Konsumrausch durch Bankenunion?
Euroland scheint nur noch durch ein erzwungenes Zusammenwachsen überleben zu können.
Das ist zumindest die Meinung unserer Politiker. Das bedeutet, dass der Fiskalpakt kommen wird und somit auch der Haftungsverbund für neue Schulden. Ob allerdings eine Bankenunion Sinn macht, darf zumindest ebenfalls bezweifelt werden.
Die viel diskutierte Bankenunion, d.h. einheitliche Regeln und einheitliche Überwachung für die 19 wichtigsten europäischen Großbanken, hat alle Eigenschaften, die es zum Unwort des Jahres machen könnte. Auch wenn die Deutschen ebenso wenig wie viele Politiker wissen, wie die Ausgestaltung und die Regularien für die Bankenunion aussehen sollen, spüren sie, dass die Risiken des europäischen Bankensystem sozialisiert werden sollen. Dabei sollen die Lasten und Risiken wohl auch auf die nationalen Sicherungssysteme übergehen. Nach dem Verständnis der Bevölkerung soll der deutsche Einlagensicherungsfonds dann also auch für spanische, portugiesische oder italienische Banken haften. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre glaubt wahrscheinlich keiner mehr daran, dass für die Einrichtung gesetzliche Grundlagen oder auch eine demokratische Legitimierung notwendig sind. Dann lieber das Ersparte in den Konsum oder in Immobilien fließen lassen, ist bereits jetzt die Einstellung der Deutschen.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Immobilienpreise allein in München in den vergangenen zwei Jahren um 25% gestiegen sind. 2011 verteuerten sich Häuser und Wohnungen bundesweit durchschnittlich um 5%.
Vorbereitung auf den griechischen Exit
Wann wird Griechenland geopfert?
Die Staatsschuldenkrise scheint sich schneller zu entwickeln, als es den Politikern lieb ist. Sie reagieren mehr als sie agieren. So wollen sich die Politiker in Brüssel für einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands nach der Wahl am Sonntag wappnen. Es wird seit wenigen Tagen über eventuelle Maßnahmen wie Grenzkontrollen beraten, um eine „drohende Kapitalflucht“ einzudämmen, heißt es in einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters. Es wird auch über eine Begrenzung der Bargeldabhebung in Griechenland diskutiert. Tatsächlich zeigt aber die Entwicklung der Geldmenge M3, die Targetsalden und der Anstieg der Immobilienpreise in den Metropolen Europas, dass die Kapitalflucht schon seit Monaten im Gang ist. Bis zu 1 Mrd. € werden wöchentlich seitens der Bürger von den Konten abgehoben. Politische Entscheidungswege sind also wesentlich langsamer als die Realität. Auf eine Super Slow Motion wie bei den Fernsehübertragungen der Fußball-Europameisterschaft können die Politiker halt nicht zurückgreifen.
Aber es ist zu befürchten, dass wir am Sonntag nicht viel schlauer sind. Denn bei einer knappen Mehrheit der Reformwilligen geht die Zitterpartie weiter.
Neidisch auf Spanien
Nachverhandlungen unterm Rettungsschirm?
Die Ankündigung des Hilfspaketes für die spanischen Banken hat bei Politikern der anderen gestrauchelten Länder Begehrlichkeiten geweckt. Ohne dass bisher konkrete Bedingungen und Vorgaben für die spanischen Banken bekannt wurden, haben Politiker in Portugal und Griechenland sofort, mit dem Verweis auf Spanien, Nachverhandlungen gefordert. Es sei nicht akzeptabel, dass Spanien Geld ohne Auflagen bekomme, hieß es. Die Helenen frohlocken und sehen für sich bereits eine neue Perspektive, sich aus dem engen Korsett der Regulierungen zu befreien. Man mag es kaum glauben, aber gerüchteweise richten sich die Politiker in Brüssel schon auf Nachverhandlungen ein. Man werde für Griechenland das Möglichste tun, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy – wenn es seine Verpflichtungen erfülle. Doch davon ist man offenbar weit entfernt, wenn man den Äußerungen der Troika Glauben schenken darf. Weitere Zugeständnisse Europas an die Hellenen erschüttern allerdings noch mehr die Glaubwürdigkeit. Und mangelnde Glaubwürdigkeit bestrafen die Kapitalmärkte. In Griechenland steht nicht nur am Sonntag eine richtungsweisende Wahl an, kurz darauf ist sogar eine größere Anleihe fällig. Für die Griechen schlägt wohl in Kürze die Stunde der Wahrheit.
