Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Die Krise ist tot, es lebe die Krise

19.04.12 13:56 Uhr

Die Krise ist tot, es lebe die Krise | finanzen.net

Auch in dieser Woche lässt die Krise in Europa die Märkte nicht zur Ruhe kommen.

Spanische Anleihen haben zu Wochenbeginn die kritische Marke von 6% Rendite passiert. Nach der erfolgreichen Platzierung der Geldmarkttitel konnte sich der Markt zwar vorübergehend wieder beruhigen, aber nach neuerlichen Befürchtungen über Schwierigkeiten bei der heutigen Begebung zehnjähriger Anleihen stieg das Krisenbarometer (Euro-Bund-Future) erneut an. Die negativen Meldungen aus Italien -Verschiebung der Haushaltssanierung als Folge der Rezession- waren auch nicht zur Aufhellung der Stimmung geeignet. Dass die zehnjährigen Credit Default Swaps für Spanien mit 510 Basispunkten ein neues Hoch markierten, veranlasste die Marktteilnehmer zu Spekulationen über ein baldiges Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB hat allerdings -ungeachtet des Drucks an den Anleihemärkten- in der zurückliegenden Woche keine Staatspapiere von Euroländern neu angekauft. Das so genannte SMP Programm lässt sie bereits seit einigen Wochen weitestgehend ruhen. Warum aber lassen die Notenbanker einen Anstieg der spanischen Renditen auf über 6% zu? Wartet man nur auf den richtigen Zeitpunkt für einen neuen Dreijahrestender oder ein neues Anleihekaufprogramm?

Es ist aber durchaus möglich, dass man den Anstieg der Anleiherenditen billigend in Kauf nimmt, um im Rahmen einer erzieherischen Maßnahme den Druck auf die Staatsregierungen zu erhöhen, damit diese die Haushaltssanierung vorantreiben. Es gilt nämlich, die falschen Signale des griechischen Schuldenschnitts für Nachahmer zu entkräften.

Spanien will sich gesund reden
Verrohung der Sitten

Grenzenloses Selbstvertrauen oder Ignoranz? „Spanien wird keine Unterstützung brauchen. Eine Rettung ist nur notwendig, wenn sich ein Land, wie im Falle Griechenlands oder Portugals, nicht mehr am Markt refinanzieren kann", ließ sich Wirtschaftsminister Luis De Guindos in der Tageszeitung "El Mundo" zitieren. Diese Darstellungen erinnern aber sehr stark an die Kommentare griechischer Politiker. Der Begriff „Déjà vu“ macht immer mehr die Runde und somit wächst das Misstrauen der Märkte von Stunde zu Stunde. Inzwischen muss die spanische Regierung für Geldmarkttitel mit einer Laufzeit von 12 Monaten mit 2,62% eine höhere Rendite als Deutschland für 30 Jahre zahlen.

Knüppeldick trifft es Spanien aber auch in anderer Hinsicht. Sowohl der wirtschaftliche Streit zwischen Argentinien und Spanien als auch die Angst vor der größten Dürre seit 70 Jahren lassen die spanischen Bürgerinnen und Bürger mit Unbehagen in die Zukunft blicken. Ist das Aufbegehren Argentiniens ein Ausnutzen der politischen Unfähigkeit Spaniens zu einer Reaktion? Es könnte einem in den Sinn kommen, denn die finanziellen Mittel für neue Investitionen fehlen und man hat selbst genügend Probleme zuhause. Ist das der neue Umgang mit Spanien oder nur ein Beispiel für die Verrohung der Sitten?

Liberales China
Der Beginn einer wundersamen Freundschaft

Der nicht frei konvertierbare Yuan darf seit Montag eine verdoppelte, also eine einprozentige Schwankungsbreite im Wechselkursverhältnis mit dem Dollar haben. Die Regierung in Peking hat sich dazu entschlossen, die Wechselkursbildung des Yuan stärker den Märkten zu überlassen. Mit dem flexibleren Wechselkurs gibt Peking auch eine „künstliche Unterbewertung“ ihrer Währung auf, die den Export förderte. Gibt das Reich der Mitte damit pro Forma einer Forderung der Amerikaner nach? Oder ist es nicht vielmehr ein wichtiger Liberalisierungsschritt auf dem Weg einer langfristigen Etablierung des Yuan als internationale Reservewährung? Ohne Hintergedanken wird man sich sicherlich nicht zu diesem Schritt entschlossen haben, denn liberal und China passt nicht zusammen. Da China „lediglich“ noch ein Wachstum von 8,1% ausweist, ist man aber auch auf das Wohlwollen der Exportpartner angewiesen, um das politisch wichtige Wachstum zu erhalten. Es ist also ein Geben und Nehmen! Aber auch die westlichen Industriestaaten sind auf die Volkswirtschaft China angewiesen und somit entsteht eine wundersame Freundschaft.

Neue Zeiten beim IWF
Aufbegehren der Schwellenländer

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen darüber wie die Weltwirtschaft künftig vor Turbulenzen durch den Finanzsektor geschützt werden soll. Während EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der Meinung ist, dass Europa bereits seinen Beitrag geleistet hat, sehen dies die Schwellenländer ganz anders. Dies wird deutlich am Versuch des Internationalen Währungsfonds, (IWF) seine Ausleihkapazitäten um 500 Mrd. US-Dollar zu erhöhen. Nachdem bereits die USA sich verweigern, wehren sich nun auch die Schwellenländer gegen eine massive Ausweitung der IWF-Mittel für die Euro-Rettung. Brasilien und acht weitere lateinamerikanische Länder im IWF-Exekutivdirektorium werfen den Euro-Ländern sogar einen Machtmissbrauch vor, um die Mittel zu erzwingen. Darin und auch in der Kandidatur für den Chefposten der Weltbank wird das gesteigerte Selbstbewusstsein der Schwellenländer überdeutlich. Die Zeiten der „Ja-Sager“ sind vorüber!

