Denkmalschutz kein Hindernis für Wärmenetz 4.0 und Digitalisierung
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Sie müssen runter: die Treibhausgasemissionen der Bau- und Immobilienbranche - und zwar bis 2030 um 66 bis 67 Prozent im Vergleich zu 1990. Ein Baustein auf dem Weg dorthin sind energieeffiziente Wärmenetze, deren Betrieb durch digitale Lösungen optimiert wird. Dass dies auch im Bestand realisierbar ist, zeigt eine Brachflächenrevitalisierung im Baden-Württembergischen Wendlingen.
Bau und Betrieb von Gebäuden sind für mehr als ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bis zur Frist des Reduktionsziels im Jahr 2030 sind es jedoch keine zehn Jahre mehr. Um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken, weg von fossilen Brennstoffen zu kommen und CO2 einzusparen, kommen Wärmenetze der vierten Generation zum Einsatz, die mit niedrigeren Temperaturen als konventionelle Wärmenetze arbeiten und die Integration regenerativer Energien erlauben.
Flächenrecycling statt - versiegelung
Ein weiteres Manko der Baubranche, das zulasten der Umwelt geht: Sie verschlingt riesige Flächen. Pro Tag werden derzeit in Deutschland laut Umweltbundesamt rund 54 Hektar Neufläche für Siedlungs- und Verkehrsflächen erschlossen. Die Bundesregierung hat deshalb das Ziel ausgegeben, den Flächenneuverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar pro Tag senken. Bis 2050 soll er durch eine Flächenkreislaufwirtschaft bei Netto-Null liegen.
Gebaut werden muss selbstverständlich weiterhin, jedoch nicht auf der grünen Wiese. Eine Alternative mit enormem Potenzial bieten Brachflächen, sogenannte Brownfields. Ihr Vorteil: Sie befinden sich häufig in urbaner Lage und weisen Verkehrs , Strom , Wasser- sowie Dateninfrastruktur auf. Zudem handelt es sich um bereits versiegelte Flächen. Altlasten im Boden oder denkmalgeschützte Bestandsbauten können hingegen einen Mehraufwand bei der Erschließung und Bebauung bedeuten.
Vorzeigeprojekt in Wendlingen
Eine Quartiersentwicklung in Wendlingen-Unterboihingen geht mit gutem Beispiel voran: Hier entsteht bis 2027 auf dem Gelände einer ehemaligen Spinnerei ein gemischt genutztes Quartier mit einem hochmodernen Energiekonzept für den klimaneutralen Betrieb. Der 1861 eröffnete Spinnerei-Standort der Otto Textil GmbH, an dem bis 2020 noch produziert wurde, steht sowohl für regionale Wirtschaftsgeschichte als auch für zeitgenössische Industrie-Architektur. Seit sieben Generationen im Familienbesitz, ist es das Ziel der Eigentümer, der HOS-Gruppe, die Geschichte eines im 19. Jahrhundert visionären Textilunternehmens fortzuschreiben und mit dem historischen Gelände weiterhin einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Metropolregion Stuttgart zu leisten.
So soll mit dem "Neckarspinnerei Quartier" ein zukunftsgerichtetes und produktives Mischquartier zum Wohnen und Arbeiten entstehen, mit Bereichen für Gastronomie, Kultur und Handel. Der weitestgehend denkmalgeschützte Gebäudebestand, der 1859 mit dem Spinnereihochbau seinen Anfang nahm, weist eine hohe bauliche Dichte und beinahe dörfliche Strukturen auf. Durch die Erweiterung bestehender Gebäude, moderne Umbauten sowie Neubauten soll das Gelände weiter verdichtet und aufgewertet werden. Das angrenzende Neckarufer entlang des gesamten Geländes bietet Nutzern eine hohe Aufenthaltsqualität. Daneben ist ein Mobilitätskonzept mit guter Anbindung des Quartiers an den öffentlichen Nahverkehr, das Radwege- und Fußgängernetz vorgesehen. Das Vorhaben wurde als offizielles Projekt für die Internationale Bau-Ausstellung (IBA) 2027 ausgewählt.
Zukunftsweisendes Energiekonzept
Um das Ziel des klimaneutralen Betriebs zu erreichen ist ein Wärmenetz der vierten Generation geplant, das als Blaupause für zukünftige Vorhaben dienen kann: Im Neckarspinnerei Quartier sollen mittels digitaler Technologien und IoT-Diensten die Energietechnik optimiert und Lösungen erprobt werden, wie der CO2-Fooprint von Immobilien signifikant und dauerhaft durch Digitalisierung reduziert werden kann - auch im Bestand.
Eine Machbarkeitsstudie mit Schwerpunkt Energie und Mobilität, die als Grundlage des in kürze startenden städtebaulichen Wettbewerbs für die IBA’27 dient, liegt bereits vor. Im Fokus stehen Themen wie Klimaneutralität/Klimapositivität, Mobilität, Digitalisierung in Symbiose mit der Geschichte des Areals, dem historischen Gebäudebestand und den sozialen, gesellschaftlichen Mehrwerten. Neben der Machbarkeitsstudie läuft ein Förderantrag zur Wärmeversorgung und die Entwicklung der Energieversorgung rund um ein hocheffizientes Wärmenetz (4.0). Spannende Elemente dieses Energiesystems: Ein Laufwasserkraftwerk, das bereits 1861 das Areal mit Energie versorgte, wird Teil des Konzeptes sein. Als moderne Ergänzung, die ebenfalls das Medium Wasser nutzt, kann zudem voraussichtlich ein großer Eisspeicher eingebunden werden.
Über den Autor:
Dipl.-Ing. (FH) Gregor Grassl, Associate Partner bei der Drees & Sommer SE, studierte Architektur in München und ist seit 2007 bei Drees & Sommer für zahlreiche Projekte im In- und Ausland verantwortlich. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Bereich der nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklung. Er leitet Projekte vom strategischen Beraten über Entwicklung von Klimaschutzkonzepten bis hin zur Infrastruktursystemplanung internationaler Großprojekte mit City BIM. 2009 rief Gregor Grassl in der DGNB die Arbeitsgruppen "Stadtquartiere" und später auch "Gewerbe und Industriestandorte" ins Leben und leitete diese. 2013 wurde er von der Zukunftsinitiative der Bundesregierung in die "Nationale Plattform Zukunftsstadt" berufen.
Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.
Als führendes international tätiges Planungs- und Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit über 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 51 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
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Bildquellen: Drees&Sommer