Aktienfonds im Check

Templeton Growth Fund - Der Klassiker in der Krise

24.08.10 06:00 Uhr

Der Templeton Growth Fund ist der bekannteste Aktienfonds der Welt. Der Glanz vergangener Tage ist jedoch verblasst. Fondsmanagerin Cindy Sweeting erklärt, wie sie wieder Rendite schaffen will.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Cindy Sweeting wiederholt es wieder und wieder, fast schon wie ein Mantra: „Wir sind langfristige, sub­stanz­orientierte Anleger, die bei der Aktienauswahl nur auf fundamentale Unternehmensdaten achten“, betont die 51-jährige gleich mehrfach. Schnell wird klar: Es ist ihr einfach wichtig, dass ihr Gegenüber versteht, welchen Investment­ansatz sie verfolgt. Kein Wunder. Sweeting ist verantwortlich für die Performance des Templeton Growth Fund (TGF), des bekanntesten Fonds der Welt – und seit einiger Zeit in Erklärungsnöten.

Die Managerin lenkt den weltweit anlegenden Fonds seit Anfang 2008. Sie sollte das Produkt der Superlative zurück auf die Erfolgsspur führen. Seit 1954 auf dem Markt, galt der Fonds als Synonym für gewinnbringendes Investieren in Aktien: In 50 Jahren erwirtschaftete er bis Ende 2004 einen Zuwachs von fast 8700 Prozent.

Doch seit einigen Jahren ist es vorbei mit der Herrlichkeit. Mit Ausnahme des Jahres 2006, in dem der Templeton Growth Fund seinen Vergleichsindex, den MSCI World, minimal übertraf, blieb er seit 2005 hinter diesem weltweiten Aktienindex zurück. 2005 waren es beispielsweise 5,2 Prozentpunkte, 2007 war relativ betrachtet sogar eines der unerfreulichsten Jahre in der Fondsgeschichte: Während der Weltaktien­index auf Eurobasis nur leicht, um 0,9 Prozent, nachgab, ging es für den TGF um 8,3 Prozent nach unten.

Es ist nicht bekannt, ob das der Grund war, warum der damalige Fondsmanager Murdo Murchison zum Ende jenes Jahres gehen musste. Er hatte den Superfonds seit 2001 gelenkt. Sweeting übernahm daraufhin als erst vierte Managerin in der mehr als 50-jährigen Geschichte des Fonds das Ruder und trat an, dessen Durststrecke zu beenden.

Bislang ist ihr das nicht gelungen. Auch 2008 und 2009 blieb der TGF hinter dem MSCI World zurück, das eine Jahr um 3,1, das andere um 1,5 Prozentpunkte. Dass Sweeting mit der Übernahme des Fonds ausgerechnet den Beginn der Finanzkrise erwischte, machte die Sache natürlich nicht einfacher.

Für die Schwäche der vergangenen Jahre gibt es mehrere Erklärungen. „Als Value-Investoren steigen wir meist früher als andere Anleger in eine Aktie ein und verkaufen auch früher, wenn großer Optimismus zu einer überhöhten Bewertung führt“, sagt Sweeting. Für das Portfolio bedeutet das, dass insbesondere Finanz- und Rohstofftitel früh rausflogen und der Fonds vom Hype um diese Sektoren bis etwa Mitte 2008 nicht profitieren konnte.

Auf der anderen Seite konnte der TGF in der folgenden Baisse keinen Profit daraus schlagen, in preiswerten Qualitätsunternehmen engagiert zu sein. „Während der Finanzkrise stiegen die Korrelationen stark an, und die Anleger verkauften ohne Unterscheidung alle Arten von Aktien“, klagt die Managerin.

Auch die Hausse seit März 2009 nahm der Fonds nur eingeschränkt mit. „Die Rally wurde vor allem von der Erholung qualitativ minderwertiger Titel getragen“, sagt sie. „Diese gewannen stark hinzu, als klar wurde, dass die Staaten sie dank der Stützung des Finanzsystems vor Liquiditätsengpässen oder dem Bankrott retten werden.“ Im Templeton Growth Fund fänden sich solche Werte aber nicht, sagt Sweeting.

Das klingt ein bisschen wie eine Aneinanderreihung von Ausreden. Dabei haben weder Fondsmanagerin noch die Gesellschaft Frank­lin Templeton aus ihrer Sicht etwas falsch gemacht. Sie vertrauen einfach weiter auf das Investmentkonzept von Firmengründer Sir John Templeton: Kaufe Unternehmen, deren Wert höher ist, als sich das im Preis der Aktie widerspiegelt. Klassisches Value-Investing eben.

„Wir kaufen Aktien, die deutlich unterbewertet sind“, betont Sweeting. „Die Schlüsselfrage ist: Welche Aktien werden vom Markt falsch eingeschätzt, welche Unternehmen sind also mehr wert, als der Kurs wiedergibt?“, sagt sie. Diese Unternehmen zu finden sei die Kernaufgabe ihres Teams. „Dabei suchen wir insbesondere Sektoren, in denen kurzfristige Faktoren für Pessimismus unter den Anlegern sorgen.“ Denn dort würden Aktien auch dann verkauft, wenn sie langfristiges Potenzial aufwiesen.

