"Vorsichtig optimistisch"

VW-Aktie dreht ins Minus: Auslastung im Stammwerk im Blick - Urteile von EuGH und BGH rund um Diesel-Skandal

14.07.22 15:15 Uhr

VW-Aktie dreht ins Minus: Auslastung im Stammwerk im Blick - Urteile von EuGH und BGH rund um Diesel-Skandal | finanzen.net

Nach dem krisenbedingt starken Abrutschen der Produktion sieht der neue VW-Kernmarkenchef Thomas Schäfer Chancen für eine höhere Auslastung des Stammwerks Wolfsburg.

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"Wir sind vorsichtig optimistisch, weil alles getan wird, um das zweite Halbjahr spürbar stabiler fahren zu können", sagte der Manager der Firmenzeitschrift "Mitbestimmen" zur Frage, ob ein Aufholen gelingen könne. "Trotz der schwierigen Situation für die Menschen können die Zulieferer aus der Ukraine derzeit wieder verlässlicher Kabelstränge liefern, und auch bei den Halbleitern sieht es besser aus."

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Schäfer, der im Konzern künftig auch für die Gesamtsteuerung der "Volumengruppe" mit den Töchtern VW Pkw, Seat/Cupra, Skoda und den leichten Nutzfahrzeugen zuständig ist, schränkte allerdings ein: "Aber klar ist, es bleibt viel Unsicherheit im System." Die Knappheit bei Mikrochips und weiteren Zulieferteilen seit Kriegsbeginn hatten die Fertigung am VW-Hauptsitz erheblich gebremst - auch andere Autobauer bekamen Probleme. Zahlreiche Schichten mussten ausfallen.

Laut Betriebsratschefin Daniela Cavallo landete Wolfsburg zur Mitte des Jahres weit unter dem ursprünglich angepeilten Ziel. Man stehe bei gerade mal einem Drittel (190 000 Stück) des alten Plans für 2022 von 570 000 Fahrzeugen, sagte sie kürzlich. 2021 hatte Volkswagen hier wegen des Chipmangels insgesamt weniger als 400 000 Autos fertig bekommen - es war ein Tiefstand seit Ende der 1950er Jahre.

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Schäfer betonte, die Taskforce des Konzerneinkaufs tue jede Tag ihr Möglichstes, um abgesagte Zulieferungen zu ersetzen. So gelinge es, Chargen von teils Zehntausenden ausgebliebenen Bauteilen innerhalb weniger Stunden anderswo nachzuordern. "Das ist echt ein Kampf. (...) Und diese Einschläge, jetzt gemischt mit China und Nachwirkungen aus dem Lockdown dort - da bin ich halt eher vorsichtig optimistisch."

Cavallo meinte dazu: "Es nagt halt an allen." An den meisten Wolfsburger Montagelinien gibt es derzeit keine Nachtschichten mehr. Und manchmal "keimt der Verdacht auf, der Standort werde bewusst runtergefahren". Sie machte jedoch deutlich, dass die Beschäftigten Vertrauen in die Führung bräuchten: "Das Unternehmen hat gerade die Nachtschichten abgeknipst und würde dann nur wenige Monate später wieder mit Sonderschichten um die Ecke biegen. Ich wünsche mir wirklich, dass wir bald wieder besser wissen, was auf uns zukommt."

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EuGH: VW-Abschaltsoftware kann Kaufvertragsauflösung rechtfertigen

Volkswagen muss Autos mit sogenannten Abschalteinrichtungen unter bestimmten Umständen von seinen Kunden zurücknehmen. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom Donnerstag klargestellt, dass eine Software, die "einen überwiegenden Teil des Jahres" einen höheren Ausstoß von Schadstoffen zulasse, grundsätzlich unzulässig sei. Ob dies in konkreten Fällen gegeben ist, müssen nun nationale Gerichte prüfen. Hintergrund des Urteils sind drei Verfahren, die vor österreichischen Gerichten verhandelt wurden, in denen VW-Autos mit einer Abschaltsoftware ausgestattet waren (Rechtssachen C-128/20, C-134/20, C-145/20).

Nach Angaben des EuGH habe diese Software zum Teil Stickoxid-Emissionen zugelassen, die höher waren, als es die EU-Grenzwerte erlaubten. Dies sei nach Angaben der nationalen Gerichte bei Temperaturen unter 15 beziehungsweise über 33 Grad Celsius der Fall gewesen. VW spricht von Temperaturen unter zehn Grad.

Die für die verhandelten Fälle geltende EU-Regelung sieht dem Gerichtshof zufolge vor, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine Nachbesserung und einen Ersatz des Wagens verlangen könnten, sofern dies für das Unternehmen nicht unmöglich oder unverhältnismäßig sei.

Die Kunden können aber unter bestimmten Umständen auch eine Preisminderung oder eine Vertragsauflösung verlangen. Dies ist der Fall, wenn der Verkäufer nicht in einer angemessenen Frist oder ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe schafft, wie der EuGH mitteilte. Nach Ansicht von VW ist die in den verhandelten Fällen verwendete Software zulässig, auch weil sie den Motor schütze und somit Unfälle vermeiden könne. "Die Auswirkungen des Urteils auf Volkswagen sind deshalb gering", hieß es in einer ersten Stellungnahme.

Zweites Leben für E-Auto-Batterien - VW testet Schnellladepark

Batteriemodule ausgedienter Elektro-Autos könnten künftig als Stromspeicher in Ladeparks ein zweites Leben führen. Ein solches Projekt hat Volkswagen am Donnerstag in seinem Zwickauer Werk gestartet. Konkret wurden 96 Module aus Vorserienfahrzeugen des ID.3 und ID.4 zu einer Powerbank zusammengefügt. Sie wird den Angaben nach mit Strom aus seiner Solaranlage gespeist und hat eine Kapazität von 570 Kilowattstunden. An dem Schnellladepark könnten so bis zu acht Fahrzeuge gleichzeitig mit einer Leistung von 75 Kilowatt geladen werden. Insgesamt seien drei solcher Stationen auf dem Werksgelände geplant, hieß es.

