Das Orakel von Sintra
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Bei der letztjährigen EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra wurden die Aussagen des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, noch als Hinweis auf eine baldige Straffung der Geldpolitik interpretiert. Daraufhin kam es zu heftigen Verwirbelungen an den internationalen Finanzmärkten.
In diesem Jahr aber rechneten die Marktteilnehmer eher mit weiterhin moderaten Tönen sowie weiteren Erläuterungen zu dem jüngsten EZB-Beschluss von vor einer Woche. Denn dort ist Draghi, der seine Worte stets wie ein schwer deutbares Orakel wählt, die alles entscheidende Frage zum Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung noch schuldig geblieben. Man darf gespannt sein, welche Botschaft das Orakel von Sintra in diesem Jahr verkünden wird.
Hatte es zunächst geheißen, dass man auf der Ratssitzung in Riga beschlossen habe, den Schlüsselzins noch mindestens bis zum Sommer 2019 nicht anzurühren, so wird inzwischen - bei der Übersetzung des Protokolls - der Zeitraum bereits nach hinten verschoben (mindestens bis nach dem Sommer 2019). Da allerdings die nächsten Zinsentscheidungen darauf aufbauen, lohnt sich nochmals ein kurzer Rückblick. Wenig überraschend war hierbei die Entscheidung des langsamen "QE-Ausschleichens", da die juristischen Probleme in punkto Ankaufmenge von europäischen Staatsanleihen von Monat zu Monat größer werden. Die Aussage zur Reinvestition fälliger Anleihen hätte konkreter ausfallen können, da es nicht unerheblich ist, mit welchen Fälligkeiten die freien Gelder wieder angelegt werden. Mit den ebenfalls ins Feld geführten Unsicherheiten hinsichtlich des Wachstumsausblicks und der Inflationsentwicklung hat Mario Draghi bereits heute seinem Nachfolger (ab November 2019) eine Hintertür für eine Strategieänderung geöffnet. Dies hat er zusätzlich mit seinem Hinweis unterstrichen, dass Anleihekäufe ein normales geldpolitisches Instrument der EZB seien und man darüber im EZB-Rat einig ist.
Unterm Strich waren das zwar viele Worte und die Quintessenz daraus wird sicherlich den deutschen Sparern nicht gefallen. Aber Zinsen auf Ersparnisse wird es vor 2020 nicht geben!
Doch die Banken drückt der "Zinsschuh" noch an einer ganz anderen Stelle. Die Leitzinsen, sprich den Hauptrefinanzierungssatz, noch viele Monate bei "Null" zu belassen, ist die eine Seite. Aber was passiert in den kommenden Monaten mit der Einlagenfazilität? Wenigstens hierzu ist Mario Draghi in Portugal konkreter geworden. Nach seinen Worten strebe die EZB ein Ende der Strafzinsen an, um anschließend den Leitzins anzupassen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass in den kommenden 18 Monaten auch eine sukzessive Anpassung des Strafzinses in Betracht gezogen werden sollte. Die Bankenvertreter werden diesen Silberstreif am Horizont mit Freude zur Kenntnis genommen haben. Aber es wird noch viele Jahre dauern, bis man in Euroland wieder von einer normalen Zinsentwicklung sprechen kann. Und das auch nur, wenn alles nach Plan läuft. Das macht zurzeit den Unterschied gegenüber den USA und ihren Banken aus!
Märkte im Banne des Handelskriegs
Wer argumentiert, die Rentenmärkte profitierten vom Handelskrieg, den D. T., der Unberechenbare losgetreten hat, mag bei manchem Zuhörer einen falschen Eindruck erzeugen. Natürlich fliehen zahlreiche Anleger aus Aktien und schichten in festverzinsliche Papiere um - eine Entwicklung, die unweigerlich zu steigenden Kursen am Rentenmarkt führt. Dennoch würde ein dauerhafter Handelskrieg (ein Wort, das einem schwer über die Lippen geht) die gesamte Weltwirtschaft beeinträchtigen und damit auch manchen Markteilnehmer und Emittenten an den Bondmärkten unter Stress setzen. Im Übrigen ist es der Faktor Unsicherheit, den die Marktteilnehmer am meisten fürchten. Von einem Profitieren kann also nur auf kurze Sicht die Rede sein.
