Drees & Sommer

Multifunktionale Sportstätten: Das Wohnzimmer ins Stadion holen

11.11.22 10:37 Uhr

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Multifunktionale Sportstätten: Das Wohnzimmer ins Stadion holen | finanzen.net

Eine multifunktionale Nutzung von Sportstätten wird für Vereine und Kommunen zur Voraussetzung für den wirtschaftlichen Stadionbetrieb. Mit innovativen Betreiberkonzepten und modernen Quartiersentwicklungen soll sich der Besuch im Stadion zukünftig nicht mehr auf Spieltage beschränken.

Autor: Arne Sebastian Fritz, Associate Partner bei der Drees & Sommer SE

Die Vereine der 1. und 2. Fußball-Bundesliga erzielen einen Großteil ihres jährlichen Umsatzes durch Werbung und Medienrechte - der größte Gewinn wird bislang aber an Spieltagen eingefahren. Daher ist es für die Vereine extrem wichtig, ihre Stadien nach langem Ausschluss der Zuschauer:innen, bedingt durch die Corona-Pandemie, wieder komplett auszulasten. Bereits seit einigen Monaten gibt es keine Beschränkungen mehr für den Besuch im Stadion. Dennoch zeigen aktuelle Entwicklungen, dass die Zuschauerzahlen in deutschen Spielstätten insgesamt rückläufig sind. Neben der Pandemie gibt es weitere Faktoren, die für diese Entwicklung verantwortlich sind.

Durch Angebote verschiedener Streaming-Dienste sehen sich viele Fans die Spiele weiterhin von zu Hause an. In England versucht man diesem Trend entgegenzuwirken, indem beispielsweise einige Spiele der Premier League nicht mehr live im Fernsehen gezeigt werden, um die Fans wieder ins Stadion zu locken. Auf lange Sicht sollten Stadien aber nicht nur Zuschauermagnet für Fußballfans am Wochenende sein, sondern ein Aufenthaltsort für die ganze Bevölkerung - und das nicht nur an Spieltagen. Heimspiele finden nur jedes zweite Wochenende statt. Je nach nationalem und internationalem Turnier gibt es bestenfalls zusätzlich ein Spiel unter der Woche und abseits des Sportbetriebs einige Konzerte im Jahr. In der übrigen Zeit sind die Sportstätten meist ungenutzt und stehen leer. Wirtschaftlich ist das ein Problem, denn Mieten sowie Rechnungen für Instandhaltung und Betrieb müssen trotzdem bezahlt werden.

Wohnen, Einkaufen und Arbeiten im Stadion

Es ginge aber auch anders: Teile der Flächen in und um eine Sportarena herum könnten dauerhaft sinnvoll genutzt werden - etwa zum Wohnen, Einkaufen und Arbeiten. Was für viele hartgesottene Fans zu schön klingt, um wahr zu sein, ist tatsächlich auch für Investoren, Städte, Stadionbetreiber und Fußballvereine ein wirtschaftlich sinnvolles Konzept. Dahinter steckt, dass Fußball allein zu wenig ist.

Auf dem Betzenberg könnte das bald Realität werden, denn die Stadt Kaiserslautern hat einen Entwicklungsplan für das Stadionumfeld vorgestellt. Das Konzept fußt auf dem Gedanken, dass Fußballarenen in eine Stadt- und Quartiersentwicklung integriert werden müssen und nicht mehr isoliert existieren dürfen. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Angebote aus Wirtschaft, Gewerbe, Forschung und Entwicklung bietet hier große Potenziale. Ziel ist es, dass sich Besucher:innen auch außerhalb von Sportereignissen gerne im Stadionumfeld aufhalten. Zudem kann mit solchen Konzepten auch die Verweildauer von Besucher:innen an Spieltagen verlängert werden. Fans reisen dann beispielsweise nicht erst kurz vor Spielbeginn an, sondern bereits am Vormittag, um shoppen zu gehen und bleiben nach Abpfiff für einen Restaurant- oder Kinobesuch noch länger im Stadion.

