Auf der Schwelle – oder darüber?
Schwellenländer sind solche Staaten, die es schon fast geschafft haben so zu werden wie wir.
von Uwe Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Vermögensverwaltung Meridio AG, Köln
Man könnte meinen, das sei gut für Anleger. Ist es auch. Aber nur, wenn man Anlagen in den Industriestaaten dafür gnadenlos rauswirft.
Der Wohlstand einer Volkswirtschaft misst sich an vielen Faktoren. Bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf etwa oder beim Einkommen pro Kopf. Da liegen die Industriestaaten noch weit vor den Schwellenländern. Oder bei der Autoquote: Während in den USA auf 1.000 Einwohner 797 Autos kommen waren es in China 2010 gerade einmal 58. Aber diese Zahl wächst schnell. Bei den Absatzzahlen hat China die USA bereits eingeholt, manche sagen überholt.
Wenn die Schwellenländer einmal nicht durch die Pro-Kopf-Brille betrachtet werden sondern in absoluten Zahlen, stehen sie mehr als nur an der Schwelle was den Einfluss auf die weltweite Konjunktur angeht: So stieg der Anteil der Schwellenländer am weltweiten Konsum von rund 22 Prozent 1990 auf heute mehr als 36 Prozent. Und die Schwellenländer stehen heute für mehr als 51 Prozent der globalen Investitionen. Noch eine Zahl: 55 Prozent des globalen BIP-Wachstums gehen auf die Schwellenländer zurück.
Sind sie damit dem Status des an der Schwelle stehenden nicht längst entwachsen? Nein, wenn es um die Betrachtung der Einzelnen geht. Noch immer leben dort viele hundert Millionen Menschen in Armut, die weder durch das Wirtschaftswachstum schnell verschwindet noch durch Sozialsysteme gemildert wird. Von ihrer Bedeutung für Anleger aber sind die Schwellenländer bereits wesentlich wichtiger als die Industriestaaten.
Denn hier spielt die Musik, hier entstehen neue Unternehmen, werden Trends gesetzt und Innovationen aus den jungen Gesellschaften heraus angestoßen. Wer also an Wachstumsgeschichten teilhaben will, der auf das Neue und Unverbrauchte setzt, der sollte Schwellenländer übergewichten. Wer dagegen auf den langfristigen, stabilen Wert setzt, sollte weiterhin Anlagen in Industriestaaten übergewichten.
In jedem Fall ist es die Mischung, die den Reiz und den Wert ausmacht. Eines nur ist dabei sehr sicher: Bei aller gesunden Skepsis gegenüber den aufstrebenden Staaten, bei aller Unsicherheit über die weitere politische Entwicklung und bei allen Risiken, die diese Staaten mit ihren oft noch wenig gefestigten Wirtschaftsverfassungen bedeuten: Ihr Anteil sollte in jedem Fall stark steigen. Das bedeutet: Ein Teil der Aktien und Anleihen aus Industriestaaten fliegen aus den Depots und werden durch solche aus Schwellenländern ersetzt.
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