Staaten wollen Banken nicht mehr retten
Vom Bond- zum Shareholder
Die großen Banken dieser Welt sind der Politik seit dem Ausbruch der Finanzkrise ein Dorn im Auge. Aus politischer Sicht ist zu viel Geld zur Stützung der Banken aufgewendet worden. Das jüngste Beispiel ist Spanien, wo sich die Regierung aus den EU-Rettungstöpfen bis zu 100 Mrd. Euro holen will. Das meiste Geld ist zur Stabilisierung des unter der Immobilienkrise leidenden Bankensektors gedacht. Ob weitere Gelder gebraucht werden, um europäische Banken zu retten, bleibt abzuwarten. Bereits früh signalisierten Politiker, dass sie Banken künftig möglichst nicht mehr retten wollen. Banken sollen im Krisenfalle auch abgewickelt werden können, um Anleiheinvestoren bei einer Bankenrettung zur Kasse bitten zu können. Jetzt gibt es hierfür die ersten Regeln. Die Europäische Kommission hat Regeln (Crisis Management Directive) aufgestellt, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die nationalen Gesetze müssen spätestens zum 1. Januar 2015 etabliert sein, um am 1. Januar 2018 greifen zu können.
Für den Inhaber von länger laufenden (Laufzeit über den 1.1.2018 hinaus) unbesicherten Bankanleihen bedeutet dies, dass er - falls die Bank zum Rettungs- oder Abwicklungsfall wird - an den Verlusten teilnehmen wird. In der Praxis wird seine Anleihe zur Verlustbeteiligung herangezogen. Dies kann in Form einer Nennwertherabsetzung oder einer Umwandlung in Aktien erfolgen. Auf diese Möglichkeit muss sich der Gläubiger von Anleihen einstellen. Die Renditen vieler unbesicherter Bankanleihen sind mittlerweile so hoch, dass sich High-Yield-Fonds dafür interessieren. Wer gerne Bankanleihen im Portfolio hat und trotzdem ruhig schlafen will, sollte sich Pfandbriefe und ähnliche Produkte aussuchen, sie sind im Liquidationsfall ausgenommen.
Corporates: Die Emittenten kehren zurück
Die vor Ostern begonnene Durststrecke scheint beendet. Während der Handelswoche war eine Großzahl von namhaften Emittenten am Primärmarkt aktiv. Auch die Tatsache, dass sich Spanien unter den Schutz des EFSF stellte, tat diesem Strom keinen Abbruch.
Der Reifenhersteller Michelin begab eine Anleihe in Höhe von 400 Mio. €. Für die Anleihe mit einer Laufzeit bis 2019 muss das mit Baa1 geratete Unternehmen seinen Gläubigern einen Kupon von 2,75 % bieten.
Als zweiter Emittent aus der Automobilbranche platzierte Volkswagen einen bis September 2015 laufenden Bonds über 1,0 Mrd. €. Der festgeschriebene Zinssatz beläuft sich auf 1,5%.
Auch der Düngemittelhersteller Kali & Salz traute sich aus der Deckung und begab eine 10-jährige Anleihe mit einer jährlichen Verzinsung von 3,0% und einem Volumen von 500 Mio. €. Das DAX Unternehmen wird von der Ratingagentur Moody’s mit Baa2 bewertet.
Die drei Anleihen haben allerdings eine Mindeststückelung von 100.000,-€, was sie wohl eher für institutionelle Anleger interessant macht.
Allerdings emittierte der amerikanische Mischkonzern General Electric eine privatanlegerfreundliche Anleihe, mit einer kleinsten handelbaren Einheit von 1.000,- €. Der mit einem 2,875% Kupon ausgestattete Bonds hat eine Laufzeit bis Juni 2019. Das Emissionsvolumen beläuft sich auf 1,25 Mrd. € Zudem wird dem Unternehmen ein Rating von A1 bescheinigt.
Euro-Bund-Future
Endspiel für Griechenland
Spanien sorgt aktuell für Furore in Europa, allerdings nicht bei der jetzt stattfindenden Fussball-Europameisterschaft, sondern an den internationalen Kapitalmärkten. Der Entschluss Spaniens, sich helfen zu lassen, wurde von dem Markt zuerst positiv aufgenommen, doch die Freude währte nur kurz. Die Nervosität und die Unsicherheit bei den Anlegern ist extrem hoch. Vor allem die Ungewissheit über die weitere Entwicklung Spaniens und die bevorstehenden Wahlen in Griechenland lassen den Markt nicht zur Ruhe kommen. Als wenn dies nicht schon genug Stress erzeugen würde, rückt auch Italien mit seinen Problemen wieder stärker in den Fokus und wird zum Spielball der Märkte.
