EZB könnte Forward Guidance zu Anleihekäufen anpassen
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) und EZB-Präsident Mario Draghi stehen in dieser Woche vor einer schwierigen kommunikativen Aufgabe.
Drei Wochen nach Hinweisen Draghis auf eine bevorstehende Normalisierung der Geldpolitik, die an den Finanzmärkten deutliche Spuren hinterließen, steht das Gremium vor der Frage ob und wie es weitere Hinweise in dieser Richtung geben soll.
Volkswirte wollen eine Änderung der Forward Guidance zu den Anleiheankäufen nicht ausschließen, nachdem die EZB bereits Anfang Juni den Passus aus ihrem geldpolitischen Statement gestrichen hatte, dass sie weitere Zinssenkungen für möglich hält. Die EZB gibt ihre geldpolitischen Entscheidungen, zu denen auch die Forward Guidance zu den Anleihekäufen gehört, am Donnerstag um 13.45 Uhr bekannt. Gegen 14.30 Uhr beginnt eine Pressekonferenz mit Draghi.
Draghi hatte in einer viel beachteten Rede beim geldpolitischen Symposium in Sintra am 27. Juni seine Bereitschaft zur Anpassung der Geldpolitik an die anhaltende Konjunkturerholung angedeutet und damit deutliche Reaktionen an den Finanzmärkten hervorgerufen.
Draghis Sintra-Rede löste deutliche Renditeanstiege aus
Wörtlich sagte der EZB-Präsident: "Wenn die Erholung anhält, dann wird eine unveränderte Geldpolitik akkommodierender, und die Zentralbank kann die Erholung begleiten, in dem sie die Parameter ihrer Politikinstrumente anpasst - nicht, um die geldpolitische Ausrichtung zu straffen, sondern um sie weitgehend unverändert zu halten."
Tatsächlich haben sich die Wachstumsaussichten in den vergangenen Monaten stetig verbessert, während die Inflation zugleich eher schwächer als erwartet blieb. Nach Meinung vieler Analysten wird das Handeln der EZB aber nicht nur von den Inflationsaussichten bestimmt, sondern auch von der Tatsache, dass ihr die ankauffähigen Anleihen ausgehen - mehr als ein Drittel der Papiere eines Landes oder einer Emission darf sie nicht besitzen. Draghis Worte bedeuteten aus Sicht vieler Analysten nichts anderes als eine offizielle Anerkennung dieser Tatsache.
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen hat sich seither mehr als verdoppelt, der Abstand zu den Renditen anderer Eurozone-Länder ist markant gestiegen und der Euro hat von 1,11 auf 1,14 US-Dollar zugelegt. Die Kreditkosten deutscher Unternehmen stiegen in der Woche von Draghis Rede nach Erkenntnissen von Barkow Consulting so stark wie zuletzt vor über fünf Jahren. Seither haben sie sich weiter erhöht.
Bisher keine verbalen Interventionen gegen höhere Zinsen
Glaubwürdige verbale Interventionen der EZB gegen solche Entwicklungen hat es in den Wochen seit Sintra nicht gegeben. Dabei heißt es im geldpolitischen Statement der EZB doch bisher: "Sollten sich die Finanzierungsbedingungen in einer Weise verändern, die dem Ziel einer nachhaltig höheren Inflation zuwiderlaufen, würde der EZB-Rat Volumen und/oder Dauer des Ankaufprogramms erhöhen."
"Das Kommuniqué wird wohl nicht mehr den Satz enthalten, dass die EZB das Volumen der monatlichen Anleihenkäufe bei Bedarf erhöhen könnte", prognostiziert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vor diesem Hintergrund. Und Nordea-Ökonom Jan van Gerich meint: "Dieser (Easing)-Bias könnte nun verschwinden oder etwas neutraler gestaltet werden, um den Pfad bis zur nächsten Tapering-Ankündigung im Herbst etwas zu glätten."
Allerdings fehlt es auch nicht an Beobachtern, die eine vorsichtigere Gangart des EZB-Rats erwarten, denn manchem steht das Beispiel des 2013 vom damaligen Fed-Chef Ben Bernanke ausgelösten Anstiegs der Anleiherenditen ("Taper-Tantrum") warnend vor Augen.
Manche Beobachtet erwarten sehr vorsichtiges Agieren des EZB-Rats
So sagt zum Beispiel Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding: "Er wird vermutlich versuchen, die Märkte zu beruhigen und deshalb die Zusage, Anleihekäufe notfalls auszuweiten, erst im September zurücknehmen." Möglich sei aber auch, dass die EZB zwar das Verlängern weiterhin in Aussicht stelle, aber nicht mehr ein höheres Ankaufvolumen pro Monat.
Eine Änderung des tatsächlichen Ankaufvolumens - derzeit monatlich 60 Milliarden Euro - oder des Ankaufhorizonts - vorerst Ende 2017 - erwarten Analysten für Donnerstag ebenso wenig wie eine Änderung der Leitzinsen.
DJG/hab/sha Dow Jones Newswires
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