Bundestagswahl: Welche Koalition gut für die Börse ist
Bei jedem Urnengang kursieren Listen von Gewinner- und Verliereraktien – je nach Ergebnis der Abstimmung. Wie der Wahlausgang die Aktienmärkte beeinflusst.
Werte in diesem Artikel
von Carl Batisweiler
Oh, wie schön ist Panama! Laut dem Index Economic Freedom of the World, der die wirtschaftliche Freiheit in 141 Ländern vergleicht, liegt Deutschland hinter dem mittelamerikanischen Land zurück. Belegte Deutschland im Vorjahr noch Platz 17, rangiert es in dem vergangene Woche vorgestellten Vergleich nur noch auf Rang 27 – zwischen der Slowakei und El Salvador und hinter Panama, Costa Rica oder Taiwan.
Mit Blick auf die Bundestagswahl am kommenden Wochenende ist dieses Ergebnis für Anleger besonders wichtig, denn: „Wirtschaftliche Freiheit ist eine Grundbedingung für rentable Investitionen“, so die Autoren der Studie. Doch es geht nicht nur um die Kapitalanlage allein. „Je größer die wirtschaftliche Freiheit einer Nation, umso höher das Pro-Kopf-Einkommen“, lautet das Ergebnis der Forscher aus mehr als 40 Ländern, die sich für die Studie die volkswirtschaftlichen Daten seit den 70erJahren angesehen haben.
Was also haben Anleger vom Ergebnis des Urnengangs zu erwarten? „Die entscheidende Frage lautet nicht, wer die Bundestagswahlen gewinnt, sondern ob wir eine konjunkturelle Trendwende sehen“, sagt Jürgen Meyer, Leiter für deutsche und europäische Aktien bei SEB Asset Management. Selbst wenn eine vermeintlich oder wirklich wirtschaftsfreundliche Regierung das Ruder übernehme, sei schnell Katzenjammer angesagt, weil auf die Wahlversprechen nach der Stimmabgabe meist die unbequemen Wahrheiten folgen. „Es gibt richtungsweisende Entscheidungen durch die Bundesregierung, um die es bei der anstehenden Wahl geht. Die Börsenkurse gehören jedoch nicht dazu“, so Meyer.
Auch bei Frankfurt Trust hat man sich in einer umfassenden Untersuchung mit den Auswirkungen der Bundestagswahl 2009 auf die Aktienmärkte beschäftigt. „Die aus Anlegersicht vor Wahlen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stets entscheidende Frage lautet: Überwindet die künftige Regierung die Krise, indem sie Investitionsanreize schafft, oder hemmt sie unternehmerische Initiative?“, so Studienleiter Raimund Saxinger. Das Fazit: „Je weniger dirigistisch sie in die Wirtschaft eingreift, desto besser für die Kurse.“
Direkt um den Wahltermin sind dennoch Einflüsse auf die Börsenkurse zu erkennen, wie Frankfurt Trust herausfand. Bei elf der 13 Wahltermine seit 1961 tendierten die Aktienkurse in den 100 Tagen vor dem Wahltermin seitwärts oder nach unten, während sie die 100 Tage im Anschluss Erfolgstendenzen aufwiesen. Besonders bei einem politischen Wechsel fielen unmittelbar nach der Wahl die Kurse, um sich nach der zweiten Woche deutlich zu erholen. „Tendenziell führte ein Wahlsieg der SPD mit rund elf Prozent zu volatileren Aktienmärkten, während die Volatilität bei Union-Siegen im Schnitt 6,9 Prozent betrug“, so Saxinger.
Doch, welche Aktien profitieren von welcher Parteienkonstellation? Saxinger: „Ein Sieg der Union könnte durchaus Kurssteigerungen bei Versorgerwerten auslösen. Allerdings ist eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke mit einer finanziellen Gegenleistung der Unternehmen verbunden.“ Und: „Gut möglich, dass eine Koalition unter Führung der SPD einen Kursschub für Unternehmen aus der Solarbranche mit sich bringt“ (siehe Investor-Info).
Das alte Motto „Politische Börsen haben kurze Beine“ bemüht hingegen SEB-Experte Meyer. „Faule Kompromisse wie die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken sollten kaum Einfluss auf Börsenkurs oder Bewertung haben“, sagt er. Im Finanzsektor würden die Rufe nach stärkerer Regulierung von nahezu allen politischen Vertretern kurzfristig ebenfalls kaum Auswirkungen haben, denn: „Negative Vorreiter sind vom Markt verschwunden oder aufgrund ihrer Finanzschwäche nicht mehr im Neu-Kreditgeschäft tätig.“ Und Professor Martin Bohl, der an der Uni Münster Monetäre Ökonomie lehrt, kommt in einer Studie über längerfristige Wechselwirkungen von Politik und Börsen zu dem Ergebnis: „Regierungen haben keinen Einfluss auf die Performance des Aktienmarkts.“
„It‘s the economy, stupid“, der Wahlslogan des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton im Jahr 1992, hat dennoch nichts an Aktualität verloren. Mit „Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf“ wollte Clinton klarmachen, dass alle schönen Politikversprechen nichts wert sind, wenn es den Unternehmen nicht gut geht.
Dennoch droht gerade hier die größte Gefahr für den Wohlstand in Deutschland – und langfristig auch für die Aktienmärkte. Aufgrund der hohen Ausgaben für die Rettungspakete für Banken und Unternehmen, aber auch für Rentengeschenke oder immense Subventionen für die Bereiche Agrar oder alternative Energien dürfte der Anteil der Staatsanteile am Bruttoinlandsprodukt 2009 die Marke von 50 Prozent überschreiten. 2008 betrug die sogenannte Staatsquote noch 44 Prozent. Auf diesen im internationalen Vergleich ohnehin hohen Wert würde sie nach Einschätzung der Beamten von Finanzminister Peer Steinbrück erst in einigen Jahren wieder sinken.
