Konkurrenzdienst zu Google: Apple arbeitet offenbar an eigener Suchmaschine
Mit dem Erscheinen der neuesten Version des iPhone-Betriebssystems iOS im September ist Apple einen großen Schritt in Richtung Unabhängigkeit von Google gegangen. Das derzeit laufende Kartellverfahren gegen den führenden Suchmaschinenanbieter könnte Apple auf diesem Weg weiter voranbringen.
Werte in diesem Artikel
• Suche in iOS 14 von Google losgelöst
• Kartellverfahren aufgrund von Google-Zahlungen
• Hinweise auf Aufbau eines eigenen Suchdiensts
Neuerung mit Upgrade auf iOS 14
Seit der US-Tech-Gigant Apple im September mit iOS 14 die neueste Version seines iPhone-Betriebssystems ausgerollt hat, zeigt sich das Smartphone deutlich unabhängiger vom Suchmaschinenanbieter Google. Wenn iOS-Nutzer auf dem Touchscreen vom Homescreen aus nach rechts wischen, kommen sie zur Ansicht "Heute". Ganz oben befindet sich ein Suchfeld, das nun laut der "Financial Times" erstmals statt von Google bereitgestellte Suchergebnisse eine von Apple generierte Liste an Suchvorschlägen anzeigt. Diese Vorschläge basieren auf automatischer Vervollständigung der Eingabe des Nutzers und werden von Apple, basierend auf dem bisherigen Nutzungsverhalten, generiert. Dies könnte für den Konzern mit Sitz im kalifornischen Cupertino ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit sein. Vonseiten Apples selbst gibt es zwar noch keine Stellungnahme, Gerüchten zufolge soll das Unternehmen aber derzeit daran arbeiten, eine Konkurrenzplattform zu Googles Suchmaschine aufzubauen. Ein entsprechendes Konkurrenzprodukt könnte allerdings Jahre dauern. Nach einer Klage des Justizministeriums gegen Google hat Apple nun jedoch einen höheren Anreiz, dies zu ändern.
Kartellverfahren gegen Google
Sollten Regulierungsbehörden Apples Partnerschaft mit Google blockieren, könnte der Konzern von einem eigenen Suchdienst profitieren. Mit dem kürzlichen Beginn eines Verfahrens um Zahlungen von Google an Apple, die garantieren sollen, der Suchdienst auf Apple-Geräten standardmäßig eingesetzt wird, erhöht die Dringlichkeit einer eigenen Alternative. So hat das Justizministerium der Vereinigten Staaten Googles geschätzte jährliche Zahlungen in Höhe von 8 bis 12 Milliarden Dollar in den Mittelpunkt seines Kartellverfahrens gegen den Internetkonzern gestellt. Sharis Pozen, Mitvorsitzende des Bereichs Kartellrecht der Anwaltskanzlei Clifford Chance und ehemalige stellvertretende Generalstaatsanwältin im Justizministerium erklärte laut "Financial Times", dass der Fall neben jüngsten Kontroversen um Apples App Store für den iPhone-Hersteller weitere Probleme nach sich ziehen könnte. So müsse das Unternehmen unter der Leitung von Tim Cook erklären, warum es Google Milliarden von US-Dollar gekostet habe. Als Folge des Rechtsstreits könnte das Justizministerium ein Ende des Exklusivvertrags beschließen und damit Mitbewerbern den gleichen Zugang zur iOS-Plattform ermöglichen.
Apple könnte von starker Position profitieren
Zwar wäre Apple nicht das einzige Unternehmen, das mit Googles Suchdienst konkurrieren möchte, aufgrund seiner Größe ist der Konzern anderen Mitbewerbern allerdings einen großen Schritt voraus. So könnte das Unternehmen das Internet mit seinen Ressourcen von Grund auf indizieren, während kleinere Konkurrenten von Google, wie das Unternehmen mit Schwerpunkt auf Datenschutz DuckDuckGo oder der Silicon-Valley-Mitbewerber Neeva, ihre Indizes durch Quellen wie Microsofts Bing lizenzieren. Neeva-Mitbegründer Sridhar Ramaswamy lobte Apples Marktposition aufgrund des weit verbreiteten iPhones und des dazugehören Betriebssystems iOS, mit dem das Unternehmen die Standardbrowser steuere. Dass Apple in das Geschäft mit Suchergebnissen weiter vordringt, fühle sich für Ramaswamy nur natürlich an, weil das Unternehmen in der Lage ist, Daten zu sammeln und Schlüsse aus dem Nutzerverhalten zu ziehen. Laut Neeva-Investor Bill Coughran sei es zum jetzigen Zeitpunkt außerdem viel einfacher, einen neuen Suchdienst auf den Markt zu bringen als etwa noch vor mehr als 20 Jahren, als Google seine Suchmaschine erstmals veröffentlichte. Dies liege etwa an günstigeren Clouddiensten und kostenfreien Open-Source-Anwendungen, die sowohl kleineren Unternehmen als auch Apple zur Verfügung stehen. Dennoch sei der Aufbau einer Suchmaschine mit enormem Aufwand verbunden: "Jede vernünftige Suchmaschine sollte 20 bis 50 Milliarden Seiten in ihrem aktiven Index haben", so Ramaswamy.