Multifunktionalität als Ziel

Das Potenzial der Erweiterung der entsprechenden Areale ist enorm: 98 Stadien mit einer Kapazität von jeweils über 15.000 Personen verteilen sich derzeit deutschlandweit über alle Bundesländer. Allerdings sind multifunktionale Fußballstadien in Deutschland bisher noch eher eine Seltenheit. In der BayArena in Leverkusen ist beispielsweise ein Hotel integriert, einige Arenen verfügen über Kinderbetreuungseinrichtungen, andere Vereine bieten ihre Businesslogen für Tagungen an. Oftmals schließen aber das Baurecht oder der Bebauungsplan eine multifunktionale Stadionnutzung von vornherein aus. Mehrfach lässt auch die Haus- und Sicherheitstechnik eine individuelle Nutzung von Teilbereichen des Stadions nicht zu, da sie zentral für das gesamte Gebäude geregelt wird. Die Digitalisierung von Stadien und eine smarte Haustechnik bilden dafür die Voraussetzung. Außerdem kann die Mehrfachnutzung zu einer Kollision von Besuchergruppen führen, da es an Spieltagen zum Beispiel zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen kommt.

Vorreiter Kaiserslautern

Die erste Spielstätte, die diverse Ansätze für eine multifunktionale Nutzung vereinen soll, ist das Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg in Kaiserslautern: Die Arena soll den Mittelpunkt eines neuen Stadtquartiers bilden. In ihrem Umfeld gibt es derzeit viele ungenutzte Flächen und Räume. Hier sind Wohnanlagen mit Einrichtungen für Senioren, eine Kindertagestätte und ein Ärztehaus vorgesehen. Um das Stadionareal sind weitere Veranstaltungsflächen, ein Hotel und ein Spa geplant. Aber auch die Bewegung soll mit einem "Haus des Sports" weiterhin nicht zu kurz kommen. Dieses soll Platz für Physiotherapie, Sportschulen, Vereine, eine Sport-Akademie sowie Veranstaltungen bieten. Auch ein Rehazentrum oder eine Yogaschule sind in der Einrichtung möglich. Im neuen Quartier vorgesehen sind außerdem Büroräume, Hochgaragen und Gastronomien.

Im Stadion selbst bieten bisher ungenutzte Flächen in der Südtribüne und im Logenturm Platz für moderne Co-Working-Spaces und Start-up-Locations. Sogenannte Mobilitätshubs sorgen für einen nachhaltigen und zukunftsorientierten Verkehr im Quartier. Unterschiedliche Angebote der Fortbewegung, wie Car-Sharing, Bike-Sharing oder Stadtbuslinien bieten den Bewohner:innen dann Alternativen zum privaten Pkw. Der derzeitige Masterplan für Kaiserslautern sieht vor, dass die künftigen Einnahmen aus vermietbaren Flächen und Pachterlösen unter anderem die Ausgaben für den Umbau des Areals, seiner Vermarktung und Finanzierung wieder einfahren.

Spitzenreiter in Sachen Stadion

Die Pläne rund um das Fritz-Walter-Stadion sind in dieser Art in Deutschland bisher einzigartig - für Vereine, Kommunen und Investoren allerdings äußerst verlockend. Kaiserslautern wird damit aufzeigen, welche Potenziale in multifunktionalen Ansätzen stecken. Die geplanten Quartiersentwicklungsmaßnahmen auf dem Betzenberg beleben nicht nur das Areal um die Sportstätte, sondern stellen auch die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Stadions sicher und entlasten die Kommune finanziell. Eine Eingliederung des Stadions in die Stadtentwicklung und eine Umstrukturierung im Stadionbereich ist für viele Vereine unausweichlich, um wirtschaftlich und damit wettbewerbsfähig zu bleiben.

Über den Autor:

Arne Sebastian Fritz ist Associate Partner bei der Drees & Sommer SE. Er studierte Architektur an der Fachhochschule Münster. Nach seinem Studium sammelte er an unterschiedlichen Berufsstationen umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Projektentwicklung und Immobilienconsulting. Die Möglichkeit, mit seinem Wissen Projekte maßgeblich zu gestalten, führte ihn 2008 zu Drees & Sommer in Hamburg. Dort begleitet er seitdem anspruchsvolle Stadt- und Quartiersentwicklungen sowie Neu- und Umbaubauprojekte mit dem Schwerpunkt auf Sportstätten- und Stadionbauten. Zu seinen jüngsten Projekten zählen unter anderem die Bewerbung für die EURO 2024 für den Austragungsort Hamburg, die Modernisierung des Volksparkstadions in Hamburg sowie diverse Machbarkeitsstudien, u.a. für den Umbau des Preußen-Stadions in Münster, das Jahnstadion in Berlin und das Stadion des SV Meppen.

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Als führendes international tätiges Planungs- und Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit über 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 51 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.


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Bildquellen: Drees&Sommer