So zeigt sich auch der Euro-Bund-Future in den vergangenen Handelstagen sehr schwankungsintensiv. Nach dem Rollover in den September-Kontrakt vergangene Woche bewegte er sich in der Spanne zwischen 141,44% und 144,18%.
Aus der Sicht der Charttechnik ergibt sich bei 144,20% die nächste Widerstandslinie, mit Blick nach unten ist die nächste wichtige Marke bei 140,68% zu nennen.
Staatsanleihen und sonstige Neuemissionen
USA über die gesamte Kurve am Markt
Auch Deutschland muss wieder etwas höhere Zinsen zahlen
In dieser Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen eines siebentägigen Refinanzierungsgeschäfts dem Geldmarkt die vorgesehenen 212 Mrd. € entzogen. Dieser Betrag entspricht der Summe der im Rahmen des Ankaufprogramms abgewickelten Transaktionen. Die EZB war, wie in den zwölf Wochen zuvor, nicht am Kapitalmarkt aktiv. Somit erhielt die EZB von 72 Instituten (Vw.: 70) Gebote über 318,560 Mrd. € (Vw.: 459,846 Mrd. €). Der marginale und gewogene Durchschnittssatz betrug unverändert 0,26%.
In den USA wurden in dieser Handelswoche den Investoren sowohl kurzfristige als auch langfristige Wertpapiere zum Kauf angeboten. Dabei handelte es sich um 30 Mrd. US-Dollar als 4-Wochen-, 30 Mrd. US-Dollar als 3-Monat-, 27 Mrd. US-Dollar als 6-Monat-T-Bills, 32 Mrd. US- Dollar als 3-Jahre-, 21 Mrd. US-Dollar als 10-Jahre und 13 Mrd. US-Dollar als 30-Jahre-T-Bonds.
In Euroland wurden in dieser Handelswoche diverse Altemissionen Österreichs (A1GZRQ / 2022; A1GZRP / 2062), Spaniens (A1AJXS / 2014; A1GU8C / 2016; A1GXLB / 2022), Frankreichs (872522 / 2019; A1GZ7K / 2022; A1AYTR / 2026; A1AUUV / 2060), Italiens (A1G2JD / 2015; 881970 / 2019; A1ANBA / 2020) und der Niederlande (A1G12E / 2033) aufgestockt und auch Deutschland stillte seinen Kapitaldurst. Einerseits wurde das Volumen der zehnjährigen Anleihe der Bundesrepublik Deutschland -113547- um 5 Mrd. € auf 15 Mrd. € erhöht. Die Auktion der im April 2022 fälligen Anleihe war 1,4-fach überzeichnet und die Durchschnittsrendite lag bei 1,52%. Andererseits wurde auch die inflationsindexierte Bundesanleihe -103053- mit der Fälligkeit 04/2018 um 1 Mrd. € auf insgesamt 6 Mrd. aufgestockt. Die Auktion war 2,2-fach überzeichnet, obwohl die reale Durchschnittsrendite bei -0,31% lag.
Währungsanleihen
Volatilität unverändert hoch
Diese Handelswoche stand für den Euro unter keinem guten Stern. Trotzdem konnte er sich gegenüber dem USD-Dollar etwas von seinem Zwei-Jahres-Tief (1,2286 vom 01.06.2012) auf 1,2565 entfernen. Aktuell befindet er sich in einer äußerst volatilen Seitwärtsbewegung. Diese hohe Nervosität ist auf die sonntäglichen Wahlen in Griechenland und die politischen Treffen im Laufe der nächsten Woche zurück zuführen. Aber auch im Vergleich mit anderen Alternativwährungen, wie z.B. dem ungarischen Forint, gab es diese Woche für den Euro keinen Blumentopf zu gewinnen. Nachdem er aufgrund politischer Turbulenzen in Ungarn am 01.06.2012 ein Allzeithoch mit 307,40 zur ungarischen Leitwährung erreichte, fiel er mittlerweile wieder bis auf 295 zurück.
Immer mehr Privatanleger versuchen sich mittlerweile gegen die Eurorisiken mittels Fremdwährungsanleihen abzusichern. Während dieser Handelswoche haben wir in der Skontroführung vermehrt Umsätze in Anleihen lautend auf türkische Lira, norwegische Kronen und australische Dollar, wahrgenommen.
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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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