Gemeinsame EU-Hilfen

Chancen und Risiken: Eignen sich Corona-Bonds auch für Privatanleger?

11.04.20 20:23 Uhr

Chancen und Risiken: Eignen sich Corona-Bonds auch für Privatanleger? | finanzen.net

Im Kampf gegen die Virus-Pandemie machen in den zurückliegenden Tagen vor allem italienischen Politiker viel Werbung für sogenannte Corona-Bonds. Doch welche Vor- und Nachteile besitzen derartige Anleihen und eignen sie sich auch für private Investoren?

• Italiener werben für Corona-Bonds
• Niederländer, Österreicher und Deutsche lehnen die Pläne ab
• Solidarität braucht keine Gemeinschaftsanleihen

Das Coronavirus stürzt Europa gesundheitlich, politisch und ökonomisch komplett ins Chaos. Dabei trifft die Krise vor allem die desolaten Wirtschaftsräume der südlichen Mitgliedsstaaten mit voller Härte. Entsprechend drängen die südeuropäischen Länder nun auf eine gemeinsame Lösung bzw. einen großen europäischen Rettungsplan, welcher mit Hilfe von Gemeinschaftsanleihen oder sogenannten Corona-Bonds finanziert werden soll. Die Niederlande, Österreich und auch Deutschland wehren sich bislang jedoch noch vehement gegen eine gemeinsame Verschuldung.

Eine Botschaft für die "lieben deutschen Freunde"

Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen haben sich italienische Politiker aus verschiedenen Parteien nun sogar direkt an die deutsche Öffentlichkeit gewandt. In einer ganzseitigen Anzeige, welche mit den Worten "Liebe deutsche Freunde" eingeleitet wurde, warben die Politiker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für die Zustimmung für sogenannte Corona-Bonds und appellierten an die Solidarität innerhalb der Europäischen Union.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Die Idee von einer gemeinsamen Verschuldung innerhalb der Europäischen Union ist fast so alt wie die Union selbst. Denn im Grunde genommen sind Corona-Bonds nichts anderes als Euro-Bonds, also gemeinsame Anleihen, die von allen europäischen Ländern zusammen emittiert werden. Im Gegensatz zu den Euro-Bonds sollen die Mittel aus den Corona-Bonds jedoch nicht zur Tilgung von öffentlichen Altschulden verwendet werden, sondern ausschließlich zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Ein schlechter Deal für die Bundesrepublik

Nutznießer von derartigen Gemeinschaftsanleihen wären dabei vor allem Spanien, Portugal, Griechenland und Italien, da diese Länder aufgrund ihrer maroden Wirtschaft und der ohnehin schon sehr hohen Schuldenberge kaum noch günstige Kredite erhalten. Denn während die Bunderepublik derzeit sogar Geld erhält, wenn sie eine Anleihe platziert, können die südeuropäischen Staaten, aufgrund ihrer schlechten Bonität, ihre Zinslast kaum noch tragen.

Dieses Problem wäre mit Euro-Bonds bzw. Corona-Bonds jedoch auf der Stelle gelöst. Denn für die Gemeinschaftsanleihen würden alle Mitgliedsstaaten der EU haften und die Südeuropäer kämen, aufgrund der hervorragenden Bonität von Deutschland, Österreich und der Niederlande, unmittelbar in den Genuss von sehr niedrigen Zinsen. In Folge könnten dann aber auch die stabileren Länder schnell in Schieflage kommen, da diese unmittelbar von der Zahlungsmoral der Italiener und Co. abhängig wären.

Corona-Bonds für Privatanleger?

Sofern es tatsächlich dazu kommen sollte, dass die Europäische Union Corona-Bonds ausgibt, währen diese höchstwahrscheinlich auch für Privatanleger handelbar. Aller Voraussicht nach würden diese Gemeinschaftsanleihen sogar auf eine sehr hohe Nachfrage aus dem In- und Ausland stoßen. Denn diese Anleihen wären vermutlich der Traum eines jeden Anlegers, da sie eine lukrative Mischung aus relativ hohen Kupons und einer guten Bonität darstellen würden.

Solidarität braucht keine Gemeinschaftsanleihen

Laut der Einschätzung der Bundesregierung braucht es in Europa derzeit jedoch keine gemeinsame Schuldenpolitik. Dies lehnen dabei nicht nur die CDU/CSU-Politiker wie zum Beispiel Markus Söder und Friedrich Merz ab, sondern vor allem auch der SPD-Politiker und Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Dabei plädiert gegenwärtig sogar der portugiesische Ökonom und Euro-Gruppen-Chef Mario Centeno dafür, nicht nur über Corona-Bonds zu philosophieren, sondern weiter Optionen zu prüfen. "Wir sollten prüfen, wie wir bestehenden Instrumente nutzen können, aber wir sollten auch offen dafür sein, Alternativen zu erwägen, wenn sich erstere als unzureichend erweisen", so Centeno laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur gegenüber den EU-Finanzministern. Entsprechend bevorzugen Deutschland, Österreich und die Niederlande eine Finanzierung der südeuropäischen Staaten mithilfe des bereits bestehenden Rettungsschirms ESM.

Pierre Bonnet / finazen.net

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