Korrektur voraus?

JPMorgan-Analysten: Bullenmarkt um NVIDIA-Aktie hat Short-Positionen zerstört - was für Ungemach sorgen könnte

27.06.24 22:54 Uhr

JPMorgan-Analysten: Mega-Rally rund um NVIDIA hat Short-Seller aus dem Markt getrieben - darüber dürfen sich die Bullen aber keineswegs freuen | finanzen.net

Der seit Monaten konstant steigende Aktienmarkt hat viele Short-Seller kalt erwischt. Tausende von Bären mussten ihre Leerpositionen schließen. Doch es dürfte sich nur um einen kurzen Etappensieg der Bullen handeln, meint ein JPMorgan-Analystenteam.

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• Kursanstiege teils durch Auflösung von Short-Wetten ausgelöst
• JPMorgan sieht Gefahren in geringerer Short-Quote
• Geringere Short-Quote als negativer Kontra-Indikator?

Dank der Aussicht auf sinkende Leitzinsen und einer überraschend robusten US-Konjunktur stiegen besonders die Aktien aus den USA in den vergangenen Wochen von Rekordhoch zu Rekordhoch. Besonders rasant verlief die Rally bei den Technologie-Aktien, die getrieben von KI-Hoffnungen in ungekannte Höhen aufstiegen. Der stark technologiegewichtete NASDAQ 100 ist denn auch noch einmal deutlich stärker angestiegen als der noch stark von der "Old Economy" à la Coca-Cola, Caterpillar, Chevron oder 3M geprägte Traditionsindex Dow Jones.

Marktbeobachter stellen sich nun aber die Frage, ob die Begeisterung nicht mittlerweile bedenkliche Ausmaße erreicht hat. Steht eine eine deutliche Korrektur bevor, insbesondere bei den KI-getriebenen Tech-Aktien?

NVIDIAS Marktumschwung und seine Auswirkungen

Ein Signal für eine solche Korrektur sehen einige Marktstrategen in den heftigen Schwankungen der NVIDIA-Aktie vom vergangenen Donnerstag: Der Intra-Day-Reversal der NVIDIA-Papiere, die im frühen Handel noch deutlich anstiegen, dann aber mit einem Verlust von vier Prozent aus der Sitzung gingen, ist laut "Morningstar" zu einem Brennpunkt an der Wall Street geworden - zumal sich die Korrektur auch zum Beginn der neuen Handelswoche zunächst einmal fortsetzte.

Es stellt sich die Frage, ob dies das Ende des überschwänglichen Anstiegs von NVIDIA signalisiert oder lediglich eine vorübergehende Gewinnmitnahme darstellt. Die kurze Zeit, in der NVIDIA das wertvollste Unternehmen der Welt war, hat viele KI-Aktien nach oben getrieben, aber der jüngste Rückgang deutet auf einen Markt hin, der auf aufkommende Zweifel oder unerwartete negative Nachrichten reagiert. Diese Empfindlichkeit, die sich in der breiten Reaktion der Technologiewerte widerspiegelt, könnte auf eine potenzielle Anfälligkeit eines Marktes hindeuten, der zu Rekordhöhen aufgestiegen ist. Eine wachsende Zahl an Anlegern scheint sich die Frage zu stellen, ob das bisherige Tempo der KI-Rally wirklich nachhaltig sein kann und tendieren deshalb zu Gewinnmitnahmen.

JPMorgan stellt Rückgang der Short-Positionen fest

Ein Schlüsselfaktor, der zu dieser potenziellen Anfälligkeit beiträgt, sind die rekordverdächtig niedrigen Baissepositionen bei kritischen Vermögenswerten, wie ein Analystenteam von JPMorgan kürzlich feststellte. Das Team unter der Leitung von Nikolaos Panigirtzoglou schreibt in einer Studie, dass "der US-Aktienmarkt im vergangenen Jahr unter anderem durch den Rückgang der Short-Positionen bei den beiden größten Aktien-ETFs, SPY (S&P 500) und QQQ (Nasdaq 100), gestützt wurde". Leerverkaufspositionen, die vom Verkauf eines Vermögenswerts und dessen Rückkauf zu einem niedrigeren Preis profitieren, sind zurückgegangen. Die Deckung dieser Positionen sorgte für erheblichen Auftrieb bei Mega-Cap-Aktien. Die Analysten stellen fest, dass es im vergangenen Jahr keinen signifikanten Anstieg der Short-Positionen bei den wichtigsten Technologiewerten oder dem S&P 500-Index gegeben hat, was auf einen breiten Rückgang der bärischen Wetten hindeutet.

Risiken des verringerten Short-Interesses

JPMorgan führt den Rückgang der Short-Positionen auf drei Hauptfaktoren zurück: Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung von Short-Positionen in einem steigenden Markt, aufsichtsrechtliche Forderungen nach Transparenz, die zu einer Verknappung der Positionen führen, und Abschreckung nach dem Meme-Aktienrausch im Jahr 2021. Dieser Trend hat dazu geführt, dass das verwaltete Vermögen von Aktien-Hedgefonds mit Short-Positionen stark zurückgegangen ist, während Nicht-Bank-Anleger weltweit den höchsten Anteil an Aktien seit der Finanzkrise halten. Die stetige Eindeckung von Short-Positionen hat die Marktvolatilität unterdrückt und den Anlegern ermöglicht, größere Aktienpositionen einzugehen.

Geringe Short-Quote als Kontra-Indikator für fallende Kurse?

Dieser "implizite Short-Vol-Handel" birgt jedoch eine Schwachstelle. JPMorgan kommt zu folgendem Schluss: "In Anbetracht der Tatsache, wie niedrig das Short-Interesse derzeit ist, scheint dieser implizite Short-Vol-Trade im historischen Vergleich ziemlich ausgedehnt zu sein und stellt eine Schwachstelle für US-Aktien dar, wenn negative Nachrichten den Rückgang des Short-Interesses im vergangenen Jahr umkehren." Die derzeitige Wette auf niedrige Volatilität könnte somit prekär werden, wenn negative Nachrichten das Gleichgewicht des Marktes stören.

Der starke Rückgang der Short-Wetten kann dem JPMorgan-Team zufolge als ein Kontra-Indikator aufgefasst werden: Da bereits die meisten Investoren mit einem großen Kapitalanteil im Markt investiert sind - und es wenige verbliebene Bären gibt - gibt es bei kleineren Rücksetzern kaum noch genügend Kaufinteressenten. Deshalb können kleine Kursabschläge leicht zu deutlicheren Korrekturen führen.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: valerianic / Shutterstock.com, Immersion Imagery / Shutterstock.com

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