Nachdem nun die Aktienmärkte in den Bann der Abwärtsspirale von Zöllen und Gegenzöllen geraten sind, stehen US-Staatsanleihen an den Märkten unter besonderer Beobachtung. Nachdem die Renditen der 10Y-T-Bonds am Dienstag auf bis zu 2,86% nachgegeben hatten, haben sie am Mittwoch wieder auf mehr als 2,93% angezogen, was gleichzeitig mit fallenden Kursen einhergeht. Das hat nichts mit einem Ausverkauf zu tun. Dennoch sollte man sich klar machen, dass China als größter Gläubiger der USA - neben der amerikanischen Notenbank Fed - rund 30% aller Auslandspositionen bei US-Anleihen hält. Nun ist nicht zu erwarten, dass die Chinesen, etwa als Maßnahme im Handelskrieg, massenhaft US-Bonds abstoßen. Dies würde ja zu einem Kursrutsch führen, mit dem sich die Volksrepublik selbst schadet. Man wird an den Märkten aber genau beobachten, inwieweit sich China bei künftigen Neuemissionen der USA zurückhält.
Profitiert haben hiervon in der Vergangenheit oft auch deutsche Staatsanleihen, die als sicherer Hafen von Anlegern geschätzt werden. Dies spiegelt sich auch im Kursverlauf eines bis 2/2028 laufenden Titels (WKN 110244) wider, der bei rund 101,15% notiert und mit ca. 0,38% rentiert. Mitte Mai, also vor wenigen Wochen, belief sich die effektive Verzinsung noch auf ca. 0,65%.
Jetzt, wo der Konflikt eine neue Eskalationsstufe von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen erreicht hat, befürchten Experten ernsthafte Konsequenzen für die Weltwirtschaft. Sowohl das Münchner Ifo Institut als auch das Essener RWI senkten ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser spricht von "kräftigen Gewitterwolken am deutschen Konjunkturhimmel". Eine Ausweitung von Handelsbarrieren sei zu einem nicht mehr vernachlässigbaren Risiko geworden. Deutlich wurde dies an den Aktienmärkten bereits in den vergangenen Tagen, da weltweit Kursabschläge an der Tagesordnung waren.
Der schmerzhafte Schlagabtausch nimmt also seinen Lauf. Dabei werden auf die US-Unternehmen höhere Kosten zukommen, weil sie Abnehmer der mit Zöllen belegten Einfuhren von Stahl und Aluminium sind. Dies wiederum führt unweigerlich zu höheren Preisen für die Endverbraucher. So werden beispielsweise in den USA zunächst Bierdosen teurer werden. Die Verhängung von Schutzzöllen durch den US-Präsidenten trifft also sein eigenes Land zuerst, was dem Motto "America First" eine ganze neue Bedeutung verleiht.
Not macht erfinderisch
Sollte nun die Zuspitzung des Asylstreits in der Union dazu führen, dass sich Berlin und Paris auf eine Reform der Eurozone verständigen, mag’s Europa recht sein. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron werden den europäischen Partnern beim Ratsgipfel Ende des Monats einen Plan für eine Teilreform der EU vorlegen, die zwar die Gemeinschaft nicht neu erfindet, aber der Beginn einer Frischzellenkur sein kann. Dennoch steckt wie überall auch hier der Teufel im Detail.
Merkel und Macron, die beide zuhause unter Druck stehen, haben sich zusammengerauft und einen Plan auf den Tisch gelegt, der bis 2021 eine Reform der Eurozone vorsieht. Diese beinhaltet ein milliardenschweres Euro-Budget, das über nationale Mittel und gegebenenfalls europäische Gelder aufgebracht werden soll. Als Pferdefuß an der Sache soll auch eine noch zu schaffende Finanztransaktionssteuer dazu beitragen, den geplanten Topf, dessen Größe noch nicht feststeht, aufzufüllen. Ein 400 Mrd. € schweres Budget, wie von Macron gefordert, ließ sich Merkel jedenfalls nicht abringen. Das Budget dürfte wohl zunächst eher im einstelligen Milliardenbereich liegen. Dennoch wird es Europa freuen. Zumal es schon immer so war, dass sich Europa bewegt, wenn Deutschland zahlt.
