Vermögensverwalter-Kolumne

Anleihen aus Schwellenländern – die besseren Staatsanleihen?

30.07.12 11:58 Uhr

Anleihen aus Schwellenländern – die besseren Staatsanleihen? | finanzen.net

Schon in der Vergangenheit waren Staatsanleihen keineswegs für Anleger sicher.

von Gregor Müller, NOVETHOS Financial Partners

Man denke nur an Argentinien-Anleihen oder Rußland-Bonds. Damals ereigneten sich Krisen jedoch fast ausschließlich in den Schwellenländern: die „Tequila-Krise“ in Mexiko 1994, die Asien-, Russland- und Brasilienkrise in den Jahren 1997 – 1999 oder die Argentinien-Krise 2001. Hohe Leistungsbilanzdefizite sowie geringe Devisenreserven der Emissionsländer brachten Zahlungsausfälle mit sich und führten in Folge zu einem hohen Vertrauensverlust unter den Anlegern und teilweise deutlichen Wertverlusten.

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Staatsanleihen von den etablierten Industrieländern galten hingegen in der Vergangenheit als absolut sicher. Doch mit der Verschärfung der Euro-Schuldenkrise sind sogar Staatsanleihen von Euro-Ländern in die Aufmerksamkeit von Investoren gerutscht, Qualität und Haushaltsstruktur der emittierenden Staaten spielen eine immer stärkere Rolle bei Investitionsentscheidungen. Seit dem Schuldenschnitt Griechenlands sowie der sich zuspitzenden Situation in Spanien sind Ausfallszenarien auch für etablierte Volkswirtschaften Realität geworden. Anleihen aus Schwellenländern geniessen dagegen immer grösseres Vertrauen bei Investoren.

Ist dieser Wandel gerechtfertigt?

Dazu ein kurzer Blick zurück: Angeführt von den BRIC-Staaten, haben die Schwellenländer eine atemberaubende Aufholjagd begonnen. Mittlerweile gehören China, Brasilien und Indien zu der Gruppe der zehn größten Volkswirtschaften. Knapp die Hälfte des kaufkraftbereinigten Weltsozialproduktes wird in den Schwellenländern erwirtschaftet, die darüber hinaus Motor für das globale Wachstum sind: ¾ des für die nächsten Jahre erwarteten Wirtschaftswachstums wird in den Schwellenländern erwirtschaftet werden. Die demographische Entwicklung unterstützt diesen Prozess: Die Weltbevölkerung wächst fast ausschliesslich in den Schwellenländern, während die Bevölkerung in Europa und vor allem in Japan immer älter wird und tendenziell schrumpft.

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Daneben stechen auch qualitative Faktoren ins Auge:

Während die etablierten Volkswirtschaften in den letzten 5 Jahren die Staatsverschuldung von 76% des Bruttosozialproduktes auf über 100% hochgeschraubt haben, bleiben die Schwellenländer mit aktuellen 35% Staatsverschuldung sogar unter dem Niveau von 2006. In den nächsten 5 Jahren dürfte das Verhältnis nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds sogar auf unter 30% sinken. Auch die Leistungsbilanz spricht deutliche Worte: Kontinuierlichen Leistungsbilanzdefiziten in den Industrieländern stehen deutliche Leistungsbilanzüberschüsse in den Schwellenländern gegenüber. Dies hat dazu geführt, dass mittlerweile 70% der weltweiten Devisenreserven von den Schwellenländern gehalten werden, die damit zum Kapitalgeber für die Industrieländer geworden sind. Diese Leistungsbilanzüberschüsse und die hohen Devisenreserven machen heute die Schwellenländer weniger anfällig für Krisen als noch in der Vergangenheit.

Fasst man all diese Faktoren zusammen, erscheinen heute Staatsanleihen aus Schwellenländern unter qualitativen Gesichtspunkten als sichere Anlagen, während die Industriestaaten immer mehr an Vertrauen verspielen.

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Die Risiken darf man jedoch nicht ganz aus dem Auge verlieren: Die Globalisierung hat die Welt enger zusammen rücken lassen. Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Industrie- und Schwellenländern sind enger geworden. Exportorientierte Industrieländer profitieren vom Aufholprozess der Schwellenländer, aber umgekehrt brauchen die Schwellenländer auch eine gesunde Entwicklung in den Industrieländern für ihr zukünftiges Wachstum. Die demographische Entwicklung (wachsende Bevölkerung und steigender Wohlstand) sorgt in den Schwellenländern aber auch für eine steigende Bedeutung der Binnennachfrage für die wirtschaftliche Entwicklung.

Diese Trends – ein ungebrochener Aufholprozess, steigende Bevölkerungszahlen und wachsender Wohlstand – werden für die nächsten Jahre weiter Bestand haben. Damit sind Anleihen aus Schwellenländern als Beimischung in einem breit diversifizierten Portfolio, je nach Risikoneigung des Kunden, absolut geeignet. Mittlerweile gibt es neben aktiv gemanagten Fonds auch eine Anzahl ETFs, die die Entwicklung von Indizes mit Schwellenländeranleihen nachbilden, wahlweise in Hartwährung (USD) oder sogar in lokaler Währung. Dabei muss allerdings immer auch das Währungsrisiko im Auge behalten werden.

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Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.