Interview

Henderson-Manager Bennett: Dekade Europas naht

07.08.13 12:30 Uhr

Der Top-Fondsmanager John Bennett von Henderson Global Investors über seinen Optimismus bezüglich Europa und der Pharmabranche.

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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag

John Bennett darf man einen alten Investment-Hasen nennen. Der 50-jährige Fondsmanager und Leiter Europäische Aktien bei Henderson Global Investors ist immerhin seit über 25 Jahren im Geschäft. Und der von dem Schotten gemanagte Henderson Gartmore Continental European Fund (siehe Investor-Info) gehört seit Jahren zu den Besten seiner Klasse.

€uro am Sonntag: Herr Bennett, im vergangenen Jahr haben Sie sich sehr optimistisch zu europäischen Aktien geäußert und Recht behalten. Wie ist Ihre Meinung heute?
John Bennett:
Sicherlich dürfen Anleger nicht mehr mit den hohen Kursgewinnen wie in den vergangenen zwölf Monaten rechnen. Damals waren die Titel extrem unterbewertet. Aber heute sind europäische Aktien etwa im Vergleich zu den USA immer noch günstig zu haben.

Es gibt doch Gründe für die niedrigen Bewertungen: Viele Eurostaaten stecken in der Rezession, die Schuldenkrise ist nicht verdaut.
Ja, die Wirtschaft in vielen europäischen Staaten liegt am Boden. Aber ich bin ein großer Anhänger von Zyklen. Das regelmäßige Auf und Ab gilt für alle Bereiche des Lebens, auch für die Wirtschafts- und Finanzwelt. Vergessen Sie die These von effizienten Märkten. Das Pendel schwingt immer zwischen Gier und Angst. Und was wir gerade sehen, ist, dass der Zyklus für Europa einen Boden findet. Von hier aus kann es mittel- und langfristig deutlich nach oben gehen. Wenn es keinen Zusammenbruch der Eurozone gibt, dann ist es durchaus möglich, dass die Dekade Europas kommt.

Das klingt sehr optimistisch. Schließlich hat sich an der Schul­den­situation vor allem der Südländer nicht viel geändert.
Ich möchte die Probleme des Kontinents ja gar nicht klein reden. Aber betrachtet man die Eurozone als Ganzes, sieht die Verschuldungssituation besser aus als die der USA. Auch in den Schwellenländern, speziell in China, hat sich ein Schattenbankensystem gebildet, woraus sich eine veritable Kreditkrise entwickeln kann.

Es ist also kein rein europäisches ...
... sondern ein globales Verschuldungsproblem. In dieser Hinsicht ist Europa, vor allem dank der starken mitteleuropäischen und nordeuropäischen Staaten, insgesamt gut aufgestellt. Gleichzeitig packen viele Länder Reformen an, die Lohnkosten sinken teils gewaltig. An sich gehören europäische Qualitäts­aktien für mich daher zu den Safe-Haven-Investments, die man zudem günstig erhalten kann. Dafür muss die Eurozone als Ganzes aber erhalten bleiben.

Wie stehen die Chancen, dass der Ernstfall nicht eintritt?
Recht gut, denn die Kosten eines Zusammenbruchs wären für alle Beteiligten zu hoch. Daher bin ich recht optimistisch, dass die Politik das Schlimmste verhindern kann. Zudem sind wir Europäer recht gut im Durchwursteln.

Im Henderson Gartmore Continental European Fund sind aber kaum Aktien der Peripheriestaaten zu finden. Woran liegt das?
Man muss gegen den Index wetten, um den breiten Markt zu schlagen. Das heißt für uns einerseits, die Branchen zu finden, die sich besser schlagen werden. Genauso wichtig ist es aber herauszufinden, welche Branchen man nicht mag. Und dazu gehören für mich eindeutig Versorger, Ölunternehmen und Banken. Alle drei Sektoren haben mit längerfristigen Problemen zu kämpfen, sind aber in den südlichen Ländern insgesamt sehr hoch gewichtet. Aber sicherlich spielen auch länder- und unternehmensspezifische Faktoren eine Rolle, dass wir Aktien aus den Peripheriestaaten untergewichtet haben.

Weshalb spielen Schweizer Unternehmen in Ihrem Portfolio eine recht dominierende Rolle?
Wir suchen einerseits attraktive Einzeltitel, andererseits attraktive Sektoren, die sich besser als der breite Markt entwickeln. Seit über drei Jahren sind wir daher sehr stark auf die Pharmabranche konzentriert, wobei Schweizer Werte wie Novartis und Roche zu den großen Portfoliopositionen zählen.

Deutsche Unternehmen sind aktuell sehr gefragt. Sehen Sie hier die Gefahr, dass der Zyklus schon zu weit fortgeschritten ist?
Die Gefahr besteht tatsächlich. Vor allem weil ich damit rechne, dass die Nachfrage nach Kapitalgütern aus Deutschland in Zukunft aufgrund einer möglichen Wachstumsschwäche der Schwellenländer nachlässt. Gleich­zeitig erwächst Deutschland auf diesem Feld neue Konkurrenz aus Asien.

Weshalb favorisieren Sie den Pharmasektor?
Wie gesagt bin ich sicher, dass alles in Zyklen abläuft. Und vor drei Jahren waren Pharmaaktien außer Mode, die Stimmung der Investoren hatte gegen die Konzerne gedreht, die Bewertungen waren auf ein sehr niedriges Niveau gefallen. Dabei wurde übersehen, dass den Pharmaunternehmen eine mehrjährige Wachstumsgeschichte bevorsteht.

Was sind die Gründe hierfür?
Der technologische Fortschritt ermöglicht es den Konzernen, neue Medikamente gegen Volkskrankheiten wie Krebs und Alzheimer auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig sorgen die Schwellenländer und die demografische Entwicklung für eine steigende Nachfrage. Inzwischen haben auch andere Investoren diesen Trend für sich entdeckt, die Bewertungen sind daher gestiegen. Aber noch ist das Pendel noch nicht so weit in die andere Richtung ausgeschlagen, dass man von einer Euphorie sprechen kann. Sollte dies eintreten, würden wir uns schnell von den Titeln trennen. 

Investor-Info

Hend. Continental European
Erfolgreiches Konzept

Dass sich John Bennett bei bestimmten Sektoren gegenüber dem Vergleichsindex klar positioniert, zahlt sich für Anleger aus. Denn der von ihm gemanagte Henderson Gartmore Continental European Fund hat den MSCI Europe ohne Großbritannien seit 2008 klar hinter sich gelassen. Neben bestimmten Sektoren sucht Bennett aber auch Einzeltitel mit niedriger Bewertung, hohen Gewinnmargen und eindeutigem Comeback-Potenzial.

Das Portfolio
Schweizer Unternehmen vorn

Novartis und Roche — zwei Schweizer Pharma­konzerne sind im Portfolio des Henderson Gartmore Continental European Fund am stärksten gewichtet. Ohnehin machen eidgenössische Unternehmen ­beinahe ein Drittel des Fonds aus, gefolgt von deutschen Werten wie Henkel und Bayer. Neben Pharmaunternehmen spielen Finanzwerte, darunter Versicherungen, eine wichtige Rolle im Fonds.

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