Anleger aufgepasst: Die Berichtssaison verspricht nichts Gutes
Die Berichtsaison hat mit der Zahlenvorlage der Citigroup offiziell begonnen. In den kommenden Wochen öffnen Unternehmen Anlegern weltweit ihre Bücher. Börsenexperten sehen allerdings für das zweite Quartal bei Weitem nicht nur positive Ergebnisse vorher.
Werte in diesem Artikel
• Die Q2-Ergebnisse werden von schwelenden Handelskonflikten belastet
• Am schwersten betroffen dürften der IT-, "Materials"- und Energiebereich sein
• Nicht nur das Ergebnis selbst, sondern auch der Ausblick dürfte für Anleger von großem Interesse sein
Am Montag eröffnete die US-Investmentbank Citigroup die Berichtsaison - und konnte positiv überraschen. So verzeichnete die Bank einen Milliardengewinn und erfreute damit ihre Anleger. Damit dürfte sie allerdings eine Ausnahme darstellen. Denn im Konsens gehen Analysten davon aus, dass die Gewinne der S&P500-Unternehmen im Jahresvergleich um 2,9 Prozent zurückgehen werden. Denn wie FactSet informiert, haben von den 114 Unternehmen, die Ergebnisprognosen aufgestellt hatten, 77 Prozent negative Ausblicke formuliert.
Handelskonflikte belasten
Mehrere Faktoren schlagen hierbei zu Buche. Nicht zu vernachlässigen sind die Handelskonflikte, die weltweit schwelen. Dabei fällt insbesondere der seit Monaten währende Handelsdisput zwischen den USA und China schwer ins Gewicht. Wird dieser nicht bald aus der Welt geschafft, könnte es noch deutlicher abwärtsgehen, meint JPMorgan-Chefstratege Dubavko Lakos-Bujas in einem Interview mit MarketWatch: "Sollten wir aus irgendeinem Grund den falschen Weg wählen und der Handelsstreit eskaliert, könnte es [der S&P 500] auf 2.500 Punkte abwärts gehen". Auf der anderen Seite könnte eine Lösung im Zollstreit jedoch auch einen enormen Boost nach sich ziehen, insbesondere, wenn er mit einer oder mehreren Zinssenkungen zusammenfällt, so Lakos-Bujas.
Weltweite Konjunktur trübt sich ein
Daneben belastet auch der Zollzwist zwischen den USA und der EU die internationalen Märkte: So hat sich die Weltkonjunktur in den vergangenen Monaten spürbar verlangsamt. So berichtete jüngst das Land der Mitte, dass sich das Wirtschaftswachstum auf 6,2 Prozent reduziert hätte. Da China für verschiedenste Unternehmen weltweit einen sehr wichtigen Absatzmarkt darstellt, wirkt sich dies auch auf diese aus.
Ausgewählte Sektoren stärker belastet
Hier ist insbesondere der Tech-Sektor betroffen. Goldman Sachs-Analysten gehen hier von einem Rückgang der Erträge im Jahresvergleich um 10 Prozent aus, wie Yahoo Finance berichtet. Dieser würde voraussichtlich durch Apple und andere Halbleiter-Werte angetrieben.
Aber auch der Bereich "Materials" verheißt angesichts heruntergeschraubter Erwartungen nichts Gutes. Hier wird bei dem erwarteten Ergebniswachstum von einem Rückgang von 16,2 Prozent ausgegangen, wie sich CNBC auf Zahlen von FactSet beruft. Für den Energie-Sektor werden Einbußen von 9 Prozent erwartet.
Steigende Arbeitskosten
Neben der sich verlangsamenden Weltkonjunktur wirken sich auch steigende Arbeitskosten auf die bevorstehenden US-Quartalszahlen aus, wie es von Goldman Sachs-Analysten bei Yahoo Finance heißt: "Die Arbeitslosenrate ist auf dem tiefsten Stand seit 50 Jahren (3,6 Prozent) und der durchschnittliche Stundenlohn ist in den vergangenen 8 Monaten um mehr als 3 Prozent gestiegen". Auch Währungseffekte können die Ergebnisse von internationalen Konzernen negativ beeinflussen, da sie Fluktuationen von Ergebnissen, die aus ausländischen Betrieben stammen, hervorrufen können.
Unternehmensausblick eventuell interessanter als Ergebnis
Angesichts dieser mauen Aussichten schauen Anleger mit Spannung auf die Zahlenvorlagen in den kommenden Wochen. Hierbei steht neben den Ergebnissen zum einen der Firmenausblick im Fokus der Börsianer, zum anderen sind die Erklärungen der Unternehmsvorstände zu etwaigen Ergebnisrückgängen für Aktionäre von großem Interesse. Schließlich sei es interessant zu erfahren, ob Anleger auch in den nächsten Monaten mit Einbußen zu rechnen haben: "Während die Messlatte für Q2-Ergebnisse vor der anstehenden Berichtssaison gesenkt wurde, besteht die größere Sorge darin, ob der Ausblick für die zweite Jahreshälfte mit den Erwartungen der Allgemeinheit einhergeht", so Lindsey Bell von CFRA in einer Notiz an Kunden. Der Ausblick der Unternehmen könnte sich demnach als weit wichtiger erweisen als die Ergebnisse an sich: "Unternehmen haben den Anreiz konservative Schätzungen abzugeben, berücksichtigt man die Ungewissheiten angesichts von Handelskonflikten, die Konjunkturschwäche von China und die Verlangsamung in Europa", so Bell.
Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Obwohl verschiedenste Unternehmen wie beispielsweise Daimler, BASF, WashTec und Samsung Anleger mit Gewinnwarnungen schockten, konnten bisher JPMorgan, Goldman Sachs und Johnson&Johnson die Markterwartungen übertreffen. Es bleibt also weiterhin spannend in den kommenden Wochen.
Redaktion finanzen.net
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