Bedeutung des IPA-Modells in der Bau- und Immobilienbranche
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In der Bau- und Immobilienbranche gewinnt das Vergabemodell der integrierten Projektabwicklung (IPA) zunehmend an Bedeutung.
Der IPA-Report aus dem letzten Jahr dokumentiert, dass etwa 20 Bauprojekte in der Abwicklung sind. Die Mehrzahl der Projekte wurden oder werden aktuell durch die öffentliche Hand initiiert. IPA-Projekte zeichnen sich durch die Verwendung eines Mehrparteienvertrags (MPV) aus, welcher mit drei oder mehr Akteuren geschlossen wird. Im Gegensatz zu traditionellen Modellen, bei denen Einzelverträge zwischen den Parteien geschlossen werden, fördern IPA-Projekte eine kollaborative Arbeitsweise und beinhalten ein Bonus-Malus-System, mit dem eine innovative und finanzielle Anreizstruktur für das "Best for Project"-Prinzip geschaffen werden soll.
Risikomanagement und Versicherungsbedarf bei IPA-Projekten
Branchenübliche Bauverträge sind klassische Austauschverträge, bei denen Leistung gegen Vergütung gewissermaßen "getauscht" wird. Daraus hat sich in gleicher Weise ein "perfektes System" der Risikoabgrenzung beider Parteien etabliert. Jedoch bei IPA-Projekten verschwimmen die klassischen Leistungs- und Haftungsgrenzen zwischen den Beteiligten, da ein integrierter Ansatz und die Verzahnung aller Akteure verfolgt wird. Während traditionelle Bauverträge meist auf individuelle Risiken der jeweiligen Parteien abzielen, erfordert das IPA-Modell einen umfassenden Ansatz zur Risikoverteilung und -absicherung. Ein gemeinsamer Risiko- und Chancenpool (CRP) wird etabliert, um Risiken abzufedern, die die gesamte Allianz betreffen. Dieser CRP soll sicherstellen, dass alle Partner gleichmäßig an den Risiken und Chancen beteiligt sind und im Sinne des "Best for Project"-Prinzips handeln.
Die "goldene Regel" bei IPA-Verträgen ist also, dass der CRP dann in Anspruch genommen wird, wenn Schäden oder Verluste entstanden sind, die auf gemeinsame Entscheidungen der Allianzpartner zurückzuführen sind. Der CRP kann dennoch keine umfassende Pauschalversicherung für das Projekt bieten und somit auch keine "Hängematte" für die Allianzpartner darstellen. Ein solcher Risikopool würde die Kosten für IPA-Projekte erheblich erhöhen, was weder marktüblich noch rechtssicher wäre. Daher ist es weiterhin erforderlich, Risiken klar zwischen der Allianz und dem IPA-Projekt abzugrenzen.
Versicherungsmodelle im IPA-Kontext
Die grundlegende Frage lautet, ob die üblichen Bauherrenhaftpflichtversicherungen im IPA-Kontext ausreichend sind. Mit dem Mehrparteienvertrag bildet der Bauherr eine Allianz, die zur Projektabwicklung eine Partnerschaft bildet. Der Versicherungsmarkt bietet verschiedene Deckungsformen, einschließlich "All Risks"-Versicherungen für Sach- und Substanzschäden sowie Vermögensschäden.
Je nach Anforderung und Budget bieten Versicherungen Konzepte, die zu den Mehrparteienverträgen passen. Bei IPA-Projekten ist die zentrale Projektversicherung üblich, um Reibereien bei Einzelversicherungen zu vermeiden. Vor allem wenn einzelnen Unternehmen die Gefahr droht, in Insolvenz zu geraten, zeigt sich die Qualität einer zentral eingekauften Versicherungspolice, die nicht an die einzelnen Akteure gebunden ist und somit nicht zum Verlust der Ansprüche der Baubeteiligten gegenüber der insolventen Partei führt.
Limitationen der Versicherungsdeckung
Obwohl Versicherungen einen erheblichen Teil der Risiken abdecken, ist ein vollständiger Rundumschutz nicht möglich. Es gilt der Grundsatz, dass nur unerwartete Schadenereignisse und nicht von vornherein kalkulierbare Umstände versichert werden können. Ebenso sind auch Bauverzögerungen und Mehrkosten aufgrund der Insolvenz von Partnern sowie mangelnde Planung nicht versicherbar. Außerdem sind Vorsatz und bestimmte spezielle Risiken häufig von der Deckung ausgeschlossen.
Bauherren, Planer und Bauunternehmer können ihre vielfachen Haftungsrisiken jedoch bedarfsgerecht absichern. Der "All in One"-Schutz bietet umfassende Deckungserweiterungen und Anpassungsfähigkeit an Risikoveränderungen. Im Geschäftsalltag sehen sich Unternehmen erheblichen Haftungsrisiken gegenüber, die zu Schadenersatzansprüchen im sieben- bis achtstelligen Bereich führen können. Daher müssen alle Beteiligten das Gleichgewicht zwischen Kostenrahmen, Qualität und termingerechter Realisierung wahren.