Euro-Bund-Future
Die 141% im Blick!

Es scheint so, als wäre die Krise wieder neu entfacht und die Marktteilnehmer haben große Zweifel, ob die Schuldenkrise zu bewältigen ist. Vor allem die Angst um Spanien und Italien sorgt weiterhin für viel Unsicherheit. Daher waren Bundesanleihen als „sicherer Hafen“ gefragt. Das beherzte Zugreifen der Anleger bei den vermeintlich sicheren Anleihen verhalf dem Rentenbarometer zu einem neuen All-Time-High bei 140,56%. Nun verharrt der Bund-Future auf diesem hohem Niveau. Die weitere Entwicklung ist maßgeblich von der heute anstehenden spanischen Bond-Auktion abhängig. Verläuft diese nicht wie erhofft, so wird die psychologisch wichtige Marke von 141% in Angriff genommen. Bei einem nachhaltigen Durchstoßen ist die nächste Marke bei ca. 142,50% angesiedelt. Sollte das "Sorgenbarometer Euro-Bund-Future" infolge der Krisenentspannung aber unter Gewinnmitnahmen leiden, so wird die nächste Unterstützung bei 139,45% gesehen. Und erst bei einem nachhaltigen Durchbrechen dieses Bereichs ist ein Abrutschen bis auf 138,50% denkbar.

Corporates: Magere Kost am Primärmarkt
Unternehmen bleiben in Lauerstellung

Langsam erwacht der Primärmarkt aus dem Osterschlaf. Dennoch ist die Emissionstätigkeit noch als lethargisch zu bezeichnen. Dies ist insbesondere der wieder aufkeimenden EU-Schuldenkrise geschuldet. Nur wenige Unternehmen wagten sich an den Primärmarkt. Wie beim FC Bayern, setzte auch hier hauptsächlich Frankreich die Akzente. So konnte das französische Unternehmen für Elektrotechnik Legrand SA am Kapitalmarkt 400 Mio. € zu einem Zinssatz von 3,375% aufnehmen. Die Anleihe des mit A- gerateten Unternehmen hat ein Laufzeit von zehn Jahren. Die französische Holdinggesellschaft PPR, die unter ihrem Dach einige Nobelmarken vereint (u.a. Gucci, Yves Saint Laurent, Puma) war der Zweite im Bunde und konnte sogar 500 Mio. € an frischem Kapital einsammeln. Die 2019 fällige Anleihe beschert den Investoren eine jährliche Verzinsung von 3,125% und wird mit BBB benotet.

Staatsanleihen und sonstige Neuemissionen
Heute Auktion Spaniens

In dieser Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen eines siebentägigen Refinanzierungsgeschäfts dem Geldmarkt 214,0 Mrd. € (Vw.: 214 Mrd. €) entzogen. Dieser Betrag entspricht der Summe der -im Rahmen des Ankaufprogramms- abgewickelten Transaktionen. Auch in dieser Woche war die EZB am Kapitalmarkt nicht aktiv. Somit erhielt die EZB Gebote von 75 Instituten (Vw.: 66) über 438,324 Mrd. € (Vw.: 365,273 Mrd. €). Der gewogene Durchschnittssatz betrug 0,26% (Vw.: 0,26%).

In den USA wurden in dieser Handelswoche den Investoren neben Geldmarktpapieren auch eine inflationsindexierte Anleihe zum Kauf angeboten. Dabei handelte es sich um 30 Mrd. US-Dollar als 4-Wochen-, 30 Mrd. US-Dollar als 3-Monat-, 28 Mrd. US-Dollar als 6-Monat-T-Bills, sowie 16 Mrd. US-Dollar als 5-Jahre-TIPS.

In Euroland wurden in dieser Handelswoche zwei Altemissionen Frankreichs (A0DYDV / 2015; A1G02A / 2017) und in Deutschland die aktuelle 2-jährige Bundesschatzanweisung sogar um 5 Mrd. € auf insgesamt 15 Mrd. € aufgestockt. Die Zuteilung des 1,8-fach überzeichneten Wertpapiers erfolgte bei einer Durchschnittsrendite i.H.v. 0,14%.

Währungsanleihen: Berg- und Talfahrt beim Euro

Zu Beginn der Handelswoche musste der Euro seine Gewinne nach der Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten wieder abgeben. Er fiel sogar kurzzeitig unter die Marke von 1,30. Erst die positiven Konjunkturdaten in Euroland brachten die Gemeinschaftswährung wieder in das alte Fahrwasser zurück. Vor der heutigen spanischen Bondauktion pendelt der Euro aktuell um die 1,3150. Gegenüber dem südafrikanischen Rand und der schwedischen Krone konnte der Euro seine in der letzten Woche aufgestellten Drei-Monats-Hochs nicht verteidigen. Er fiel bis auf 10,2 respektive 8,83 zurück.

Im Vorfeld der anstehenden Entscheidungen sind die privaten Anleger weiterhin auf der Suche nach Anleihen in Alternativwährungen. Diese Woche wurden hauptsächlich Bonds auf australische Dollar, sowie auf skandinavische Währungen nachgefragt.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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