Der Weltuntergang wird auch diesmal ausbleiben
Seit drei Wochen geht es an den Aktienmärkten im Sturzflug nach unten.
Von Gottfried Urban, Vorstand der Neue Vermögen AG
Schon machen neue Weltuntergangsszenarien die Runde. In der Tat sind die Faktoren, die zum Einbrechen der Märkte führten, besorgniserregend: eine Krise der Staatsschulden, gepaart mit einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur. Gleichwohl halte ich den Kurssturz für übertrieben und temporär.
Die Wucht dieses Absturzes hat neben den fundamentalen auch technische Gründe. So kam der Verkaufsdruck vor allem von den Terminmärkten, da viele Investoren ihre Aktienbestände mittels Futures und Optionen gegen Verluste absicherten oder gar auf sinkende Kurse setzten. Zudem lösten sogenannte automatische Verkaufsprogramme bei Erreichen neuer Tiefstände neue Verkaufswellen aus. Da kaum Käufer auf den Plan traten, sanken die Kurse deutlich. Banken und konjunktur-abhängige Werte verloren in nur wenigen Tagen 40 Prozent und mehr – fürwahr ein Desaster! Wenig konjunkturabhängige Branchen konnten sich dagegen gut halten.
Kommt nach der Staatschuldenkrise die Bankenkrise 2.0?
Von fundamentaler Seite her gibt es ebenfalls handfeste Gründe für Nervosität an den Märkten: Erst schockte die Rating-Agentur Standard & Poor’s mit einer Bonitäts-Herabstufung der USA, dann folgten schwache Wirtschaftsdaten, was erneute Rezessionsängste heraufbeschwor. Schließlich wurde die Zahlungsfähigkeit einiger europäischer Großbanken angezweifelt, ebenso wie die Bonität europäischer Staaten, die bislang noch nicht ins Gerede gekommen waren – Stichwort Frankreich. Da kann es doch nur zu einem Crash kommen, oder nicht?
Singapur prozentual höher verschuldet als die USA
Lassen wir mal die Kirche im Dorf! Niemand würde die Zahlungsunfähigkeit Japans in Frage stellen, obwohl dessen Verschuldung bezogen auf das Bruttosozialprodukt dort bereits die Marke von 200 Prozent übersprungen hat. Singapur liegt bei seinen Schulden mit 97 Prozent sogar leicht vor den USA, genießt aber weiterhin den Ruf als Schweiz Asiens und ein uneingeschränktes AAA-Rating.
Konjunkturzyklus noch nicht zu Ende
Und die Rezessionsangst? Nun, die Statistik zeigt, dass ein Konjunkturzyklus etwa vier bis sieben Jahre dauert. Es wäre deshalb untypisch, wenn die Weltkonjunktur schon nach zwei guten Jahren einbräche und die Weltwirtschaft in eine Rezession schlitterte. Vielmehr glaube ich an eine Normalisierung des Wachstumstempos für Deutschland auf das Vorkrisenniveau von 1 bis 1,5 Prozent im Jahr. Auch das weltweite Wachstum dürfte sich in Richtung 3 bis 3,5 Prozent im Jahr normalisieren. Hinzu kommt: Die Zinsen werden wegen der hohen Staatsschulden noch lange niedrig gehalten werden, was auch die wirtschaftliche Entwicklung befördert. Produktivkapital wird daher mehr Ertrag abwerfen müssen als der vermeintlich risikolose Zins.
DAX preist Gewinnrückgang von 25 Prozent ein
Doch die Märkte haben in den vergangenen drei Wochen einen Gewinnrückgang von etwa 25 Prozent für das Jahr 2012 eingepreist und damit eine Rezession vorweggenommen. Im Gegenzug explodierten die Kurse von deutschen und US-Staatsanleihen. Doch selbst wenn die Gewinne der Unternehmen deutlich zurückgehen, läge das Bewertungsniveau etwa im DAX noch deutlich unter dem Langfristschnitt – und das bei einem historischen niedrigen Zinsniveau. Von daher dürfte es sich lohnen, bei den meist weniger zyklischen Value-Aktien zuzugreifen, da sie in der reifen Phase des Konjunkturzyklus oft besser abschneiden.
Der Mix macht’s
Wer als Anleger das Gebot der Diversifikation beachtet (hat), dürfte auch in diesen unruhigen Zeiten einigermaßen gut schlafen. Ins Depot gehören neben der kurzlaufenden Zinsanlage in Euro (auch wenn nach Inflation nicht viel übrig bleibt) ein Mix aus wenig konjunktursensiblen Aktien oder Aktienfonds, ein indirektes Investment in Immobilien (über offene Fonds) sowie die klassische Ersatzwährung Gold in Höhe von etwa fünf Prozent des liquiden Vermögens. Anleihen aus Hartwährungsländern sind ebenfalls eine Option, aber man sollte sich bewusst sein, dass Politiker oder Notenbanker durch Interventionen Kursverluste verursachen können.
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