Steinmeier wirft USA Rücksichts- und Regellosigkeit vor
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der neuen US-Regierung von Präsident Donald Trump Rücksichtslosigkeit und einen Bruch mit althergebrachten internationalen Regeln vorgeworfen. "Die neue amerikanische Administration hat ein anderes Weltbild als wir. Eines, das keine Rücksicht nimmt auf etablierte Regeln, auf gewachsene Partnerschaft und Vertrauen", sagte Steinmeier in seiner Eröffnungsrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Es werde deshalb zentrale Aufgabe der kommenden Jahre sein, die Idee einer internationalen Gemeinschaft zu erhalten, mahnte er.
"Seit dem 20. Januar starren alle gebannt aufs Weiße Haus, und jeder fragt sich schon zu den Frühnachrichten: Was kommt als Nächstes oder wer ist als Nächster dran?", sagte Steinmeier und fragte, ob diese Atemlosigkeit den Charakter internationaler Politik verändern werde: "Können die nächsten vier Jahre nicht nur die Beziehungen der Weltmacht USA zu anderen Staaten verändern, sondern auch die Beziehungen aller Staaten untereinander, wird die internationale Gemeinschaft dadurch vielleicht als Ganzes Schaden nehmen?"
Steinmeier: Nicht aus Angst erstarren
Steinmeier rief Europa und die internationalen Partner auf: "Wir dürfen uns von der Flut von Ankündigungen nicht lähmen lassen. Wir dürfen nicht aus Angst erstarren." Mit Blick auf das "andere Weltbild" der neuen US-Regierung sagte er, man könne dieses nicht ändern. "Aber ich bin überzeugt, es ist nicht im Interesse der Staatengemeinschaft, dass dieses Weltbild das allein dominierende Paradigma wird. Regellosigkeit darf nicht zum Leitbild für eine Neuordnung der Welt werden." Er warnte: "Aber es macht doch eben einen Unterschied, wenn die führende Demokratie und Weltmacht sagt: Es geht auch ohne Regeln."
"Demokratie ist keine Spielwiese"
Steinmeier mahnte zudem, es gehe um die Zukunft der liberalen Demokratie. "Die Demokratie ist keine Spielwiese für Disruption - Disruption, das ist es ein Begriff, bei dem Tech-Unternehmer und politische Populisten sich derzeit gerne treffen." Tatsächlich habe dieser Ruf viele Märkte und Geschäftsmodelle umgekrempelt. Steinmeier mahnte aber: "Die Demokratie ist kein Geschäftsmodell. Sie ist keine Spielwiese für Disruption." Geopolitische Gegner, allen voran Russland, führten im digitalen Kommunikationsraum schon längst ihren hybriden Krieg gegen liberale Demokratien. Und China nutze digitale Technologie zur autokratischen Machtentfaltung und baue dies aus.
Steinmeier: Selbstbehauptung der Demokratie steht auf dem Spiel
"Und als wäre das nicht schon besorgniserregend genug, bildet sich in den USA derzeit eine - ich glaube - historisch beispiellose Konzentration von technologischer, finanzieller und politischer Macht heraus", sagte Steinmeier und warnte: "Als Demokrat macht es mir große Sorge, wenn eine kleine unternehmerische Elite die Macht, die Mittel und den Willen hat, einen wesentlichen Teil der Spielregeln liberaler Demokratie neu zu bestimmen. Und erst recht macht mir Sorge, wenn einige aus dieser Elite aus ihrer Verachtung für die Institutionen und Normen unserer Demokratie keinen Hehl machen." Es stehe die "Selbstbehauptung unserer Demokratie", auf dem Spiel, mahnte er./ctt/had/mah/bk/DP/he