Keine Ergebnisse: Trump nennt Demokraten-Vorwahl in Iowa "totales Chaos"

04.02.20 15:35 Uhr

DES MOINES (dpa-AFX) - Die erste Vorwahl der Demokraten im US-Präsidentschaftsrennen hat ein komplettes Chaos ausgelöst. Die Partei sah sich nach der wegweisenden ersten Abstimmung im Bundesstaat Iowa nicht in der Lage, in der Nacht zum Dienstag Ergebnisse zu veröffentlichen. Auch am Dienstagmorgen (Ortszeit) war zunächst noch unklar, wann Resultate vorliegen könnten. Von den Bewerbern um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten hagelte es Kritik. Die Vorwahl in Iowa, von der große Signalwirkung ausgeht, führte wegen der Verzögerung auch zu einer Kontroverse zwischen den demokratischen Bewerbern.

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Iowas Parteichef Troy Price sagte in einer kurzen Telefonschalte mit Journalisten um 1.00 Uhr nachts (Ortszeit/8.00 Uhr MEZ) am Dienstag, die Ergebnisse würden "später am Tag" bekanntgegeben. Stimmen würden per Hand überprüft. Price legte auf, ohne Fragen zu beantworten. Die Demokraten hatten die Verzögerung zuvor mit "Qualitätskontrollen" begründet. Bei drei Datensätzen gebe es "Ungereimtheiten". Es handele sich nicht um einen Hackerangriff. US-Medien berichteten, eine App zur Erfassung von Ergebnissen habe Probleme bereitet.

Unter den Kandidaten begann der Kampf um die Deutungshoheit. Der Ex-Bürgermeister von South Bend, Pete Buttigieg, sagte vor Anhängern in Iowas Hauptstadt Des Moines, nach allen Anzeichen gehe er "siegreich" in die nächsten Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire, die am kommenden Dienstag stattfinden.

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Das Wahlkampfteam von Senator Bernie Sanders reagierte prompt und veröffentlichte interne Zählungen, wonach Sanders nach Auszählung von allerdings nur 40 Prozent der Wahlbezirke in Iowa vorne liegt. Den Angaben des Sanders-Teams zufolge ist Buttigieg an zweiter Stelle, dahinter Senatorin Elizabeth Warren. Der als einer der Favoriten gehandelte Ex-US-Vizepräsident Joe Biden schaffte es demnach nur auf einen schwachen vierten Platz.

Bidens Team war denn auch das erste, das in einem von US-Medien veröffentlichten Schreiben an die Partei in Iowa "erhebliche Mängel" in dem Auszählungsprozess kritisierte. Man erwarte die Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor offizielle Ergebnisse veröffentlicht würden, hieß es in dem Brief.

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Warren-Berater Joe Rospars warnte auf Twitter: "Jedes Wahlkampfteam, das sagt, dass es gewonnen hat oder das unvollständige Zahlen herausgibt, trägt zum Chaos und zur Fehlinformation bei." Rospars kritisierte, der Vorwahl-Prozess in Iowa sei "zusammengebrochen". Sowohl Menschen als auch die Technik hätten versagt. Der US-Sender CNN sprach von einem "unglaublichen Versagen".

US-Präsident Donald Trump spottete am Dienstag auf Twitter, die Abstimmung bei den Demokraten sei ein "komplettes Desaster". Er kritisierte: "Nichts funktioniert, genau so wie sie das Land regiert haben." Er selbst sei der einzige, der einen "sehr großen Sieg" in Iowa für sich selbst reklamieren könne.

Auch Trumps Wahlkampfmanager, Brad Parscale, verhöhnte die Demokraten. Sie könnten nicht einmal eine Vorwahl organisieren, wollten aber die Regierung übernehmen, schrieb er auf Twitter.

Mehrere Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten traten am späten Montagabend vor ihren Anhängern in Des Moines auf, ohne das Ergebnis der Vorwahl zu kennen. Sie konzentrierten sich in ihren Reden auf Angriffe gegen Trump.

Biden warnte, vier weitere Jahre Trump würden den Charakter der USA grundlegend verändern. Sanders betonte: "Heute wurde der Anfang vom Ende Donald Trumps markiert, des gefährlichsten Präsidenten in der modernen amerikanischen Geschichte." Warren sagte: "Als Partei sind wir heute einen Schritt näher dran, den korruptesten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte zu besiegen." Buttigieg sprach von der einzigen Chance, Trump zu besiegen.

Bei Parteiversammlungen hatten Demokraten und Republikaner in Iowa am Montagabend (Ortszeit) darüber abgestimmt, wen sie für den besten Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei halten. Das Prozedere bei diesen "Caucus"-Treffen ist kompliziert und unterscheidet sich deutlich von Abstimmungen per Wahlzettel. Die Vorwahl in Iowa war die erste in den USA im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur beider Parteien.

Trump gewann die Vorwahl bei seinen Republikanern erwartungsgemäß mit überwältigender Mehrheit - er hat als Amtsinhaber keine ernstzunehmende parteiinterne Konkurrenz in dem Rennen. Die Republikaner in Iowa teilten am Dienstag nach Auszählung aller Wahlbezirke mit, Trump sei auf gut 97 Prozent der Stimmen gekommen. Seine beiden Konkurrenten - der frühere Gouverneur von Massachusetts, Bill Weld, und der konservative Radio-Moderator und Ex-Kongressabgeordnete Joe Walsh - kamen demnach jeweils nur auf etwas mehr als ein Prozent.

Bei den Demokraten ist das Rennen dagegen hart umkämpft. Insgesamt hatte es bei ihnen fast 30 Präsidentschaftsbewerber gegeben, 17 sind bereits ausgestiegen, 11 sind noch übrig. Auf nationaler Ebene liegt in Umfragen seit langem - in wechselnden Konstellationen - ein Führungstrio aus Biden, Sanders und Warren vorne. In Umfragen in Iowa hatte Biden (77) über lange Strecken auch auf Platz eins gelegen. Zuletzt war aber Sanders (78) an ihm vorbeigezogen und hatte sich dort die Favoritenrolle gesichert.

Iowa ist mit seinen drei Millionen Einwohnern auf nationaler Ebene kein Schwergewicht und schickt im Sommer auch nur wenige Delegierte zu den Nominierungsparteitagen von Demokraten und Republikanern. In dem kleinen Staat hat sich aber in der Vergangenheit oft gezeigt, wer am Ende als Kandidat seiner Partei das Rennen macht.

Kurz nach Iowa steht am 11. Februar die nächste Vorwahl in New Hampshire an. Mehrere demokratische Kandidaten reisten von Iowa aus direkt dorthin weiter, um ihren Wahlkampf fortzusetzen. Auch in New Hampshire liegt Sanders in Umfragen unter den demokratischen Präsidentschaftskandidaten vorne - sogar mit deutlichem Abstand zu Biden. Am 3. März folgt die nächste große Wegmarke: der "Super Tuesday" mit Abstimmungen in mehr als einem Dutzend US-Bundesstaaten. Die Vorwahlen ziehen sich bis Juni hin. Im Sommer folgen Nominierungsparteitage beider Parteien. Die Präsidentschaftswahl steht schließlich am 3. November an.