Interview

Continental: Zulieferer mit Grip

18.04.13 17:00 Uhr

Trotz der Flaute auf dem europäischen Automarkt wollen die Niedersachsen beim Wachstum weiter Gas geben. Continental-Finanzchef Wolfgang Schäfer über die Perspektiven des Unternehmens und seine Rezepte gegen künftige Krisen.

Werte in diesem Artikel
Indizes

1.816,8 PKT 0,3 PKT 0,02%

21.394,9 PKT -16,6 PKT -0,08%

485,7 PKT 2,1 PKT 0,43%

191,3 PKT 0,8 PKT 0,43%

534,2 PKT 0,4 PKT 0,07%

5.219,4 PKT 1,9 PKT 0,04%

553,0 PKT 6,2 PKT 1,13%

11.107,4 PKT -3,5 PKT -0,03%

7.735,0 PKT 57,2 PKT 0,75%

8.259,0 PKT 0,8 PKT 0,01%

2.980,9 PKT -8,9 PKT -0,30%

6.101,2 PKT -17,5 PKT -0,29%

4.526,7 PKT 5,7 PKT 0,13%

von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Autofan muss man nicht sein“, sagt Wolfgang Schäfer auf die Frage, was man braucht, um als Finanzchef des zweitgrößten europäischen Automobilzulieferers erfolgreich zu sein. Kaum eine Branche ist stärker auf Effizienz und Kostenminimierung getrimmt als die Automobilzulieferer. Entsprechend genau muss auch ein Finanzmann beim Autoteile- und Reifenhersteller in Hannover auf die Kennziffern blicken.

Wer­bung

Den großen Schnitt hat Conti schon hinter sich. 2008 und 2009 mussten die Niedersachsen zwangsweise ihre Kostenbasis reduzieren. Als Folge der Lehman-Pleite brachen weltweit Konjunktur und Autoabsatz­ dramatisch ein. Zudem hatte Conti die Sparte VDO von Siemens zu einem horrenden Preis übernommen, war mit über zehn Milliarden Euro verschuldet. Die Hannoveraner­ bauten weltweit rund 15.000 Stellen ab.

Auch im Frühjahr 2013 ist das Umfeld für das Unternehmen alles andere als einfach. Der Februar war europaweit der schlechteste aller Zeiten für Europas Autobranche. Für Conti ist das schwierig, denn der Name ist Programm: Insgesamt macht Conti rund 55 Prozent seines Umsatzes in Europa, in der gewinnträchtigen Reifensparte sind es sogar drei Viertel des Geschäfts.

Wer­bung

Hehre Ziele bei Gegenwind
Das Management hat gleichwohl ehrgeizige Ziele angekündigt: Nach einem Plus von sieben Prozent beim Umsatz im Rekordjahr 2012 peilen Conti-Chef Elmar Degenhart und sein Finanzchef im laufenden Jahr rund fünf Prozent an. Auch die operative Gewinnmarge soll wieder über zehn Prozent liegen. „Ausstattungsrate“ heißt die Quelle der Zuversicht, was den europäischen Teil des Geschäfts angeht. „Wir wachsen in Europa, weil der Anteil der Fahrzeuge, die mit unseren Komponenten ausgerüstet sind, steigt“, erklärt Schäfer. Das Produktportfolio passt jedenfalls: Technologisch sind Notbrems- oder Spurwechselassistenten, Head-up-Displays oder auch die jüngste Generation von Turboladern auf dem neuesten Stand. Bei Conti bedienen sich Massenhersteller wie Opel oder Ford genauso wie die Premiumanbieter Daimler, Audi oder BMW.

Für das nächste Jahr rechnen die Strategen im rotbraunen Klinkerbau in Hannover wieder mit einem leichten Marktwachstum in Europa. „Wir gehen davon aus, dass der Fahrzeugbestand trotz der Krise 2014 einer gewissen Erneuerung bedarf“, sagt Schäfer. Das kurbelt das Geschäft mit Reifen an Neuwagen und das Teilegeschäft an. Die Lieferungen an Endkunden im Ersatzreifengeschäft folgen mit Zeitverzug dem Neuwagenabsatz und sind recht gut prognostizierbar.

