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ProSiebenSat.1: Ein Kanal voller Fragen

16.07.13 03:00 Uhr

ProSiebenSat.1-Vorstandschef Thomas Ebeling hat aus dem TV-Konzern eine Kursrakete gemacht. Doch beim Rückzug der Finanzinvestoren KKR und Permira droht Ungemach.

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von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag

Lange hatten sie gesucht, die Finanzinvestoren KKR und Permira. Jedoch einen strategischen Käufer für den ­TV-Konzern ProSiebenSat.1 aufzutreiben, ist offensichtlich ein schwieriges Unterfangen. Der Axel Springer Verlag und Rupert Murdochs News Corp galten ebenso als Interessenten wie die US-Medienkonzerne Time Warner und Discovery. Doch am Ende winkten alle ab.

Für den Partner von Permira und Aufsichtsratschef von ProSiebenSat.1, Götz Mäuser, ist der Fall klar: „Wir sind ein Opfer des eigenen ­Erfolgs geworden“, sagte er gerade dem „Spiegel“. Für einen deutschen Käufer sei ProSiebenSat.1 einfach zu teuer, und globalen Konzernen stehe der Sinn nach Digitalisierung, nicht nach Internationalisierung.

So nehmen die beiden 2006 eingestiegenen Private-Equity-Häuser nun Plan B ins Visier, den scheibchenweisen Ausstieg über die Börse. Die Hauptversammlung am 23. Juli soll dafür die Voraussetzungen schaffen: Allen voran sollen Stamm- und Vorzugsaktien zusammengelegt werden, wodurch sich die Stimmrechte der Investoren schon mal von 88 auf 44 Prozent reduzieren. „Das macht das Papier liquider“, sagt Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe, „und der Ausstieg der Finanzinvestoren wird für zusätzliches Kurspotenzial bei der ProSiebenSat.1-Aktie sorgen.“ Mit 100 Prozent Streubesitz und sieben Milliarden Euro Marktwert sei das Papier Aufstiegskandidat für den DAX. „Damit wird die Aktie als erster Medienwert im Börsenoberhaus noch stärker in den Blickpunkt institutioneller Investoren rücken.“ So weit die Theorie.

Mit Hängen und Würgen
Doch unklar ist, wie KKR und Permira den Rückzug in die Tat umsetzen wollen — und können. Mäuser schweigt dazu. Schlienkamp glaubt, dass es abhängig vom Börsenklima sehr schnell gehen kann. Ein Blick auf eine weitere Permira-Beteiligung lässt allerdings eher das Gegenteil befürchten.

Denn beim Modekonzern Hugo Boss vollzieht der Finanzinvestor den Exit gerade mit Hängen und Würgen — trotz eines funktionstüchtigen Geschäftsmodells bei Boss. So konnte sich Permira Anfang Mai erst nach weitreichenden Zugeständnissen von einem Zehn-Prozent-Paket trennen. Neben einem kräftigen Preisabschlag mussten die Investoren außerdem versichern, den verbleibenden Anteil von 56 Prozent noch mindestens neun Monate zu halten. Ein solcher Salami-Ausstieg könnte auch bei ProSiebenSat.1 für Turbulenzen und Verunsicherung bei Anlegern sorgen.

Das wiederum sieht auch Schlienkamp: „Wichtig für die Stabilität ist jetzt Kontinuität im Management unter Vorstandschef Thomas Ebeling, der seinen Vertrag gerade bis 2017 verlängert hat. Er hat gezeigt, dass er sein Geschäft versteht.“
Das war alles andere als absehbar, als Ebeling im März 2009 Chef in ­Unterföhring wurde — als branchenfremder Tabak- und Pharma-Manager. Ausgerechnet KKR und Permira hatten zu diesem Zeitpunkt den Fernsehkonzern durch Fehlakquisitionen in hohe Schulden getrieben und beinahe an die Wand gefahren. Der Börsenkurs lag zeitweise unter einem Euro. Vielleicht war es genau das, was den Hannover-96-Fan damals gereizt hat. „Ich spiele lieber Offensivfußball, statt mich in der Vertei­digung einzuigeln“, sagte Ebeling in einem Interview mit dieser Zeitung. „Das Eis ist dünn. Aber es wird tragen.“

Der Hobbyboxer setzte bei den Kosten an, räumte im Vorstand auf, zog bei strategischen Fehlkäufen wie der europäischen Senderkette SBS die Notbremse, verbesserte das Fern­sehangebot und setzte auf neue Erlösquellen in der Produktion und im Digitalgeschäft. Rasch schlug sich die Dynamik in Rekordabschlüssen nieder. Und die Aktie erklomm immer neue Höchststände.

„Die Zeit ist reif für einen unabhängigen Medienkonzern ProSiebenSat.1“, sagte Ebeling kürzlich der SZ. Den Finanzinvestoren versüßt er den Ausstieg mit einer Sonder­dividende von 1,2 Milliarden Euro. Gleichwohl türmen sich die Aufgaben auf: Schuldenabbau, Ausbau des Fernsehgeschäfts, Aufbau der Digitalsparte gegenüber neuen mächtigen Konkurrenten wie Google oder Apple. Die Luft wird wieder dünner.

Der unbekannte Joker
In dieser Konstellation lohnt es sich, den Blick auf eine Aktie zu richten, die kaum jemand auf der Rechnung hat: die niederländische Medienholding Telegraaf Media. Das Unternehmen hält die restlichen zwölf Prozent der ProSiebenSat1.-Stammaktien und damit sechs Prozent des Grundkapitals. Telegraaf konzentriert sich auf seine Kern­geschäfte Print, Online und Radio und wäre in der Lage, durch die Sonderdividende aus Unterföhring nicht nur seine Schulden zu tilgen, sondern auch seine eigenen Aktionäre mit einer ordentlichen Ausschüttung zu beglücken. 

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Zuletzt lief es operativ nicht schlecht. Detaillierte Prognosen gibt es auf dem Kapitalmarkttag im ­ Oktober. Insgesamt ist der Fernsehmarkt jedoch ­gesättigt und die Margen im Digitalgeschäft sind dünn. Zudem ist die Aktie im Branchenvergleich sehr teuer, der DAX noch nicht in unmittelbarer Reichweite. Der Ausstieg der Finanzinvestoren könnte für Turbulenzen sorgen. Derzeit kein Kauf. ­Investierte Anleger nehmen Gewinne mit.

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