Brexit: Immobilienpreise in London können fallen
2002 habe ich für ein Jahr in London in einer amerikanischen Investmentbank gearbeitet. So wie ich damals, arbeiten heute noch sehr viele EU-Bürger in der Londoner Finanzindustrie. Ob dies in Zukunft so sein kann, steht in den Sternen.
Am 23. Juni stimmen die Engländer darüber ab, ob Großbritannien in der Europäischen Union bleiben soll. Falls das Referendum eine Mehrheit für den Austritt ergäbe, hätte dies für den Finanzplatz London einschneidende Konsequenzen.
Bereits im Vorfeld haben namhafte Investmentbanken mit einem teilweisen Rückzug gedroht. Hoch bezahlte Arbeitsplätze gingen verloren. Immobilienpreise und Mieten könnten aber - und das wäre die positive Kehrseite der Medaille - aufgrund des Wegzugs der Investmentbanker nach Luxemburg, Frankfurt oder Dublin deutlich nachgeben. Potentielle Steueroptimierer aus Paris oder Athen könnten dann auf Schnäppchenjagd gehen.
Eine Hauptfrage würde dann sein, wie sich das Land nach einem etwaigen BREXIT das Verhältnis zur EU neu gestaltet. Wird es ein Assoziationsabkommen und/oder eine Zollunion geben, damit der Handel relativ unbeschadet weitergehen kann? Oder müssten diverse bilaterale Vereinbarungen, beispielsweise wie die mit der Schweiz verhandelt werden? Im ungünstigsten Fall würde es nur eine Verbindung über die Welthandelsorganisation (WTO) geben. In jedem Fall würde der Handel zunächst deutlich erschwert werden. Dies trifft immer beide Seiten.
Großbritanniens Staatshaushalt ist zum überwiegenden Teil von den Einnahmen vom Finanzplatz London abhängig. Die Kürzung von Staatsausgaben träfen das ganze Land massiv. Ratingagenturen könnten britische Schuldner herabstufen. Dies würde zu weiteren Kurseinbußen führen und die Finanzierung britischer Unternehmen sowie des Staates deutlich verteuern.
Sofern der Austritt nicht als ein generelles "Fluchtsignal" aus der EU gesehen wird, könnten die Aktienmärkte Europas es ignorieren, da die einzelnen Unternehmen jeweils nur minimale Verluste erleiden würden. Anders sieht es für britische Unternehmen aus - allen voran den Finanzwerten wie beispielsweise HSBC, Barclays oder Lloyds Banking. Deren Kurse könnten deutlich unter Druck geraten. Die produzierenden Unternehmen in England hingegen würden deutlich wettbewerbsfähiger und könnten an der Börse profitieren. Als Beispiele zu nennen wären hier BEA Systems, AstraZeneca oder Rolls Royce Group (Triebwerke).
Das britische Pfund hat bereits innerhalb der letzten vier Monate rund zehn Prozent an Wert verloren. Dies dürfte sich weiter fortsetzten, je weiter die Umfragen in Richtung eines Austritts gehen oder dieser tatsächlich kommt. Was des einen Freud, ist des anderen Leid: Vielleicht warten Sie einfach mit dem Kauf Ihres neuen Rolls Royce bzw. mit der Urlaubsreise nach England bis zum Sommer und freuen sich dann über das immer billiger werdende britische Pfund!
Von Uwe Eilers, Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG in Königstein, Taunus
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