Wer­bung

Das strategische Ziel, langfristig pro Jahr fünf Prozent schneller zu wachsen als der Markt, ist indes nur auf globaler Ebene zu schaffen. In den USA sieht der Konzern sowohl 2013 als auch 2014 ein gesundes Wachstum, weil die US-Karossen im Schnitt etwa elf Jahre alt sind.

Absatzmotor ist der weltgrößte Automarkt, China. Über die guten Beziehungen zu westlichen Herstellern wie Volkswagen hinaus sieht der Vorstand im Geschäft mit heimischen Herstellern große Umsatzpotenziale. Die chinesischen Hersteller, so Schäfer, wollen ihre Qualität erhöhen und suchen sich danach die Zulieferer aus. „Wir gewinnen Marktanteile in China“, sagt der Finanzmann selbstbewusst.

Um künftig ein globales Rad zu drehen, setzten die Niedersachsen ein milliardenschweres Investitionsprogramm auf. Derzeit entstehen neue Reifenfabriken in Indien, China, Russland, Brasilien und den USA. Die Vision ist es, künftig weltweit ausgewogen aufgestellt zu sein.

Hehre Ziele — doch zunächst muss der Vorstand durch die Branchenschwäche in Europa manövrieren. Finanzchef Schäfer über den aktuellen Lauf der Geschäfte — und die Frage, wie sich Conti gegenüber einer großen Autokrise gerüstet sieht.

€uro am Sonntag: Wie lief denn das erste Quartal des Jahres?
Wolfgang Schäfer:
Wir hatten ja schon anlässlich unserer Jahrespressekonferenz Anfang März angedeutet, dass wir für das erste Quartal einen Umsatzrückgang von rund ein bis drei Prozent gegenüber dem sehr starken Vorjahresquartal erwarten. Das hat sich im Wesentlichen so bestätigt: Wir liegen leicht unter dieser Einschätzung. Die geringere Zahl von Arbeitstagen im Vergleich zum Vorjahresquartal und der in Europa sehr lang anhaltende Winter haben dazu beigetragen. Beim operativen Ergebnis liegen wir damit unter dem sehr starken Vorjahreswert, aber im Rahmen unserer Erwartungen. Wir sind also von der Entwicklung nicht negativ überrascht worden.

Wie geht es weiter?
Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Quartal den Tiefpunkt dieser Entwicklung markiert haben. Wir sollten uns jetzt schrittweise in Richtung unserer Zielmarke für 2013 von fünf Prozent Umsatzplus gegenüber 2012 bewegen.

Wolfgang Schäfer, Continental-Chef
Der europäische Automarkt steckt in der Krise. Conti erzielt hier den Großteil der Reifenumsätze. Was unternehmen Sie?
Wir sehen im Reifengeschäft in Europa insgesamt eine Stabilisierung. Im zweiten Halbjahr halten wir eine leichte Steigerung für möglich. 2013 wollen wir zudem unseren Konzernumsatz in Nord- und Südamerika sowie in Asien insgesamt weiter steigern. Und wir wollen den Anteil unseres Geschäfts erhöhen, das wir mit Kunden außerhalb der Automobilbranche erwirtschaften. Mittelfristig sollen die Geschäfte auf den Reifenersatzmärkten und das Industriegeschäft von ContiTech eher 40 als 30 Prozent des Konzerngeschäfts ausmachen.

Conti investiert Milliarden in den Aufbau neuer Kapazitäten. Ist das nicht ein großes Risiko angesichts der starken Nachfrageeinbrüche, denen sich die Autobranche in der Vergangenheit gegenübersah?
Die Branche ist in der Tat volatil, aber wir kennen das Geschäft bereits sehr lange und sehr gut. Das weltweite Reifenersatzgeschäft etwa ist recht robust: Wir gehen davon aus, dass es in dieser Dekade pro Jahr wie in der Vergangenheit auch um drei bis vier Prozent wächst. Das entspricht etwa der Kapazität von zehn bis 15 neuen Werken pro Jahr, was deutlich über den insgesamt angekündigten Kapazitätserhöhungen der Branche liegt. Im Automobilzuliefergeschäft erhalten wir die Aufträge schon zwei bis drei Jahre vor Produktionsbeginn. Die Investitionen tätigen wir aber erst etwa zwölf Monate vor dem Produktionsstart. Auch hier können wir also recht gut abschätzen, wie sich der Absatz entwickelt und welche Kapazität wir dafür aufbauen müssen. Zudem können wir regionale Schwankungen über unsere weltweit aufgestellten Werke weitgehend ausgleichen.