Um diese Unterbewertung zu erkennen, müssen die Fachleute von Franklin Templeton den wahren Wert eines Unternehmens ermitteln. Das riesige Universum globaler Aktien reduzieren Sweeting und ihr Team anhand verschiedener Bewertungskennzahlen zunächst auf eine überschaubare Zahl. Anschließend nimmt das 70-köpfige Aktienteam der Gesellschaft die übrig gebliebenen Titel genauer unter die Lupe – etwa 600 haben die Fondsmanager und Analysten dauerhaft im Blick.

Es folgt eine umfassende Analyse. Dabei werden unter anderem das Wettbewerbsumfeld, der Zyklus des Geschäftsmodells und der Produkte, die erwarteten Gewinne, der Cashflow sowie die Schulden eines Konzerns betrachtet. Makroöko­nomische Faktoren wie Leitzinsen, Steuern und demografische Entwicklungen werden bei der Beurteilung des Unternehmens mit einbezogen. Sie spielen aber für sich allein genommen keine größere Rolle bei der Aktienauswahl. Schlussendlich landen rund 100 Titel im Portfolio, das mit einer Haltedauer von durchschnittlich vier bis fünf Jahren pro Wert sehr stabil ist. Dass im TGF viele günstig bewertete Konzerne enthalten sind, zeigt der Blick aufs Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Bei den Titeln im MSCI World liegt es bei durchschnittlich 16,8. Das heißt, der Kurs einer Aktie ist knapp 17-mal höher als der erwartete Gewinn pro Aktie. Die Werte im Fonds weisen mit einem Durchschnitts-KGV von 13,7 eine deutlich attraktivere Bewertung auf.

Momentan macht Sweeting vor allem in Europa viele interessante Unternehmen aus. „Europa ist derzeit – gemessen an aktuellen und künftigen Erträgen und Buchwer­ten – weltweit die billigste Region“, sagt sie. Aus diesem Grund hat sie den Kontinent in ihrem Portfolio übergewichtet: Während er im MSCI World ein Gewicht von 30 Prozent hat, haben allein britische, französische, deutsche und Schweizer Aktien im Fonds zusammen ein Gewicht von 34 Prozent.


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Hinzu kommen kleinere Positio­nen, zum Beispiel in den Niederlanden und Italien. Diese Tatsache darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die USA absolut betrachtet die größte Rolle im Portfolio spielen. Aktien amerikanischer Unternehmen haben einen Anteil von gut 43 Prozent.

Bei den Sektoren schätzt Sweeting die Pharma- und Biotechbranche: Fast 14 Prozent des Fondsvermögens hat sie in diesen Sektor investiert. Vor allem der wachsende Umsatz in den Schwellenländern, Kosteneinsparungen und Produktivitätssteigerungen machten viele Unternehmen aus diesem Sektor attraktiv. Die Branchen Medien, Software und Dienstleistungen sowie Energie folgen mit Anteilen von jeweils neun bis zehn Prozent.

Für die Zukunft hofft die Managerin vor allem, dass die Anleger sich wieder stärker auf unternehmerische Tatsachen besinnen werden. „Zurzeit konzentrieren sie sich fast vollständig auf volkswirtschaftliche Faktoren“, kritisiert sie. Sie warte da­rauf, dass diese Fixierung nachlasse und sich die Blicke der Investoren wieder auf Fundamentaldaten wie Gewinne und Cashflow richteten. „Sobald diese Differenzierung an den Markt zurückkommt, werden die Unternehmen in unserem Fonds ausgezeichnete Erträge liefern“, zeigt sie sich zuversichtlich.

Oft hat sich diese Hoffnung in den vergangenen Jahren nicht erfüllt. Sweeting setzt indes auf das Verständnis der Investoren: „Unsere Anleger müssen daran glauben, dass sich mit einem Engagement in unterbewertete Qualitätsunternehmen langfristig Geld verdienen lässt“, sagt sie. Glaube ist es in der Tat, was Anleger beim Templeton Growth Fund momentan mitbringen müssen. Denn ihre Geduld wird auf eine harte Probe gestellt.

Doch irgendwie passt das zur Investmentphilosophie des TGF: „Wir sind geduldige Anleger, solange die ursprüngliche Investmentidee für ein Unternehmen fortbesteht und unsere langfristigen Prognosen positiv bleiben“, sagt Sweeting.

Investor-Info

Templeton Growth (Euro) Fund
Unterbewertetes aufspüren
Der Fonds sucht günstige Substanzwerte, in die er über mehrere Jahre hinweg investiert. Allerdings waren die ­Titel in den vergangenen fünf Jahren nicht sehr glücklich gewählt: Der Templeton Growth (Euro) Fund blieb 19 Prozentpunkte hinter seinem Vergleichsindex, dem MSCI World, zurück. In den vergange­nen drei Monaten konnte er sich aber stabilisieren und seiner Benchmark folgen.

Vita Cindy Sweeting
Seit 1997 arbeitet die studierte Betriebswirtin für die US-Gesellschaft Franklin Templeton. 2008 übernahm sie die Leitung des Fonds. Die 51-Jährige ist zudem Chefportfolio­managerin in der Abteilung für globale Aktien. Sie ist seit 25 Jahren in der Investmentbranche tätig.