge auf die offiziellen Fondskurse ausfallen werden, so bald die Gutachter die neuen Realitäten berücksichtigen.

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Die aktuellen Nachrichten aus dem Immobiliensektor, speziell dem Gewerbeimmobiliensektor, in dem die offenen Immobilienfonds ihren Schwerpunkt haben, sind nicht gut. So berichtet Goldman Sachs im ersten Quartal einen Anstieg der Zahlungsrückstände bei gewerblichen Immobilienkrediten um das sechsfache auf 840 Millionen Dollar.
Große Gewerbeimmobilienbesitzer, wie Aroundtown Properties kennen seit dem Jahr 2020 nur eine Richtung an der Börse - nach unten. So haben die Aktien von Aroundtown seit Anfang 2020 rund 85 Prozent nachgegeben.
Neben dem deutlich veränderten Nutzungsverhalten bei Büros durch "Home-Office", veränderten Einkaufsgewohnheiten, die den stationären Einzelhandel treffen und aufgrund der hohen Inflationsraten einer allgemeinen Konsum- und Investitionszurückhaltung, stehen Gewerbeimmobilieneigentümer auch vor Herausforderungen die Immobilien energieeffizient zu modernisieren und gleichzeitig die um ein Vielfaches gestiegenen Finanzierungskosten zu stemmen. Das all diese Negativ-Faktoren an den offenen Immobilienfonds spurlos vorbeigegangen sein sollen und die Fondsbetreiber aufgrund von externen Gutachten nach wie vor Höchstkurse ausweisen, erscheint nicht allzu plausibel. Die Ratingagentur Scope hat denn auch zuletzt jeden vierten Immobilienfonds abgewertet.

Ein Vorteil der offenen Immobilienfonds ist in den vergangenen Jahren sicherlich gewesen, dass durch die stetigen hohen Zuflüsse die Verschuldung relativ geringgehalten werden konnte. Zudem wurden laut Scope die Bewertungsaufschläge der Altbestände vor 2019 nicht vollständig ausgereizt, so dass noch stille Reserven aufgelöst werden können. Dennoch wurde knapp jede vierte Immobilie danach erworben und dürfte nun Rückschlags-Potential haben.

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Daher dürften zum aktuellen Stand die Börsenkurse der genannten offenen Immobilienfonds eher die Realität abbilden, als die offiziellen Fondskurse. Mithin werden also aktuell Bankkunden von Banken, die gleichzeitig auch die offenen Immobilienfonds verwalten, zum Kauf der Fonds zum offiziellen KAG-Kurs beraten, obwohl die Börsenkurse, für die es plausible Gründe gibt, rund 14 Prozent unter den aktuellen KAG-Kursen liegen.

Es steht zu befürchten, dass Anleger absehbar in den kommenden Jahren Kursverluste erleiden werden, die durchaus bei zehn bis 20 Prozent liegen können. Hier wäre für die Zukunft der offenen Immobilienfonds eine transparente und interessenkonfliktfreie Preisfindung wünschenswert. von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen in Starnberg

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