Nach Unternehmensangaben könnten über solche Stromspeicher künftig Schnellladestationen vergleichsweise kostengünstig errichtet werden, wo es das vorhandene Stromnetz bisher nicht hergibt. Außerdem könnten sie als Puffer dienen, wenn zu bestimmten Tageszeiten ein erhöhter Strombedarf für das Laden von Elektroautos erforderlich ist. "Die Weiterverwendung von Batterien ist ein wichtiges Zukunftsthema, das eng mit dem Hochlauf der Elektromobilität verbunden ist", betonte die Finanzgeschäftsführerin von Volkswagen Sachsen, Karen Kutzner.

Auch andere Autobauer nutzen bereits ausgediente Batterien als Stromspeicher. So hat Audi voriges Jahr in Nürnberg einen "Charging Hub" eröffnet, der auf gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien aus demontierten Erprobungsfahrzeugen beruht. BMW hatte schon 2017 in Leipzig eine sogenannte Speicherfarm in Betrieb genommen. Auf dem Werksgelände erhalten dabei bis zu 700 Batterien des Elektroautos i3 eine zweite Nutzung nach ihrem Einsatz in den Autos. Der Speicher wird nach Angaben eines Sprechers aus vier werkseigenen Windrädern mit Strom gespeist. Er diene dazu, die Produktion mit Strom zu versorgen, sei aber auch ans öffentliche Stromnetz angeschlossen.

BGH im Dieselskandal: Kein Restschadenersatz von VW bei Konzernmarken

Dieselkläger, die zu spät vor Gericht gezogen sind, können nur dann auf Geld von Volkswagen hoffen, wenn es um einen neu gekauften VW geht. Bei Autos anderer Konzernmarken wie Audi liegen die Voraussetzungen auf sogenannten Restschadenersatz nicht vor, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschied. Gebrauchtwagen-Käufer haben nach einem früheren Urteil aus Karlsruhe generell keinen Anspruch darauf. (Az. VII ZR 422/21)

Restschadenersatz kann Diesel-Besitzern zustehen, deren Schadenersatz-Forderungen berechtigt, aber bereits verjährt sind. Dafür muss VW aber - so die Formulierung im Gesetz - durch die unerlaubte Handlung "etwas erlangt" haben. VW hatte Audi mit dem Skandalmotor EA189 beliefert und muss Käufern gegenüber dafür auch grundsätzlich haften. Einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem späteren Verkauf der Autos hatte VW laut BGH aber nicht. Für die Zahlung von Restschadenersatz wäre das eine Grundvoraussetzung. Laut VW ist die Entscheidung auf gut 1000 laufende Verfahren übertragbar.

In dem Fall geht eine Audi-Besitzerin aus Baden-Württemberg nun leer aus. Sie hätte bis spätestens Ende 2019 klagen müssen, tat dies aber erst 2020. Andere Ansprüche kommen nicht infrage.

Gericht: VW muss Motorenentwickler im Top-Management behalten

Volkswagen soll einen gekündigten Manager aus der Dieselmotoren-Entwicklung weiter beschäftigten. Der Autobauer müsse dem früheren Hauptabteilungsleiter eine Position geben, bei der er den Status Mitglied des Top-Managements beibehalte, teilte das Arbeitsgericht Braunschweig am Donnerstag mit. Mit dieser Entscheidung war nach einer Verhandlung im Juni gerechnet worden, nun wurde sie als abschließendes Urteil in der Instanz verkündet.

Der Kläger war gegen die Entlassung vorgegangen, die VW im Zusammenhang mit dem Abgasskandal gegen ihn ausgesprochen hatte. Die außerordentliche Kündigung war bereits rechtskräftig als unwirksam erklärt worden. Der aktuelle Antrag des Mannes richtete sich gegen die hilfsweise ordentliche erklärte Kündigung.

Nach dem Bekanntwerden von "Dieselgate" im September 2015 waren in mehreren Ländern Schadenersatz- und Strafprozesse gegen ehemalige Mitarbeiter des größten europäischen Autokonzerns angelaufen. Hinzu kamen in Deutschland zudem etliche Arbeitsgerichtsverfahren - Volkswagen hatte einige Führungskräfte vor die Tür gesetzt, mal hatte der Konzern Erfolg, in anderen Fällen setzten sich Kläger durch.

Im aktuellen Fall erkenne das Gericht den Anspruch des Klägers an, entsprechend eines bereits 2018 geschlossenen Vergleichs in ähnlicher Position weiterbeschäftigt zu werden. Die geforderten Zahlungsansprüche auf Vergütung ab Mai 2020, Boni für 2019 bis 2021 und Schadenersatz für die Vorenthaltung eines Dienstwagens mit Tankkarte sieht das Gericht derzeit aber als "ganz überwiegend unbegründet" an.

Am Donnerstag gewinnt die Vorzugsaktie von Volkswagen am Vormittag zunächst nach einem schwachen Handelsauftakt im XETRA-Handel. Der Kurs gibt anschließend jedoch nach und die Aktie rutscht mit -1,28 Prozent auf 126,70 Euro zeitweise deutlich unter die Nulllinie.

LUXEMBURG/KARLSRUHE (dpa-AFX)

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Bildquellen: ricochet64 / Shutterstock.com, Vytautas Kielaitis / Shutterstock.com

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