Apple auf Personalfang
Weiterhin könnte sich Apple mit frischem Personal auf einen eigenen Suchdienst vorbereiten. Anfang 2018 stellte das Unternehmen mit John Giannandrea den ehemaligen Google-Leiter der Abteilungen Suche und Künstliche Intelligenz ein. Mit der Neubesetzung soll sich Apple erhoffen, seine künstlichen Intelligenz zu verbessern und seine Sprachassistentin Siri auszubauen. Personaltechnisch könnte Apple hier laut dem ehemaligen Google-Chefingenieur Bill Coughran, der mittlerweile Partner beim Silicon-Valley-Investor Sequoia Capital ist, ansonsten bereits gut aufgestellt sein: "Sie haben ein glaubwürdiges Team, das meiner Meinung nach die Erfahrung und die Tiefe hat, um eine allgemeinere Suchmaschine aufzubauen, wenn sie wollten", so Coughran. In Stellenausschreibungen für Ingenieure, die Apple beim Ausbau der Suchfunktion unterstützen sollen, werden Bewerber außerdem dazu aufgefordert, im Falle einer Einstellung "die Architektur von Apples bahnbrechender Suchtechnologie zu definieren und zu implementieren".
Web-Crawler Applebot weist vermehrte Aktivität aus
Mit dem Applebot verfügt der iPhone-Hersteller außerdem über einen eigenen Web-Crawler, der Webseiten durchsucht und Informationen darüber in einer Datenbank speichert, die als Grundlage einer Suchmaschine eingesetzt werden könnte. Laut verschiedenen Experten für Suchmaschinenmarketing soll Apples Crawling-Dienst in letzter Zeit besonders aktiv gewesen sein. So verwies die "Financial Times" etwa auf den Berater für digitales Marketing, Suganthan Mohanadasan, der darüber berichtete, dass der Applebot auf den Webseiten seiner Kunden in den letzten Wochen erheblich öfter entdeckt wurde. "Wenn die Crawl-Rate steigt, sagt uns das, dass sie versuchen, mehr Informationen zu sammeln", so Mohanadasan.
Apple-Ökosystem: Alles aus einer Hand
Dass Apple im Bereich der Suchergebnisse unabhängiger werden möchte, passt zum üblichen Vorgehen des Technologiekonzerns: So versucht Apple schon immer, die wichtigsten Komponenten seiner Produkte, wie etwa Chips, selbst herzustellen und in all seinen Produkten zu verbauen. Weiterhin betreibt das Unternehmen eine enge Vernetzung von Software und Hardware und versucht, Nutzer mit eigenen Diensten im Apple-Ökosystem zu halten. Bereits zuvor arbeitete Apple an einem Konkurrenzdienst zu einem beliebten Google-Tool - allerdings zu Beginn mit verhaltenem Erfolg. 2012 veröffentlichte der Konzern mit Apple Maps erstmals seinen eigenen Karten- und Navigationsdienst, der die Marktstellung von Google Maps angreifen sollte. Apples Dienst war zur Markteinführung allerdings so fehlerhaft, dass der leitende iOS-Entwickler Scott Forstall kurz darauf dazu gedrängt worden sein soll, das Unternehmen zu verlassen.
Auch Apples möglicher Eintritt in das Geschäft um Websuchen wird zum Teil kritisch gesehen. Wirtschaftsprofessor Dan Wang von der Columbia Business School hält Apple aufgrund seines Rückstands, den das Unternehmen nur sehr schwer wieder aufholen könnte, für benachteiligt. Google habe seine Vormachtstellung über Jahre hinweg weiter ausgebaut und könne nun durch seine Größe punkten. Durch das Feedback von Benutzern werden Suchergebnisse andauernd verifiziert und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. "Google erhält Hunderte von Millionen von Anfragen jede Minute von Benutzern aus der ganzen Welt - das ist ein enormer Vorteil, wenn es um Daten geht", zitiert die FT Wang.
Redaktion finanzen.net
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19.11.2020 | Apple Sell | Goldman Sachs Group Inc. |
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