Immobilien-Investments: Genau nachrechnen
Top-Immobilien erscheinen trotz hoher Preise als lukrative Anlageobjekte. Aber bei genauerem Hinsehen sind die Renditen eher unterdurchschnittlich und die Risiken nicht unerheblich. Dabei gibt es genügend Kapitalmarkt-Alternativen.
Der deutsche Immobilienmarkt brummt. Allein mit Eigenheimen, Mehrfamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Wohnbauland wurden in 2015 Umsätze in Höhe von 150,9 Milliarden Euro erzielt - rund 71 Prozent des Gesamtumsatzes am Immobilienmarkt. Seit dem Jahr 2010 sind die Umsätze mit Wohnimmobilien um 53 Prozent gestiegen. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr mit rund 213,9 Milliarden Euro ein neuer Rekordumsatz auf dem deutschen Immobilienmarkt erzielt, wie die aktuelle GEWOS-Immobilienmarktanalyse "IMA" mitteilt.
Aber was heißt das für Kapitalanleger? Sind Immobilien, besonders Häuser und Wohnungen, aufgrund der Preissteigerungen der vergangenen Jahre wirklich lukrative Investments, die über die Jahre hinweg ihre Stärken ausspielen können, wenn die Kapitalmärkte schon sehr volatil sind? Grundsätzlich gilt die Regel, dass Immobilien in begehrten Lagen das höchste Steigerungspotenzial haben - eine Wohnung in der Düsseldorfer oder Münchner City wird immer begehrter sein als ein Haus in einer eher wirtschaftsschwachen Gegend weit weg des nächsten Zentrums. Dadurch bestehen freilich gute Chancen, einen Wertzuwachs mit einem geschickten Kauf und einem noch geschickteren Verkauf zu generieren.
Aber natürlich werden diese Objekte bereits sehr sportlich bepreist, im Markt hört man von Preisen, die sich im Bereich der 40-, 50- und sogar 60-fachen Jahresnettokaltmiete bewegen. Eine Faustregel besagt jedoch, dass Immobilien-Investments nur bis zu einem Multiplikator von 20 wirklich rentabel seien. Und das ist leicht nachzuvollziehen, auch wenn die Berechnung nur sehr grob ist. Angenommen, ein Mehrfamilienhaus erbringt eine Jahresnettokaltmiete von 72.000 Euro bei einem Kaufpreis von knapp 2,9 Millionen Euro (Multiplikator von 40) zuzüglich Erwerbsnebenkosten (in der Regel etwas mehr als zehn Prozent = rund 300.000 Euro). Die Rendite liegt in diesem Szenario bei 2,29 Prozent; kostet das Haus einige 100.000 Euro mehr, was durchaus denkbar ist, fällt die Rendite auf unter zwei Prozent.
Zwar lässt sich die Nettorendite nur als erste Renditeeinschätzung verwerten, da sie weder eventuelle Finanzierungskosten noch den Steuersatz des Investors in die Berechnung aufnimmt. Doch sie verschafft eine Basis für die weiteren Überlegungen. Denn ein Immobilien-Investment führt immer auch zu einem Abfluss an Liquidität, die in immobiles Asset gesteckt und damit der Vermögensverwaltung entzogen ist. Außerdem steckt der Anleger in einer Finanzierung, die seine Handlungsfreiheit möglicherweise einschränkt. Außerdem werden regelmäßig weitere Investitionen in den Bestand erforderlich sein, welche die Rendite völlig aufzehren können.
Zumal nicht klar ist, ob sich die Immobilie nach einiger Zeit zu einem besseren oder zumindest gleichen Preis veräußern lassen wird. Wer Immobilien als eher dynamische Transaktionsobjekte versteht, kann bei der Veräußerung Schwierigkeiten bekommen, wenn sich der Markt gerade einmal nicht auf einem Peak befindet. Nur bei einem wirklich langfristigen, vielleicht sogar generationsübergreifenden Anlagehorizont spielt die kurz- und mittelfristige Wertentwicklung keine echte Rolle. In Kombination mit der eher unterdurchschnittlichen Rendite ist das Chancen-Risiken-Profil der oben angenommenen Immobilie damit wohl bescheiden.
Wer dennoch nicht auf diese Asset-Klasse verzichten will, greift besser zu Aktien, Anleihen oder aktiven und passiven Fonds, die in Immobilien investieren. Sie beinhalten die gleichen Chancen, aber senken das Käuferrisiko erheblich. Zudem sind dort wesentlich kleinere Stückelungen möglich, wodurch sich ein Portfolio zusammenstellen lässt, das weltweit in Immobilien investiert und die Risiken damit streut.
Von Thomas Hünicke, geschäftsführender Gesellschafter der unabhängigen WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH aus Düsseldorf
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