Geldanlage-Report Armin Brack

Schweizer Franken: Verkaufen?

08.06.11 09:34 Uhr

Schweizer Franken: Verkaufen? | finanzen.net

Bollwerk Schweiz beginnt zu bröckeln!

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Devisen

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kürzlich traf ich einen bekannten deutschen Bankmanager am Münchener Flughafen. Wir unterhielten uns über die Entwicklung am Devisenmarkt und er meinte: „Der Schweizer Franken ist der bessere Euro. Aber ich weiß nicht, ob die Schweizer damit auf Dauer so glücklich werden.“

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Er könnte Recht behalten. Zwar brummt die Wirtschaft im Alpenland, doch eine Abkühlung scheint nicht mehr fern zu sein.

Denn je stärker der Rekord-Franken, der in den letzten beiden Jahren deutlich über 20 Prozent gegenüber dem Euro zulegte, desto schwächer sind die Aussichten für die schweizerische Exportindustrie. Das ist eine einfache Rechnung. Es ist nur noch nicht sicher, wann diese bezahlt werden muss.

In der Vergangenheit führte ein Anstieg von 10 Prozent beim realen Wechselkurs des Franken in der Regel zu einem Rückgang bei den Exporten um etwa 15 Prozent. Warum sollte es diesmal anders sein? Die Firmen, die rund 50 Prozent des BIP im Ausland erwirtschaften, stöhnen bereits unter der hohen Währungslast. Vor allem kleinere Unternehmen, die ihre Produktion nicht ins Ausland verlagern können, sehen kaum noch Möglichkeiten, die Kosten zu senken und die Margen zu halten.

Plakativer als John Cox, Leiter der Analyse Schweiz bei Kepler Capital Markets in Zürich, kann man es eigentlich nicht ausdrücken: „Wer einen hohen Umsatz in Euro und hohe Kosten in Schweizer Franken hat, wird 'gekillt'“.

*Sicherer Hafen

Am Anfang der Ursachenkette stand die europäische und amerikanische Schuldenkrise. Investoren ergriffen die Flucht in vorgeblich sichere Währungen. Ein Prozess der noch nicht abgeschlossen ist und Euro und Dollar täglich weiter schwächt.

Was das in realen Zahlen bedeutet, zeigt eindrucksvoll die Kapitalverkehrsstatistik der Nationalbank. Bewegten sich die Obligationenkäufe von Ausländern in der Schweiz zwischen 2000 und 2009 zwischen minus 2 und plus 7 Milliarden Franken, so schossen die Zuflüsse in solche Titel 2010 bereits auf unglaubliche 30 Milliarden (!) hoch.

Viele Ökonomen schauen dennoch weiter zuversichtlich in die gebirgige Zukunft, schwärmen von der Widerstandsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. Die bisher noch begrenzte Wirkung der Frankenstärke rühre von der gelungenen geografischen Positionierung der Schweizer Exportwirtschaft her, heißt es. Dabei spiele die verstärkte Ausrichtung nach Asien – in erster Linie gen China – eine große Rolle, wo die Nachfrage weiter sehr dynamisch sei.

Da ist ohne Zweifel auch etwas dran: Ein Drittel des Exportwachstums in den letzten 12 Monaten stammt tatsächlich von China. Zudem erfreut sich auch Deutschland als einer der wichtigsten Handelspartner der Schweiz im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten einer soliden wirtschaftlichen Gesundheit. Doch es gibt bei diesen Überlegungen auch jede Menge Risiken und Unsicherheitsfaktoren.

Erste Anzeichen deuten beispielsweise darauf hin, dass die Nachfrage aus dem Reich der Mitte doch nicht so dynamisch ist wie angenommen, vor allem wenn man über das Jahr 2011 hinaus denkt. Und auch Deutschlands Wirtschaftkraft ist kein Selbstläufer: Mittelfristig ist entscheidend, wie sich die Eurokrise entwickelt, vor allem wie viel Milliarden Euro Griechenland und andere Schuldenstaaten der EU-Peripherie noch benötigen werden.

*Dämpfer für die Wachstumsoptimisten

Bemerkenswert ist, wie sich zuletzt Schweizer Experten bei ihren Prognosen irrten: Im ersten Quartal 2011 dürfte die am Bruttoinlandsprodukt gemessene Wirtschaftsleistung um 0,5 bis 1 Prozent gestiegen sein, meinten vier von der Nachrichtenagentur SDA befragte Banken noch kurz bevor die offiziellen Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) veröffentlicht wurden.

Tatsächlich aber gab es dann einen gehörigen Dämpfer. Das Bruttoinlandsprodukt nahm im ersten Quartal nur gerade um 0,3 Prozent zu. Das ist nicht einmal die Hälfte des hohen Tempos vom Jahresschluss (+0,8 Prozent). Verglichen mit dem ersten Quartal des Vorjahres beträgt das Plus noch 2,6 Prozent. Hier hatten Experten 3,1 Prozent prognostiziert.

Überraschend war, dass die eine Ursache für die rückläufige Dynamik der Wirtschaft vom bisher sehr starken Binnensektor ausgegangen und der Export sich dagegen als noch fest erwies. Wenn aber auch das Ausfuhrwachstum erst einmal nachhaltig erlahmt – bei dem andauernden Franken-Höhenflug kaum zu verhindern – wird sich das auch insgesamt in den gesamtwirtschaftlichen Zahlen niederschlagen.

*Was heißt das für den Schweizer Aktienmarkt

Charttechnisch weist alles auf eine anhaltende Seitwärtsbewegung beim SMI hin: In einer solchen befindet sich der Markt mehr oder weniger seit Sommer letzten Jahres, wobei die Trading Range zwischen 6.000 und 7.000 Punkten liegt. Der Franken-Effekt hat seine Spuren bereits hinterlassen. Der Leitindex hinkt seiner westeuropäischen Peer Group seit längerem hinterher. Das wird sich in den nächsten Monaten auch nicht ändern.

Dennoch gibt es natürlich einige positive Ausreißer, die von der internationalen Reputation profitieren, die Schweizer Unternehmen traditionell im Ausland genießen. Pharma- und Nahrungsmittelriesen sind darunter, aber auch die Credit Suisse oder die Swatch Group. Der Uhrenhersteller verkündete jüngst, allein der Franken könnte einem möglichen Umsatzrekord von 7 Milliarden Euro für 2011 im Wege stehen. Womit wir wieder beim Thema wären...

MEIN FAZIT:

- Ich gehe davon aus, dass das Frankenhoch den Schweizern ein bis zwei Prozent an Wirtschaftswachstum kostet und vor allem mittelständische Unternehmen noch in Probleme bringen kann.

- Eskaliert die Griechenland-Krise, womit ich meine, dass Griechenland weitere Milliardenhilfen benötigt und dennoch die Wende nicht schafft, ist wahrscheinlich, dass die Schweizer Währung ganz neue Rekordmarken anpeilt.

- Dann aber könnte das Wirtschaftswunderland Schweiz erst sein blaues Wunder erleben. Anleger sollten darum Vorsicht walten lassen und SMI-Aktien zwar keineswegs meiden, aber sorgfältig auswählen. Denn auch die Gewinnmargen der renommiertesten Schweizer Unternehmen sind derzeit nicht sicher.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.