Gut ist, dass es damit eine milliardenschwere Investitionsoffensive in Europa geben soll. Klar ist aber auch, dass das Budget Divergenzen in der Eurozone ausgleichen soll, wie Macron meint. Unklar ist, woher das Geld kommen soll, wenn das Eurozonen-Budget im Rahmen der bisherigen Haushaltsstrukturen geschaffen wird, wie Merkel erklärt. Hinzu kommt der Ausbau des Eurorettungsfonds ESM zum Europäischen Währungsfonds. Zusätzlich erteilt Merkel der von Frankreich vorgeschlagenen "europäischen Interventionsinitiative" ihren Segen, die der EU mehr Flexibilität in der Verteidigungspolitik geben soll und somit Macron im eigenen Land stärkt.
Und was die Asylfrage angeht, beschreiben die beiden Regierungschefs in einem gemeinsamen Papier zumindest, wie das Ziel aussehen soll: Ein europäisches Asylbüro, das die Asylpraxis in den Mitgliedstaaten harmonisiert und für Asylverfahren an den Außengrenzen zuständig ist, soll geschaffen werden. Dort werden demnach die Asylanträge dann zentral durchgeführt. Wie konsensfähig diese Ideen in der EU sind, muss sich erst noch zeigen. Macron hat jedenfalls zugesagt, Merkel zu helfen, um andere Länder dafür zu gewinnen.
Klar ist, die beiden brauchen sich. Während Merkel Fortschritte bei einer gemeinsamen Asylpolitik benötigt, braucht Macron Erfolge im Rahmen seiner europäischen Reformideen. Angesichts von Handelsstreitigkeiten, Brexit und Asylstreit sind gemeinschaftliche Positionen und eine handlungsfähige, starke EU jedenfalls wichtiger als je zuvor.
Mitgift für Griechenland
Es ist die letzte Kreditrate aus dem laufenden Hilfsprogramm, die Athen ausgezahlt werden soll, damit das Land vom 20. August an am Kapitalmarkt wieder auf eigenen Füßen stehen kann. 10 bis 12, vielleicht 15 Mrd. € sollen es sein. Das wird die Eurogruppe voraussichtlich heute in Luxemburg beschließen. Die Mittel stammten aus dem aktuellen, bis zu 86 Mrd. € schweren dritten und letzten Hilfsprogramm. Was wiederum zum Anlass genommen wird zu betonen, dass es sich nicht um zusätzliche Gelder handelt. Dennoch hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass Athen stolz verkündet hätte: Wir brauchen die Milliarden nicht mehr! Das wäre für den Rest Europas ein gutes Zeichen gewesen.
Die damit verbundene Debatte um Schuldenerleichterungen ist aber auch noch nicht zu Ende. Bei der Tagung der Eurogruppe geht es auch um die letzte Bewertung der Spar- und Reformbemühungen sowie eine Schuldenerleichterung.
Seit dem Anlaufen der Rettungsprogramme vor acht Jahren hat Hellas mehr als 250 Mrd. € von den europäischen Rettungsschirmen und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten, wobei sich letzterer seit Jahren nicht mehr finanziell beteiligt. Einen Schuldenverzicht, wie ihn der IWF immer wieder gefordert hat, verbieten die Europäischen Verträge.
Wenn nun Athen wieder eigenes Geld aufnehmen will, sollen die Finanzmärkte mit besseren Wirtschaftszahlen überzeugt werden. Für 2018 erwartet das Land eine Wachstumsrate von mehr als 2%. Die Arbeitslosenquote ist von 27% auf 20% gesunken. Der sogenannte Primärüberschuss, also der Überschuss ohne Zinszahlungen, dürfte bei 3,5% liegen. Doch obwohl der europäische Rettungsfonds ESM extrem niedrige Zinsen verlangt und die Kreditlaufzeiten auf durchschnittlich 40 Jahre ausgedehnt hat, reicht es nicht.
Die europäischen Geldgeber wollen daher Athen mit einem Kapitalpolster von rund 20 Mrd. € ausstatten, worin die letzte Kreditrate schon enthalten wäre. Dieser Betrag ist in der europäischen Rettungsgeschichte ungewöhnlich hoch und würde den Finanzbedarf von Athen bis 2020 decken. Damit könnte Griechenland notfalls noch einige Zeit ohne Neuemissionen am Kapitalmarkt auskommen. Der Umfang einer solchen Absicherung spricht eher für eine gewisse Skepsis der Europartner.
