Wirtschaftsleistung

IMK senkt Wachstumsprognose für 2024 spürbar

26.09.23 11:17 Uhr

IMK senkt Wachstumsprognose für 2024 spürbar | finanzen.net

Die deutsche Wirtschaftsleistung wird nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) dieses Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen und kommendes dann nur verhalten um 0,7 Prozent zulegen.

Wie das IMK weiter mitteilte, bestätigten die Konjunkturfachleute damit die Erwartung zur Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für 2023, nahmen aber die Erwartung für 2024 "spürbar" um 0,5 Prozentpunkte zurück. "Die durch die Energiepreisschocks geschwächte deutsche Wirtschaft kommt auch in den kommenden Monaten nicht richtig in Gang, weil hohe Zinsen und eine verhaltene Weltkonjunktur bremsen", betonte das Institut.

Bei abnehmender Inflation und stärkeren Lohnsteigerungen erhole sich zwar ab dem dritten Quartal 2023 der private Konsum, diese positive Entwicklung komme aber so spät, dass sie die Rezession im Gesamtjahr 2023 nur etwas mildern könne. Die Inflationsrate werde 2023 noch hohe 6,0 Prozent betragen, im Jahresverlauf verringere sich der Preisauftrieb aber. 2024 dürfte die Teuerungsrate mit durchschnittlich 2,4 Prozent wieder relativ nahe am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Angesichts dieser Aussichten empfahl das IMK "eine Pause bei den EZB-Leitzinsen" sowie eine stärkere staatliche Unterstützung der sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft mit dem Schwerpunkt auf einer Absicherung gegen weiterhin hohe und volatile Strompreise.

"Der aktuelle Kurs der EZB birgt angesichts der bereits deutlich geschwächten Wirtschaft das Risiko einer übermäßigen Straffung, zumal sich die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen angesichts der erheblichen Wirkungsverzögerungen geldpolitischer Maßnahmen erst noch voll entfalten werden", warnte das IMK. Die Regierung müsse ihrerseits angesichts der "geldpolitisch verschärften Wirtschaftsflaute" und davon ausgehender Risiken für Mittelstand und Industrie Konzepte umsetzen, "die die hiesige Produktion sichern, bis der deutlich ausgeweitete Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung den Strompreis hinreichend senkt".

Finanzkrise weiter relevante Gefahr

Für die Prognose gingen die Ökonomen davon aus, dass es zu keinen weiteren Energiepreisschüben komme und sich der aktuell hohe Rohölpreis etwas zurückbilde. Ein erhebliches Risiko sahen sie darin, "dass die Wirkung der geldpolitischen Straffung stärker ausfällt als bisher erwartet, wobei auch eine Finanzkrise weiterhin eine relevante Gefahr darstellt". Die deutsche Wirtschaft werde sich auch 2024 nur schleppend erholen, denn die Zinserhöhungen wirkten sich auf unterschiedlichen Wegen negativ auf die Konjunktur aus: Einmal dämpften sie das Wachstum der Weltwirtschaft, gleichzeitig werde insbesondere die energieintensive Industrie weiter von hohen Energiepreisen behindert, gegen die die Leitzinserhöhungen wenig bewirkten.

Die starke Teuerung drückt dieses Jahr laut der Prognose weiter auf die realen Einkommen, auch wenn sich die nominalen Löhne spürbar kräftiger entwickelten als in den Vorjahren. Für 2024 erwartete das IMK dann wieder eine Erholung, weil bei niedrigerer Inflation wieder reale Lohngewinne zu verzeichnen seien. Die privaten Konsumausgaben sollen dementsprechend im Jahresmittel 2023 real um 0,5 Prozent sinken und 2024 dann wieder um 1,6 Prozent steigen.

Die Ausrüstungsinvestitionen entwickeln sich laut IMK-Prognose robust und steigen 2023 um 3,5 Prozent und 2024 um 3,3 Prozent. Dabei schlügen sowohl Ausgaben von Unternehmen für den klimafreundlichen Umbau ihrer Produktion zu Buche als auch die steigenden staatlichen Ausgaben für Verteidigung. Die lange Zeit kräftigen Bauinvestitionen brächen hingegen wegen erhöhter Kosten und Zinsen weiter ein. Nach einem Rückgang um 2,2 Prozent im Jahresdurchschnitt 2023 dürften sie 2024 um 4,3 Prozent zurückgehen.

Arbeitslosigkeit nimmt zu

Die Arbeitslosenquote steigt laut der Prognose im Jahresmittel 2023 auf 5,7 Prozent. Das entspreche rund 2,61 Millionen Menschen ohne Job - etwa 190.000 mehr als 2022. 2024 erhöhe sich die Arbeitslosenquote erneut leicht auf dann 5,9 Prozent. Die deutschen Ausfuhren gehen nach der Prognose 2023 um 1,5 Prozent zurück. Trotzdem leiste der Außenhandel in diesem Jahr rechnerisch einen kleinen positiven Wachstumsbeitrag, weil die Importe jahresdurchschnittlich um 2,2 Prozent sinken und damit noch stärker. 2024 sollen die Exporte leicht um 0,5 Prozent und die Importe kräftiger um 1,8 Prozent wachsen.

Der deutsche Staat steuert mit seinen Ausgaben nach der Analyse des IMK in diesem Jahr weniger stark gegen die schwächelnde Konjunktur an als noch vor einigen Monaten erwartet. 2024 würden die fiskalischen Impulse sogar leicht negativ ausfallen, weil finanzielle Anti-Krisen-Maßnahmen zurückgefahren würden, während etwa die Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung stiegen. Auf der konjunkturellen Habenseite stehe die langsame Erholung beim privaten Konsum. Stabilisierend auf die Konjunktur wirkten auch die kontinuierlich wachsenden Ausrüstungsinvestitionen.

Die Steuereinnahmen entwickeln sich 2023 nach den Berechnungen etwas schwächer, nicht zuletzt als Folge verschiedener steuerlicher Entlastungen. Zugleich setze der Staat zur Krisenbekämpfung noch erhebliche Mittel ein. Das trage zur Stabilisierung der Konjunktur bei, führe aber auch dazu, dass das öffentliche Budget 2023 ein Defizit von 2,2 Prozent aufweisen werde. Für das kommende Jahr ging das IMK für die öffentlichen Finanzen von einem restriktiveren Kurs und einem Rückgang des Defizits auf 1,8 Prozent aus.

BERLIN (Dow Jones)

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