Bankanleihen nach den Rettungsaktionen
Vom umgekehrten Leverage-Effekt profitieren
Von Thomas Wüst, Geschäftsführer Valorvest Vermögensverwaltung
Mit einer Mehrheit von 473 Stimmen hat der Bundestag dem europäischen Hilfsprogramm zur Sanierung des spanischen Bankensektors zugestimmt. Seit dem Fall von Lehman Brothers im September 2008, der darauffolgenden Immobilienkrise in den USA sowie der Finanzkrise in der Eurozone mussten zahlreiche Banken rund um den Globus durch staatliche Hilfszahlungen vor dem Kollaps gerettet werden.
Dabei gab es die Staatshilfen für die Banken bislang nicht umsonst – sie waren jeweils mit entsprechenden Auflagen verbunden. Banken, die Staatshilfen in Anspruch genommen haben, wurden zumeist unter anderem dazu verpflichtet, sich künftig auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und sich von besonders risikobehafteten Geschäftsfeldern zu trennen. In den Chefetagen der betroffenen Banken mussten Maßnahmen zum Abbau der Bilanzsumme bzw. sogenannte Desinvestitionsstrategien ausgearbeitet werden. „Deleveraging“ war und ist angesagt. Ein Schicksal, das nun auch den betroffenen spanischen Banken bevorsteht.
Was bedeutet dieser umgekehrte Leverage-Effekt für Investoren? Die Verkürzung der Bilanz, der Rückzug aus risikobehafteten und damit auch renditeträchtigen Geschäftsfeldern sowie die Erhöhung der sogenannten Kernkapitalquote führen dazu, dass die Eigenkapitalrendite der Banken, die staatliche Hilfen in Anspruch nehmen bzw. genommen haben, unter Druck gerät. Parallel dazu führen auch strengere Regularien durch die Bankenaufsicht generell dazu, dass die Eigenkapitalrentabilität der Branche sinkt. Und dies ist einerseits natürlich schlecht für die Aktionäre bzw. Eigenkapitalgeber.
Andererseits sind all diese Maßnahmen, die zur Stärkung des Eigenkapitals maroder Banken dienen, jedoch gut für die Anleihegläubiger bzw. Fremdkapitalgeber. Kurz- bis mittelfristig führt eine erhöhte Eigenkapitalquote dazu, dass die Sicherheit für die Anleiheinvestoren zunimmt. Insofern befinden sich die Anleihegläubiger von Banken, die durch staatliche Hilfszahlungen gestützt werden, noch auf der Sonnenseite, während die Bankaktionäre bis auf weiteres im Regen stehen.
Ausgewählte Bankanleihen bieten nach wie vor einen deutlichen Renditeaufschlag gegenüber deutschen Pfandbriefen und Staatsanleihen. Für Anleiheinvestoren sind diese Banktitel daher durchaus attraktiv und es ist davon auszugehen, dass deren Renditen durch den Anlagenotstand an den Finanzmärkten sowie die üppig vorhandene Liquidität noch weiter zurückgehen werden. Es winken daher neben attraktiven Zinskupons zusätzliche Kursgewinne.
Doch aufgepasst: durch die staatlichen Interventionen werden auch notwendige Marktbereinigungen im Bankensektor verhindert. Inwieweit staatlich gestützte Banken, insbesondere in Märkten mit einer hohen Bankendichte, durch eine Konzentration auf das Kerngeschäft nachhaltig überlebensfähig sind, muss abgewartet werden. Durch den Margenrückgang im Einlagen- und Kreditgeschäft sowie im Zahlungsverkehr ist die Bankenbranche auf zusätzliche Einnahmequellen, wie aus dem Eigenhandel, dem Provisionsgeschäft oder dem Investmentbanking angewiesen. Daher sollten Investoren bei der Auswahl der Bankanleihen darauf achten, inwieweit die betroffenen Institute trotz der laufenden Desinvestitionsstrategie auch eine Zukunft haben. Die laufende Quartalsberichtssaison wird hier für die Anleihegläubiger von staatlich gestützten Banken nur bedingt Einblicke über die nachhaltige Zukunftsfähigkeit des jeweiligen Geschäftsmodells geben. Die Politik des billigen Geldes der Notenbanken übertüncht derzeitig noch wackelige Geschäftsmodelle.
Fazit:
Banken, die Staatshilfen erhalten, sind kurz- bis mittelfristig für Anleiheinvestoren interessante Adressen, die jedoch dauerhaft eine regelmäßige Überwachung erfordern; die Aktionäre der betroffenen Banken werden durch den Deleveraging-Prozess und die zunehmende Regulierung des Bankensektors unter rückläufigen Eigenkapitalrenditen leiden. Des Fremdkapitalgebers Freud ist des Eigenkapitalgebers Leid.
In diesem Zusammenhang noch zwei Tipps:
- Finger weg von nachrangigen Bankanleihen schwacher Emittenten.
- Bei dem Kauf von Bankanleihen ausländischer Emittenten sollte die Quellensteuerregelung des jeweiligen Landes beachtet werden, was insbesondere für italienische und spanische Emissionen gilt.
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