Erinnerungen an "Schwarzen Montag" 1987: Wie wahrscheinlich ist ein solcher Börsencrash heute noch?
Am 19. Oktober 1987 kam es an den weltweiten Börsen zum "Schwarzen Montag", einem Crash, der den Dow Jones etwa um 22,6 Prozent ins Minus riss. Mittlerweile notieren die Indizes wieder weit über ihren damaligen Ständen. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen ähnlichen Crash in diesem Ausmaß heute noch?
• "Schwarzer Montag" reißt Börsen tief ins Minus
• Gefährlicher Cocktail als Auslöser
• Sicherheitsmechanismen etabliert
"Schwarzer Montag" drückt Dow Jones tief ins Minus
Der Dow Jones Index wurde bereits im Jahr 1884 erstmals berechnet, um die Entwicklung des US-amerikanischen Aktienmarktes zu dokumentieren. Seinen - prozentual gesehen - bislang schlimmsten Kurscrash hatte das Börsenbarometer am 19. Oktober 1987. Nachdem an der Börse in den Monaten vor dem Absturz eine zuversichtliche Stimmung und dementsprechend starke Gewinne zu beobachten waren, kam es am besagten Handelstag plötzlich zu dramatischen Kursverlusten, angefangen in Hongkong, dann an den europäischen Märkten und schließlich auch an der Wall Street. Durch diesen Dominoeffekt stürzte der Dow Jones bis zum Handelsende um 22,6 Prozent bzw. 508 Punkte auf 1.728 Zähler ab. Der Börsentag ging als "Schwarzer Montag" in die Geschichte ein. Bis der Index wieder auf seinem Niveau von vor dem Crash war, dauerte es 15 Monate.
Mischung aus verschiedenen Risikofaktoren als Auslöser für den Crash
Was genau zum Absturz an den großen Börsen geführt hat, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Fest steht jedoch, dass die Inflationsraten auf hohem Niveau waren und damit die Furcht vor mehreren Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed bestand. Darüber hinaus war der Verschuldungsgrad der USA zu diesem Zeitpunkt sehr hoch. Bereits am Mittwoch zuvor wurde bekannt, dass das Handelsbilanz-Defizit der Vereinigten Staaten erneut deutlich höher ausfiel als erwartet. Auch kündigte der damalige US-Finanzminister James Baker einen Tag vor dem Crash an, dass der zuvor lange aufgewertete US-Dollar nicht weiter gestützt werden solle. Dazu kam, dass an den meisten Börsenplätzen gerade erst der computergestützte Handel eingeführt wurde, der Transaktionen erleichtern sollte, dessen Funktionsweise aber noch für Unsicherheiten sorgte.
Handelssysteme mittlerweile angepasst
Betrachtet man solche Ausnahmezustände an der Börse rückwirkend, kommt schnell die Frage auf, ob sich ein solcher Crash wiederholen kann. "Ein Crash so wie 1987 würde sich heute wohl so nicht wieder ereignen", zeigte sich Martin Hock, Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im Jahr 2017 sicher. "Das liegt zum einen daran, dass es erst seitdem automatische Handelsunterbrechungen gibt, die bei Kursrückgängen von mehr als zehn Prozent greifen. Diese können Kursrückgänge zumindest verteilen und nehmen oft genug auch Panik aus dem Markt." Darüber hinaus sah Hock die Erwartungen an die neuen Systeme zu hoch angesetzt. Gerade im Vergleich zum heutigen Stand der Technik sei der computergestützte Handel damals noch deutlich leistungsschwächer vonstattengegangen. Auch habe man die Risiken der Plattformen unterschätzt.
Tipp: Wenn die Börsen einbrechen, suchen viele Anleger nach sicheren Wegen, ihr Geld vorübergehend zu parken. Tagesgeld- und Festgeldkonten bieten sich hierfür als zuverlässige Alternativen an. Mit aktuellen Spitzenzinssätzen im Tagesgeld locken z.B. die Consorsbank* mit 3,75 % oder im Festgeld die Openbank* mit 3,5 % für sechs Monate.