Der schwarz-rote Schulterschluss, eine Fortsetzung der Union-SPD-Koalition also, wie sie Kanzlerin Angela Merkel und ihr Stellvertreter Frank Steinmeier vergangenen Sonntag andeuteten, würde die Dominanz der politischen Funktionäre in der Wirtschaft jedoch auf Jahre zementieren. Merkel hat deutlich gemacht, dass sie bei aller Betonung der „segensreichen Sozialen Marktwirtschaft“ auf staatliche Eingriffe setzt. Den Selbstheilungskräften des Markts traut sie ebenso wenig wie der Wirkung von Wettbewerb.
Privatisierung ist bei der Union inzwischen kein Thema mehr. So sucht sie etwa bei der Deutschen Bahn Gemeinsamkeiten mit Politikern aller Couleur und Gewerkschaftern. Privatversicherten dagegen droht bei einer Fortsetzung der Großen Koalition die Enteignung ihrer Altersrücklagen zugunsten der von Merkel favorisierten gesetzlichen Krankenkassen. Und während Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zumindest bei Opel und Arcandor Zurückhaltung mit Hilfen auf Kosten der Steuerzahler anmahnte, verspricht sein Parteichef Horst Seehofer den Beschäftigten bei Quelle und Co noch immer neue Staatshilfen.
Private Anleger müssen bei allen Regierungskonstellationen außer Schwarz-Gelb mit Union und FDP zudem mit weiteren steuerlichen Belastungen rechnen. Dabei dürfte vielen erst bei der Abrechnung am Jahresende klar werden, welche bitteren Auswirkungen die generelle 25-Prozent-Steuer auf Aktiengewinne seit Jahresanfang schon jetzt hat.
Doch neben der Linkspartei erhebt nun auch die SPD die Forderung nach einer Börsenumsatzsteuer. Jeder Kauf oder Verkauf von Aktien an der Börse soll mit 0,5 Prozent des Umsatzes belastet werden. „Wer Börsenumsätze besteuert, macht die private Altersvorsorge unattraktiver“, klagt beispielsweise die Bayerische Börse. Benachteiligt wären nicht nur selbst aktive Anleger, sondern auch Fondssparer oder Versicherte, die ihre Rücklagen institutionellen Anlegern wie Versicherungen oder Banken anvertrauen.
Solche Steuern vertreiben Kapital erfahrungsgemäß ins Ausland oder in den außerbörslichen Graumarkt, wo dann auch keine Kontrolle oder Transparenz mehr möglich ist. Dabei liegt im Aktienhandel sicher nicht die Ursache der Finanzkrise.
Panamas Wirtschaftswachstum wird 2009 laut Schätzungen der UNO-Wirtschaftskommission übrigens rund sieben Prozent betragen, das Deutschlands minus fünf Prozent. Der konservative Präsident Ricardo Martinelli, der im Mai die Wahl gegen die Sozialdemokraten gewann, hatte den Bürgern mehr wirtschaftliche Freiheit versprochen.
Investor-Info:
RWE
Gefahr von der linken Seite
„Kaufen Sie keine Versorgeraktien“, rät Exane BNP-Paribas-Anlegern in ihrem neuesten Strategiepapier und zählt auch RWE als Teil dieser No-go-Area auf. Die Analysten erwarten für den Sektor weniger Gewinn als noch kürzlich angenommen, auch bleibe die Kursentwicklung wohl hinter anderen Branchen zurück. Klar ist: Sobald eine Regierung mit Beteiligung der SPD kommt, drohen RWE hohe Zusatzkosten. Jetzt nicht kaufen.
E.on
Kohle und Netz bringen Risiken
Es könnte so schön sein: E.on produziert nicht nur Strom, der Konzern besitzt auch ein riesiges Leitungsnetz und kassiert prächtig Gebühren dafür. Auch mit Erdgas ist die ganze Wertschöpfungskette vom Gasfeld im Meer bis zum Verbraucher geschmiedet. Mit seinen Kern- und Kohlekraftwerken ist E.on aber im Visier der Atomstromgegner und Ökofundis. Selbst bei Schwarz-Gelb ist E.on wegen dem Netz im Risiko. Finger weg.
Solarworld
Solarstrom geht irgendwie immer
Die Sonnenstrombranche der Republik erlebt ein Jahr der Finsternis. Vor allem die Billigkonkurrenz aus Asien und die Zurückhaltung der Investoren sorgt für Umsatz- und Gewinneinbrüche. Dennoch kündigte Solarworld-Chef Frank Asbeck eine Umsatzsteigerung 2009 auf über eine Milliarde Euro an. Er setzt auf Qualität, die Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette – und natürlich auf weiter fließende Subventionen.
Roth & Rau
Von Subventionen profitieren
Roth & Rau baut Beschichtungsanlagen und Produktionslinien für die Herstellung von kristallinen Solarzellen. Zuletzt hatte das Unternehmen stark unter der Krise der Solarfirmen gelitten. Spannend machen die Aktie aktuell Fusionsspekulationen mit dem Maschinenbauer Manz Automation. Ein Linksruck oder Schwarz-Rot bringen weitere Subventionen für die Branche. Dann kaufen.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Thomas SPD, Thomas Koehler/Photothek.net/Deutscher Bundestag, FDP
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22.10.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research | |
20.09.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research | |
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