US-Präsidentschaftswahl: Trump ist Trumpf
Schon früh am Mittwoch stand fest: Donald Trump, dem maximal Außenseiterchancen bei der Wahl zum 45. US-Präsidenten zugeordnet wurden, hat die Wahl überraschend und deutlich für sich entschieden.
Von den insgesamt 538 Wahlmännerstimmen, die sich auf die US-Bundesstaaten verteilen, konnte er 290 für sich verbuchen und liegt damit 20 Stimmen über der erforderlichen Mehrheit von 270. Grund genug, einen ersten Blick auf die zu erwartende Politik des neuen Präsidenten und die Auswirkungen auf die internationalen Finanzmärkte in den kommenden Monaten zu werfen.
Ende des Wahlkampfs, versöhnliche Worte und Zeit für Taten
Mit seinem Slogan "Make America Great Again" konnte er viele der 219 Millionen wahlberechtigten US-Bürger für sich gewinnen, besonders in den "Swing States", das heißt in den US-Bundesstaaten, in denen mit einem knappen Wahlausgang gerechnet worden war. Gleichzeitig behielten die Republikaner ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im US-Senat.
Trump gab sich in einer ersten Stellungnahme zu seinem Sieg sehr staatsmännisch und deutlich versöhnlicher als in seinem Wahlkampf, in dem er mit populistischen Parolen gegen Einwanderung, Freihandel und Globalisierung als Verursacher der Verluste von Arbeitsplätzen in den USA gewettert hatte. Der Wahlkampf galt als einer der schmutzigsten in der amerikanischen Geschichte, im Großen und Ganzen eine Schlammschlacht mit persönlichen Beleidigungen. Um sachliche und inhaltliche Auseinandersetzungen ging es den beiden bei den Wählern gleichermaßen unbeliebten Kandidaten weniger.
Aber jetzt, wie ausgewechselt, dankte Trump in seiner Siegesrede der im Wahlkampf heftig von ihm angegriffenen Konkurrentin Hillary Clinton für ihre Verdienste. Der Immobilienunternehmer mit TV-Erfahrung zeigte sich als rücksichtsvoller Wahlsieger, der Präsident aller Amerikaner sein will. In der Außenpolitik wolle er mit allen Staaten zusammenarbeiten, die dazu bereit seien. Der Quereinsteiger Trump wird der erste Präsident in den USA ohne vorheriges politisches oder militärisches Amt sein und am 20. Januar ins Weiße Haus einziehen. Durch diese Rede wurde deutlich, dass Wahlkampf "Wahlkampf" ist, der dann wenig mit dem politischen Tagesgeschäft zu tun haben muss.
Trump und die Innenpolitik
Ein detailliertes Wirtschaftsprogramm gibt es aktuell noch nicht. Trump hat deutliche Steuersenkungen und milliardenschwere Investitionen in die Infrastruktur angekündigt, die das Wachstum der US-Wirtschaft antreiben dürften. Allerdings will er mit Zöllen den freien Warenverkehr einschränken, um heimische Arbeitsplätze zu schützen und zu fördern.
Der Republikaner möchte Amerika mit besseren Jobs und höheren Löhnen wiederaufbauen. Die Schuldenlast des Staates soll abgebaut, gleichzeitig massive kreditfinanzierte staatliche Investitionen gestartet werden: ein Gegensatz, dessen Auflösung noch völlig unklar ist. US-Bürger mit einem Jahreseinkommen unter 25.000 US-Dollar sollen künftig keine Steuern mehr entrichten müssen und der Spitzensteuersatz soll von 39,6 auf 33 Prozent gesenkt werden. Die Erbschaftssteuer soll komplett entfallen.
Nicht nur die Kaufkraft der Konsumenten, sondern auch die globale Wettbewerbsfähigkeit der US-Firmen soll durch eine Verringerung der Steuer auf Unternehmensgewinne von 35 auf 15 Prozent gestärkt werden. Der Wirtschaft verspricht er eine vereinfachte staatliche Regulierung und eine Kehrtwende in der Klimapolitik.
Trump und die Außenpolitik
Die außenpolitische Rolle der USA als "Weltpolizist" will Trump zukünftig einschränken und unter anderem von den NATO-Partnern eine höhere Kostenübernahme verlangen. Während sich viele deutsche Politiker über den Wahlsieg von Donald Trump verhalten bis negativ äußerten, bot Bundeskanzlerin Angela Merkel Trump auf Basis von Menschenrechten und westlichen Werten eine enge Zusammenarbeit an.
EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gratulierten und wiesen auf die Wichtigkeit der Stärkung transatlantischer Beziehungen hin. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wertet das Wahlergebnis als Beispiel für eine Ablehnung der etablierten Politik. Anscheinend fühlten sich viele Menschen nicht ernst genommen und protestierten mit ihrer Stimme, wie es auch ähnlich im britischen Referendum über den Austritt aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft passiert ist.
Trump und die Börsen: kurzer Schreckmoment und schnelle Erholung
Rund um den Globus kam es an den Aktienmärkten im ersten Schrecken über das Unerwartete zu deutlichen Kursverlusten. Im nachbörslichen Handel in den USA verloren alle größeren US-Aktienindizes vier Prozent oder mehr. Der japanische Nikkei-Index fiel Mittwoch früh mehr als fünf Prozent, der DAX über vier Prozent. Der mexikanische Peso markierte ein Achtjahres-Tief. Der US-Dollar stieg in einer ersten Reaktion gegenüber dem Euro auf 1,13, um dann schnell unter 1,10 zurückzufallen.
Am Mittwoch wurden exportorientierte Werte und Aktien aus den Bereichen Solarenergie und die vom scheidenden US-Präsidenten eingeführte Gesundheitsreform (Obamacare) abgestoßen. Auch die etablierten Silicon Valley-Unternehmen waren nicht gefragt. Das Investoreninteresse konzentrierte sich auf die Sektoren, die von Trumps Wirtschaftspolitik profitieren werden: Infrastruktur, Bau, Sicherheit und Verteidigung sowie Finanzen.
Auch die in den letzten Monaten arg gedrückten Aktien der Pharma- und Biotechnologiebranche, die unter den geplanten preisregulierenden Maßnahmen Clintons gelitten hatten, wurden gesucht. Doch dann setzte an den Aktienmärkten eine Gegenbewegung ein, die nicht nur im Laufe des Tages die Kursverluste neutralisierte, sondern zum Börsenschluss in Deutschland als auch in den USA in einem Kursplus von gut einem Prozent endete.
Einer der Gründe für diese Trendwende ist die Hoffnung der Börsianer, dass die USA unter dem erfolgreichen Geschäftsmann besser wirtschaften werden. Die Anleger erinnerten sich an Trumps Aussage, dass er das Wirtschaftswachstum der USA verdoppeln wolle. Weiterhin wird die jahrelange Blockade zwischen Weißem Haus und Kongress ad acta gelegt und eine effektivere Politik ermöglicht werden können, da die Republikaner jetzt nicht nur das Repräsentantenhaus beherrschen, sondern auch den US-Präsidenten stellen. Zusätzlich spekulieren die Anleger darauf, dass die nächste bisher als sehr wahrscheinlich angenommene Zinserhöhung im Dezember ausgesetzt wird.
US-Aktien zum Jahresende in einem Wahljahr
Im Prinzip war es der US-Börse seit 1950 herzlich egal, ob ein Demokrat oder ein Republikaner die US-Präsidentschaftswahl gewonnen hat. In den letzten beiden Monaten eines Wahljahres betrug die Kursentwicklung im Durchschnitt bei einem demokratischen Sieg 2,4 Prozent und bei einem republikanischen 2,6 Prozent. In drei Viertel aller Fälle kam es zu einer Jahresendrallye. In den beiden Jahren, in denen es zu deutlichen Abwärtsbewegungen am Jahresende kam, befand sich die US-Wirtschaft im Jahre 2000 ein paar Monate vor einer Rezession und 2008 mitten in einer Rezession.
Grundsätzlich betrachtet sind der November und der Dezember die stärksten Monate jeden Jahres, in denen in mehr als drei Viertel aller Fälle die Kurse im Schnitt knapp über drei Prozent zulegten. Festzuhalten ist, dass sich der noch vor kurzem in den Medien als "Börsenschreck" dargestellte Donald Trump in seinem ersten Auftritt nach dem Gewinn der Präsidentschaftswahl als möglicherweise akzeptable Führungskraft im nationalen wie im internationalen Kontext gegeben hat.
Noch herrscht Unsicherheit über seine nächsten Handlungen, aber Anleger wie Analysten glauben augenscheinlich an das Potenzial von Trump, die US-Wirtschaft anzukurbeln und damit an attraktive Kurschancen für US-Aktien.
Quelle: LPL Research, FactSet; Stand 03.11.2016
Von Dr. Thomas Heidel, Leitung Research FIDAL AG
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