Zwar sei man auch trotz fortschreitender Technik nicht ganz vor einem "automatisierungsbedingten Börsenkrach" gefeit, wie der "Flash Crash" im Jahr 2010 gezeigt habe. Damals stürzte der S&P 500 in 20 Minuten um etwa sechs Prozent ab. Das Ausmaß des Absturzes hielt sich aber in Grenzen, schließlich kam es an diesem Tag anschließend zu keinen weiteren Kursverlusten.
Weiterer Crash nicht ausgeschlossen
Auch der US-amerikanische Finanzanalyst Mark Hulbert hält es für unwahrscheinlich, dass es zu einer Wiederholung des "Schwarzen Montags" komme. Ganz ausgeschlossen werden könne ein solches Horror-Szenario jedoch nicht, wie der Experte in einem Beitrag für "MarketWatch" schrieb. So verwies Hulbert auf eine Studie von Xavier Gabaix, Parameswaran Gopikrishnan, Vasiliki Plerou und H. Eugene Stanley aus dem Jahr 2003, in der die Forscher die Volatilität am Aktienmarkt untersuchten. Innerhalb der wissenschaftlichen Arbeit wurde eine Formel abgeleitet, die die durchschnittliche Häufigkeit von Börsencrashs über lange Zeiträume hinweg bestimmen soll. Wie Hulbert unter Verweis auf die Arbeit erklärte, liege die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Absturzes um 22,6 Prozent an einem Tag bis 2053 demnach bei eins zu fünf. Der Stratege verwies aber darauf, dass sich mit der Formel nur die Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Zeitraum berechnen lasse, nicht aber wann es tatsächlich zum Crash kommt.
Warnung vor "Schwarzen Schwänen"
Dass Crashs wie der "Schwarze Montag" aber nicht ganz von ungefähr kommen, zeigen Hulbert zufolge die Erkenntnisse des ehemaligen Finanzmathematikers Nassim Taleb. In seinem Buch "Black Swan: The Impact of the Highly Improbable", das im Deutschen unter dem Titel "Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse" erschien, betonte der Marktbeobachter die schwerwiegenden Folgen täglicher Veränderungen an den Börsen. Diese lassen sich demnach nicht in eine Normalverteilung, dargestellt durch eine gaußsche Glockenkurve, einordnen, sondern weise minimale Unterschiede in der linken und rechten Kurve auf. Die etwas stärkere Verteilung auf der linken Seite solcher Schaubilder enthalte demnach "Schwarze Schwäne", also unerwartete Ereignisse.
Portfolio sollte auf Risiken ausgerichtet werden
Um diesen Risiken entgegenzuwirken, sollten Anleger eine möglichst "hyperkonservative" und "hyperaggressive" Anlagestrategie an den Tag legen, so Taleb. "Anstatt Ihr Geld in Anlagen mit ‚mittlerem Risiko‘ zu investieren ... müssen Sie einen Teil, sagen wir 85 bis 90 Prozent, in extrem sichere Instrumente wie Schatzanweisungen investieren", so der Autor in seinem Beststeller. "Die verbleibenden 10 bis 15 Prozent stecken Sie in extrem spekulative Wetten, die so gut wie möglich gehebelt sind (wie Optionen)."
Und auch Hulbert rief Anleger dazu auf, die Gefahr eines solchen unerwarteten Crashs beim Investieren zu beachten. Hier könne es sich lohnen, gemeinsam mit einem Finanzberater eine entsprechende Strategie zu erarbeiten.
Kursverluste bieten auch Chancen
Andreas Deutsch vom "Aktionär" konnte dem Crash von 1987 - trotz der damaligen Panik am Markt - immerhin auch Positives abgewinnen. So brachten die starken Kursrückgänge günstige Kaufgelegenheiten, wenn man die damaligen Aktienpreise mit dem heutigen Kursniveau vergleicht. Daher zeige der "Schwarze Montag", dass die Börse bislang jede Krise überwunden habe. "Anleger mit Weitsicht, die jetzt Qualitätsaktien kaufen, werden sich irgendwann hochzufrieden auf die Schulter klopfen", so der Experte für die Bereiche Konsum, Medien und Tech. So oder so: Ein Leichtes ist der Krisenschutz des Portfolios sicherlich nicht.
Fabian Bullinger / Redaktion finanzen.net
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