Kombinierte Projektversicherungen
Das bevorzugte Modell bei IPA-Projekten ist die kombinierte Projektversicherung/IPA-Mehrparteienversicherung die als Rundumversicherungslösung die in Deutschland gängigen Versicherungsarten beinhaltet. Der Einkauf erfolgt zentral durch den Auftraggeber oder zum Beispiel das Projekt-Management-Team (PMT). Sie bieten den Vorteil einer einheitlichen Deckung für alle am Projekt Beteiligten. Diese Modelle reduzieren Schnittstellenprobleme und decken alle relevanten Risiken ab, die bei IPA-Projekten entstehen können. Durch das "All in One"-Modell gibt es zwei Varianten der Absicherung: Entweder übernimmt der Bauherr als Hauptversicherungsnehmer die Verantwortung und versichert die Parteien seines Projekts, oder ein Vertreter der Allianz wird Hauptversicherungsnehmer und schließt den Bauherrn als mitversicherte Partei ein. Der Hauptversicherungsnehmer hat die Kontrolle über die Versicherungspolice und trägt die Rechte und Pflichten des Versicherungsvertrags.
Zu den Bausteinen einer kombinierten Projektversicherung gehören eine Montageversicherung sowie drei weitere Kernmodule: Das erste beinhaltet eine Bauleistungsversicherung inklusive Feuerrohbau, Beschädigungen des Bauwerks, der Baustoffe oder der Baumaterialien während der Bauzeit, insbesondere durch höhere Gewalt wie Hochwasser oder Sturm. Zweitens gehört meistens eine Bauleistungs- beziehungsweise Betriebsunterbrechungsversicherung dazu, die Unterbrechungsschäden, Bauverzögerungen und Mietausfälle berücksichtigt. Drittens ist häufig ein Schutz vor Haftpflichtansprüchen diverser Art enthalten, darunter Bauherren-, oder Berufshaftpflicht
Durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und die Absicherung durch maßgeschneiderte Versicherungsprodukte können IPA-Projekte erfolgreich umgesetzt werden, auch wenn sie komplexe Anforderungen an das Risikomanagement stellen.
Zu den Autoren:
Dr. Selim-Tugra Demir, Senior Manager und Head of Lean Solutions Drees & Sommer
Herr Dr. Selim-Tugra Demir ist Senior Manager und der Head of Lean Solutions bei Drees & Sommer. Gemeinsam mit dem Lean Netzwerk der Drees & Sommer SE umfasst das Tätigkeitsspektrum unter anderem die Ausgestaltung der eigenen Lean-Reise, die Skalierung von Lean Design, Lean Construction und Integrierte Projektentwicklung auf weitere Kompetenzfelder innerhalb des Unternehmens. Als Bauingenieur kam Herr Dr. Demir 2008 das erste Mal in Berührung mit Lean Construction. Seitdem ist er ein begeisterter Leaner und hat mit voller Leidenschaft Lean in nationalen aber auch internationalen Bauprojekten adaptiert.
Jörn Köster, Senior Experte alternative Abwicklungsmodelle Drees & Sommer
Herr Jörn Köster ist Architekt und verantwortet als Senior Experte den Kompetenzbereich alternativer Abwicklungsmodelle bei Drees & Sommer. Nach beruflichen Stationen im Architekturbüro und bei einem Generalunternehmer ist Herr Köster seit 10 Jahren bei Drees & Sommer tätig und berät deutschlandweit Allianz- und Partnering-Modelle für private wie für die öffentliche Auftraggeber in allen Projektgrößen. Seine Motivation ist, das richtige Beschaffungsmodell für das jeweilige Projekt zu finden und entsprechende Vergabeverfahren technisch zu leiten und den partnerschaftlichen Ansatz in der Baubranche weiter zu verankern.
Claudia Bingel, Vice President Real Estate Construction Mars GmbH
Claudia Bingel ist Vice President Real Estate Construction bei der Marsh GmbH. Sie ist seit über 30 Jahren als Interessenvertreterin der versicherungsnehmenden Parteien tätig und Partnerin für erfolgreiche Bauprojekte & Immobilien-Portfolios. Die Versicherungsbetriebswirtin (DVA Deutsche Versicherungsakademie Köln) ist beratend bei IPA-Projekten in Deutschland im Einsatz und als Expertin für das versicherungstechnische Design in der Fortentwicklung passender Schutzkonzepte aktiv.
Drees & Sommer: Uniting opposites to create a world we want to live in.
Nachhaltige, innovative und wirtschaftliche Lösungen für Immobilien, Industrie, Energie und Infrastruktur zu beraten, umzusetzen – oder den Kunden sogar beides aus einer Hand zu bieten – das zeichnet das partnergeführte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE aus. Im Jahr 1970 gegründet und seitdem als Nachhaltigkeitspionier und Digitalisierungstreiber der Real Estate Branche bekannt, beschäftigt das Unternehmen mehr als 5.100 Mitarbeitende an 59 Standorten. Interdisziplinär zusammengesetzte Teams arbeiten in mehr als 5.000 Projekten weltweit daran, eine lebenswerte Zukunft zu schaffen und scheinbare Gegensätze zu vereinen: Tradition und Zukunft, Analog und Digital, Effizienz und Wohlbefinden. Als Unternehmer im Unternehmen steht dafür eine persönlich verantwortliche Partnerschaft ein.
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Bildquellen: Drees & Sommer , Drees & Sommer , Drees & Sommer