Niedriges Wachstum

Ex-Goldman Sachs-Ökonom: Chinas Wirtschaftswachstum ist besorgniserregend

18.04.19 21:30 Uhr

Ex-Goldman Sachs-Ökonom: Chinas Wirtschaftswachstum ist besorgniserregend | finanzen.net

Chinas Wachstum zeigte in den vergangenen Monaten durchwachsene Ergebnisse, trotz der jüngst positiven Konjunkturdaten. Die Entwicklungen sind so niedrig wie seit 30 Jahren nicht mehr. Laut Ökonom Jim O’Neill kein gutes Zeichen.

Die chinesische Wirtschaft hatte es in den vergangenen Monaten nicht leicht. Der Handelskonflikt mit den USA und andere Unsicherheiten setzten der Konjunktur der riesigen Volkswirtschaft deutlich zu. Für Jim O’Neill, einem ehemaligen Vorgesetzten der Asset-Management-Sparte der Investmentbank Goldman Sachs, sind das äußerst besorgniserregende Entwicklungen, die man seit 30 Jahren so nicht mehr erlebt hat.

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Wachstumstempo auf 30-Jahres-Tief

Besorgniserregend deswegen, weil ein Konjunkturabschwung nicht nur für das Land selbst Konsequenzen hätte. China ist O'Neill zufolge ein integraler Bestandteil der Weltwirtschaft. "Rund 85 Prozent des globalen BIP in diesem Jahrzehnt kommen aus den USA und China", äußerte er in einem Interview gegenüber CNBC. Ein kleinster Rückfall der zweitgrößten Volkswirtschaft könnte somit einen großen Einfluss auf die internationale Konjunktur haben und die Wirtschaft von anderen Großmächten ebenfalls beeinträchtigen.

"Ich hoffe, dass die politischen Initiativen, die die chinesische Regierung seit Jahresbeginn in die Wege geleitet hat und die auf den Konsumenten ausgerichtet sind, helfen werden", so O’Neill, "andernfalls könnte es problematisch werden". Der Konsument spiele dabei eine besondere Rolle: "Die Hälfte des chinesischen BIP kommt vom Konsumenten", was dazu geführt hat, dass er immer mehr in den Fokus der Regierung gerückt ist.

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Wachstum niedrig, aber stabil

Tatsächlich konnte Chinas Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr keine guten Leistungen hinlegen: Es ergab sich ein Wachstum von gerade einmal 6,6 Prozent. Während der Einzelhandelsumsatz in 2017 noch bei 9,1 Prozent lag, fiel er in 2018 auf 6,9 Prozent.

Entgegen aller Erwartungen überraschte das erste Quartal 2019 allerdings mit positiven Zahlen: Wie das Statistikamt am Mittwoch in Peking mitteilte, konnte die chinesische Wirtschaft in den ersten drei Monaten dieses Jahres mit einem Wachstum von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine stabile Entwicklung verzeichnen. Die Industrieproduktion stieg auf 6,5 Prozent, die Einzelhandelsumsätze auf 8,3 Prozent und Ausgaben unter anderem für Maschinen, Infrastruktur oder Immobilien auf 6,3 Prozent.

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Hierzu beigetragen haben die durch die Regierung ausgeführten Maßnahmen wie Steuersenkungen und eine lockere Geldpolitik. "Der Wirtschaft geht es besser", so die chinesische Expertin Ye Tan, "es gibt keine Anzeichen, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahr verschlechtert". Auch sie ist der Ansicht, dass die eingeleiteten Maßnahmen einen positiven Beitrag zur Stabilität geleistet haben.

Maßnahmen attraktiv, aber…

Doch nicht alle sind der Meinung, dass die Konjunkturmaßnahmen gut sind. Laut OECD, der Organisation der Industrieländer, würden die von der chinesischen Regierung in die Wege geleiteten Maßnahmen das Wachstum zwar ankurbeln, allerdings nur auf kurze Sicht. In der langfristigen Reduzierung der Schuldenlast und der Korrektur von strukturellen Verzerrungen würden sie jedoch keinen positiven Beitrag leisten.

In einer öffentlichen Pressemitteilung zu ihrem aktuellen Jahresbericht über China schreibt die Organisation, dass das Land "sich auf langfristige Strategien konzentrieren [und] die Wirtschaft in Richtung höheren heimischen Konsums und Dienstleistungen" bewegen soll. Zudem soll die "Effizienz der Wirtschaft" verbessert und sichergestellt sowie "zukünftiges Wachstum nachhaltiger, grüner und sozial gerechter" gestaltet werden.

Wie es mit der chinesischen und globalen Wirtschaft weitergeht, hängt vor allem von den Gesprächen mit den USA über den derzeit andauernden Handelskonflikt ab. Sollten sich die beiden Weltmächte nicht auf eine Lösung einigen, könnte es zu neuen Strafmaßnahmen kommen, die die Weltwirtschaft noch weiter beeinträchtigen wird.

Redaktion finanzen.net

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