May gewinnt beim Ping-Pong-Spiel in Westminster
Wenn Theresa May vergangene Woche geglaubt hat, mit dem knappen Votum zu ihren Gunsten im britischen Unterhaus habe sie freie Bahn in den Brexit-Verhandlungen, hat sie sich getäuscht. Am Montag stimmte nun das britische Oberhaus mit großer Mehrheit für eine Ergänzung des EU-Austrittsgesetzes, die dem Parlament die Kontrolle über den Brexit-Prozess geben würde. Der Premierministerin stand daher eine erneute Brexit-Machtprobe im Parlament bevor, als der Gesetzentwurf am Mittwoch wieder ins Unterhaus zurückgekehrt ist. Dabei ging es darum, über eine neue, revidierte Fassung der Gesetzesergänzung abzustimmen, die den Abgeordneten das Recht geben soll, über den Regierungskurs abstimmen zu dürfen, sollte May ohne Verhandlungsergebnis aus Brüssel zurückkehren. Doch diese Art von Ping-Pong-Spiel zwischen Ober- und Unterhaus wurde durch einen kurzfristig vorgelegten Kompromissvorschlag beendet. Dieser sieht vor, den Parlamentspräsidenten entscheiden zu lassen, ob die Abgeordneten Änderungsanträge für das künftige Austrittsabkommen mit Brüssel stellen dürfen. Zuvor hatte das Parlament nur eine beratende Funktion inne.
Auch bei der britischen Währung hinterlässt der Kampf um den Brexit seine Spuren. Seit Tagen ist das Pfund unter Druck und notiert nun mit ca. 1,3130 USD auf einem Siebenmonatstief. In Relation zum Euro handelt das Pfund Sterling bei ca. 1,1380 €. In diesen Außenwerten kommt auch die Erwartungshaltung bezüglich der heutigen geldpolitischen Entscheidung der Bank of England (BoE) zum Ausdruck. Es wäre allerdings verwunderlich, wenn die BoE nicht auf Zeit spielen und einen neuen Zinsschritt hinauszögern würde.
Bayer finanziert Monsanto Deal
In dieser Berichtswoche sammelte Bayer frisches Geld am Kapitalmarkt für die Übernahme des in 1901 gegründeten börsennotieren Konzerns Monsanto ein. Zunächst platzierte Bayer am Anfang der Woche erfolgreich acht Bonds im Gesamtvolumen von 15 Mrd. USD. Die Investoren hatten bei Laufzeiten von 3 bis 30 Jahren die Qual der Wahl. Dieses bestätigt auch die hohe Nachfrage von ca. 50 Mrd. USD. Am Dienstag folgte dann die Aufnahme von 5 Mrd. € mittels vier neuer Wertpapiere, bei denen sich die Nachfrage auf mehr als 21 Mrd. € addierte.
Darunter ein 4-jähriger, 750 Mio. € schwerer Floater (A192DN), der am 26.06.2022 fällig wird. Der Zinssatz richtet sich nach dem vierteljährlichen Euribor +0,55 PP. Begeben wurde das Papier zu 100%. Die weiteren drei Tranchen (A192DP, A192DQ, A192DR) haben Laufzeiten von 4, 8 und 11 Jahren. Die erste Tranche mit 1 Mrd. € ist am 15.12.2022 fällig und hat einen Zinssatz von jährlich 0,625%. Begeben wurde das Papier zu 99,772%, was einem Spread von +50 BP über Mid Swap gleichkam. Die Anleihe besitzt eine Kündigungsoption ab dem 15.09.2022 zu 100%. Der zweite 1,75 Mrd. € schwere Bond mit Fälligkeit am 26.06.2026 zahlt den Investoren jährlich 1,5% Zinsen und wurde zu 99,589% (+90 BP über Mid Swap) begeben. Ebenfalls räumte Bayer sich hier ab dem 26.03.2026 ein Kündigungsrecht zu 100% ein. Die letzte Anleihe im Bunde ist mit einem Kupon in Höhe von jährlich 2,125% ausgestattet und am 15.12.2029 fällig. Der Reoffer bei diesem Bond lag bei 99,143%, was +120 BP über Mid Swap entsprach. Auch hier gibt es 3 Monate vor Endfälligkeit (ab dem 15.09.2029) ein optionales Kündigungsdatum zu pari. Das Emissionsvolumen des 11-jährigen Bonds beträgt 1,5 Mrd. €. Bei allen Anleihen wählte Bayer eine Mindeststückelung von 100.000 €, die besonders bei institutionellen Investoren beliebt sein dürften. Darüber hinaus ließ man bei allen Gattungen (mit Ausnahme des Floaters) eine Make Whole Option in die Anleihebedingungen aufnehmen.