2009 kam der Konzern dem finanziellen Abgrund nahe. Könnten Sie heute besser damit umgehen?
2009 ist die Autoproduktion weltweit zusammengebrochen, wir hatten deshalb eine weitaus niedrigere Ergebnisbasis als heute, während wir gleichzeitig die 2007 übernommene Siemens VDO integrieren mussten. Die Folgen der Krise machten Abschreibungen in Milliardenhöhe auf den Zukauf erforderlich — dies wäre in einer denkbaren neuen tiefen Krise wahrscheinlich nicht mehr erforderlich. Und vor allem sind wir heute bei Weitem nicht mehr so stark verschuldet wie 2009 und könnten für den Fall der Fälle eine ähnliche Krise weitaus besser meistern. Zudem sind auch die Automotive-Divisionen nach der Inte­gration deutlich stabiler aufgestellt.

Sie haben noch 5,3 Milliarden Euro Nettoschulden, es waren mal über zehn Milliarden. Was geht vor: Schuldenabbau oder Zukäufe?
Die Verschuldung soll weiter sinken, wir wollen den Verschuldungsgrad unter den erreichten 60 Prozent halten. Wir sind in den meisten Geschäftsfeldern bereits unter den Top  3 vertreten und als Systemzulieferer in den relevanten Märkten gut aufgestellt. Daher besteht keine akute Notwendigkeit, uns hier zu verstärken. Wir streben aber mehr Umsatz im Geschäft außerhalb der Auto­mobil-Erstausrüstung an, um so eine bessere Balance zu erreichen.

Wo wollen Sie investieren und wie teuer darf’s sein?
Übernahmen in der Größenordnung von rund einer Milliarde Euro sind denkbar. Wir wollen uns hier vor allem außerhalb Europas engagieren. Aber dafür muss es natürlich auch geeignete Ziele geben.

Investor-Info

Continental
Die 100 im Blick

Trotz des schwachen europäischen Autogeschäfts und eines leichten Umsatzrückgangs im ersten Quartal hat Finanzchef Schäfer die Prognose von fünf Prozent Umsatzplus 2013 bestätigt. Die Aktie ist angesichts eines anvisierten Gewinnwachstums von fünf bis sechs Prozent moderat bewertet, die Dividendenrendite mit über zwei Prozent ordentlich. Kurzfristig könnte die Marke von 100 Euro eine Barriere darstellen. Dennoch attraktiv.

Gewinne
Reifen geben Gummi

Das Gros des Umsatzes entfällt mit rund 60 Prozent im abgelaufenen Geschäftsjahr auf die Autoteilesparte Automotive. Der Reifenbereich Rubber, zu dem auch das kleinere Industriegeschäft ­ContiTech zählt, liefert den Rest — und sorgt dennoch für etwa zwei Drittel des Vorsteuerergebnisses. Die hohe Rendite verdankt Conti seiner Reifenmarke, die bei Europas Autofahrern sehr beliebt ist.

Bildquellen: Continental AG

Nachrichten zu Continental AG

Wer­bung

Analysen zu Continental AG

DatumRatingAnalyst
21.01.2025Continental BuyUBS AG
16.01.2025Continental Market-PerformBernstein Research
15.01.2025Continental BuyUBS AG
13.01.2025Continental BuyUBS AG
05.12.2024Continental BuyJefferies & Company Inc.
DatumRatingAnalyst
21.01.2025Continental BuyUBS AG
15.01.2025Continental BuyUBS AG
13.01.2025Continental BuyUBS AG
05.12.2024Continental BuyJefferies & Company Inc.
03.12.2024Continental OverweightBarclays Capital
DatumRatingAnalyst
16.01.2025Continental Market-PerformBernstein Research
05.12.2024Continental Market-PerformBernstein Research
18.11.2024Continental HoldDeutsche Bank AG
12.11.2024Continental HoldDeutsche Bank AG
09.10.2024Continental HoldDeutsche Bank AG
DatumRatingAnalyst
29.11.2024Continental UnderperformBernstein Research
27.11.2024Continental UnderperformBernstein Research
13.11.2024Continental UnderperformBernstein Research
11.11.2024Continental UnderperformBernstein Research
21.10.2024Continental UnderperformBernstein Research

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Continental AG nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"