Edouard Carmignac: "Mein Elan lässt nicht nach"
Edouard Carmignac kritisiert die Zentralbanken, spricht über Fehler und Frust sowie die Nachfolge in seiner Vermögensverwaltung.
von Ralf Ferken, Euro am Sonntag
Euro am Sonntag: Monsieur Carmignac, in den Jahren 2001, 2002 und 2008 konnte der Carmignac Patrimoine seine Benchmark aus 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen überflügeln. Seit dem Jahr 2010 gelang Ihnen dies nicht mehr. Warum ist das so?
Edouard Carmignac: In jenen Jahren sind uns sicherlich eine Reihe von Fehlern unterlaufen, die sich nachteilig auf die Performance ausgewirkt haben. Daraus haben wir gelernt. Aber grundsätzlich muss man sich klarmachen, dass diese Jahre völlig aus dem Rahmen fallen.
Was meinen Sie mit dieser Feststellung genau?
Von den Tiefstständen im Jahr 2011 bis hin zu den Höchstständen im Jahr 2015 sind die Aktienmärkte um 70 Prozent gestiegen, während die Gewinne der Unternehmen pro Aktie praktisch unverändert blieben. Diese Neubewertung gigantischen Ausmaßes wurde durch das überdimensionierte Eingreifen der Zentralbanken ermöglicht, wodurch das Leben von Risikomanagern wie unsereins zu einer zutiefst frustrierenden Erfahrung wurde. Die Zentralbanken haben im Grunde genommen Marktrisiken gezeichnet.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Wir hätten das wohl erkennen und auf dieser heftigen Verzerrung der Marktdynamik mitsurfen können. Aber wir waren selbst nie davon überzeugt, dass es in unserem Mandat lag, die Verantwortung für den Schutz unserer Kundengelder vollkommen den Zentralbanken zu überlassen. Sollte es noch einmal so kommen, muss ich sagen, dass ich mich erneut für die Pflicht gegenüber dem Kunden entscheiden würde, statt auf das Eingreifen der Zentralbanken zu spekulieren.
Wie schätzen Sie Anleihen ein?
Was die Anleihen betrifft, so war, wie jeder weiß, die Verzerrung der tatsächlichen Marktpreise noch offenkundiger. Die Zentralbanken haben die Preise für Staatsanleihen übermäßig verteuert, sodass das Überflügeln einer Benchmark für festverzinsliche Produkte bedeutet hätte, auf unangemessene Bewertungen zu wetten.
Wie haben Sie in diesem Fall reagiert?
Wir haben uns beim Carmignac Patrimoine immer dagegen gesträubt, auf eine Benchmark angewiesen zu sein. Unsere Kunden wissen das nur zu gut und rechnen uns diese Freiheit als Verdienst an. Und genau das hat den Fonds in die Lage versetzt, sich über mehr als 27 Jahre so stark zu entwickeln und wiederholt das Kapital unserer Kunden zu retten, als es wirklich darauf ankam.
Können Sie das Kapital Ihrer Kunden bei kommenden Krisen erneut retten?
Jetzt, wo die Wirksamkeit der Zentralbanken nach Jahren großzügiger Geldschöpfung zu bröckeln beginnt, bin ich überzeugt, dass unsere Fähigkeiten im Risikomanagement in nicht allzu ferner Zukunft erneut ihren Wert unter Beweis stellen können.
Wie denken Sie über die Zukunft Ihres Unternehmens, etwa über Ihre Nachfolge?
Mit der Zeit konnte ich ein wirklich einzigartiges Team aufbauen, das sich in seinen Kompetenzen ergänzt und über eine Expertise verfügt, die ich nie auf mich allein hätte vereinen können. Heute leisten diese Menschen hervorragende Arbeit und unterstützen mich enorm in meiner Tätigkeit. Die langfristige Zukunft von Carmignac gehört ihnen. Ich weiß, dass sie bereitstehen, wenn mein Elan nachlässt. Aber das ist noch lange hin.
Kurvita
Edouard Carmignac gründete 1989 seine eigene Vermögensverwaltung. Zwei Tage vor dem Mauerfall lancierte der Franzose seinen wichtigsten Fonds, den Carmignac Patrimoine, der heute 25 Milliarden Euro groß ist (ISIN: FR 001 013 510 3).
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Bildquellen: Axel Griesch für Finanzen Verlag