JAB Holding erfreute die Investoren mit einem Doppelpack, welcher Laufzeiten von 8 sowie 11 Jahren bei einer Mindeststückelung von je 100.000 € beinhaltet. Insgesamt platzierte die Holding der deutschen Unternehmerfamilie Reimann 1,5 Mrd. €. Der 8-jährige Bond (A1919G) ist am 25.06.2026 fällig und zahlt den Investoren bis zum Laufzeitende jährlich 1,75% Zinsen. Emittiert wurde zu 99,226%, was einem Spread von +115 BP über Mid Swap gleichkam. Die zweite Tranche (A1919H) mit Fälligkeit am 25.06.2029 zahlt dem Investor jährlich 2,5% Zinsen. Der Reoffer lag bei 99,867% (+150 BP über Mid Swap).
Der Besuch im Kletterwald
Am vergangenen Donnerstag war die Bekanntgabe der zinspolitischen Entscheidungen durch Mario Draghi für den Euro-Bund-Future der Beginn eines Ausflugs in den Kletterwald. Die Aussicht auf eine noch lange Zeit anhaltende Versorgung mit billigem Geld und eine nicht angedachten Reduzierung des QE-Volumens ließen die Notierungen an den Aktien- und Rentenmärkten nach oben schießen. Im Umfeld eines von anderer Seite nach unten revidierten Wirtschaftswachstums und gleichzeitig steigender Inflationszahlen war nur bedingt zu erwarten, dass die beiden Assetklassen Hand in Hand eine solche Entwicklung vollzogen.
Doch die Einigkeit währte nicht sehr lange, denn D.T., der Unberechenbare, hat mit der Verschärfung seiner "America First" hin zu einer "America Only"-Politik für weitere Kursteigerungen bei den Bonds und fallende Notierungen bei den Aktien gesorgt. Diese Rückkehr zu einem altgedienten Verhaltensmuster hat allerdings für diejenigen, welche auf steigende Renditen gesetzt hatten, die Leiden nur noch verstärkt. Absicherungen mussten aufgelöst und ggfs. Neuengagements eingegangen werden. Dadurch wurde das Rentenbarometer von seinem Tief bei 159,45% bis auf 161,86% katapultiert, was einer Entwicklung bei der Rendite 10-jähriger Bundesanleihen von ca. 0,51% auf ca. 0,35% entspricht.
Inzwischen scheinen die positiven Kräfte zwar etwas zu schwinden, aber der sich verschärfende Wirtschaftskrieg mit den gegenseitigen Schutzzöllen u.a. seitens der EU, der USA, Chinas, Kanadas, Mexikos und Russlands kann erneut den Nährboden für eine anhaltende Flucht in den "Sicheren Hafen" darstellen. Somit kann ein Blick auf den Chart hilfreich sein, um die möglichen Unterstützungs- und Widerstandslinien zu identifizieren.
Das bisherige kurzfristige Hoch bei 161,86% vom 19. Juni ist hierbei ein erster ernstzunehmender Widerstand. Sollte dieser überwunden werden, so wäre der Weg bis ca. 163% frei, was einer Rendite von ca. 0,25% entsprechen würde. Nach unten ist eine erste Unterstützung bei ca. 160,80% auszumachen und eine weitere bei ca. 160,35%. Aktuell notiert das Sorgenbarometer der Eurozone bei ca. 161,40%, was einer Rendite bei 10-jährigen Bunds von ca. 0,38% entspricht.
Deutschland auch bei Bund-Auktionen mit Fehlstart
In den USA mussten sich die Investoren zumeist mit Geldmarktpapieren begnügen. Denn in dieser Handelswochen standen neben den T-Bills mit Laufzeiten von vier Wochen sowie drei, sechs und 12 Monaten für insgesamt 151 Mrd. USD nur noch 5 Mrd. USD als Linker mit Fälligkeit 2/2048, zum Verkauf.
In den Eurostaaten eröffnete der WM-Geheimfavorit Belgien den Reigen und stockte drei Anleihen (A180Z5 / 2023 ; A1ZWX5 / 2031 ; A19B7A / 2047) auf. Aber auch die nicht für Russland 2018 qualifizierte Slowakei erhöhte bei zwei Gattungen das Emissionsvolumen (A181DY / 2023 ; A19D6Y / 2037). Ihren finanziellen Bedarf decken heute allerdings auch das erfolgreicher als Deutschland in das Turnier gestartete Frankreich (A19U9A / 2021 ; A1GZ7K / 2022 ; A19DMN / 2028 ; FR0013344751 / 2028 ; A18675 / 2047) sowie Spanien (A1908W / 2023 ; A1ZVCP / 2025 ; A19DZD / 2033 ; A1HR6Q / 2044).
In Deutschland bot die Finanzagentur des Bundes am Dienstag die aktuellen 2-jährigen Bundesschatzanweisungen im Volumen von 4 Mrd. € interessierten Käufern an. Jedoch wurden lediglich Kaufaufträge für insgesamt 3,718 Mrd. € aufgegeben. Die Zuteilung der technisch unterzeichneten Gattung (110472) erfolgte bei einer Durchschnittsrendite von -0,63% und nominal 782 Mio. € des inzwischen 9 Mrd. € schweren Bonds wurden zur Marktpflege umgebucht. Ebenfalls unter dem avisierten Volumen wurde die Bundesanleihe mit der Fälligkeit 2044 (113548) um den Betrag von 1,5 Mrd. € auf insgesamt 25 Mrd. € aufgestockt. Hierbei mussten 489 Mio. € umgebucht werden und von den Orders für nominal 1,233 Mrd. € wurden nur 1,011 Mrd. € bei einer Durchschnittsrendite von 1,06% zugeteilt.
Euro im Fahrwasser der EZB
Es kam so, wie es zu erwarten war. Im Vorfeld der Sitzung der Europäischen Zentralbank handelte der Euro in relativ engen Bandbreiten, aber anschließend kam er unter die Räder.
So hat die europäische Gemeinschaftswährung seit vergangenem Donnerstag, als die Währungshüter tagten, einiges an Wert eingebüßt. Der Euro fiel aufgrund der Ausführungen von EZB-Chef Mario Dragi zur künftigen Geldpolitik sowie dem QE-Programm von seinem zwischenzeitlich erreichten 4-Wochen Hoch bei 1,1851 USD auf 1,1564 USD zurück. Seither bewegt sich das Währungspaar EUR/USD auf diesem Niveau. Seit Wochenbeginn handelt die Einheitswährung in einer Tradingrange zwischen 1,1531 USD und 1,1645 USD und das obwohl es doch einige Themen mit kursbewegendem Potenzial gibt. Heute Morgen startet die gemeinsame Währung jedoch wenig verändert bei ca. 1,1550 USD in den Handel.
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ist im vollen Gange und der Gastgeber präsentiert sich bisher in einer ausgezeichneten Form. Überzeugen kann seit geraumer Zeit auch die Landeswährung. So schaffte es der Rubel sich gegenüber dem Euro von seinem bisherigen Jahrestief bei 80,4965 RUB deutlich zu entfernen und aktuell notiert der Euro bei 73,75 RUB.
Auch in dieser Berichtswoche setzten die Privatanleger auf Altbekanntes. Favorisiert wurden hierbei Fremdwährungsanleihen auf US-Dollar, türkische Lira, norwegische Kronen, australische Dollar sowie vereinzelt russische Rubel.
Disclaimer
Die Baader Bank AG ist eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten.
Als Market Maker ist die Bank für die börsliche und außerbörsliche Preisfindung von über 800.000 Finanzinstrumenten verantwortlich.
Im Investment Banking entwickelt sie Finanzierungslösungen für Unternehmen und bietet institutionellen Anlegern umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten.
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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