Geldanlage-Report Armin Brack

Für Vietnam-Investoren geht die Sonne auf...

20.07.15 16:18 Uhr

Für Vietnam-Investoren geht die Sonne auf... | finanzen.net

Lieber Geldanleger, ich freue mich, dass wir nach der Kuba-Story vor einigen Wochen erneut Nico Popp für einen Gastbeitrag im Geldanlage-Report gewinnen konnten. Dieses Mal beschäftigt Popp sich mit der Marktöffnung in Vietnam, die zu einem Börsenboom in dem aufstrebenden Land aus Südostasien führen könnte.

Die Volkswirtschaften Südostasiens sind seit jeher für Investoren interessant: Wo eine dynamische Bevölkerungsstruktur auf politische Stabilität trifft, erledigen niedrige Lohnkosten den Rest. Dennoch ist in Südostasien nicht jedes Land gleich: Während Singapur, Brunei oder auch Malaysia als wirtschaftlich weit entwickelt gelten, sind Länder wie Thailand, Indonesien oder die Philippinen Nachzügler.

Zu dieser Gruppe der dynamisch wachsenden Nachzügler gesellt sich seit einigen Jahren auch Vietnam. Das sozialistisch regierte Land zeigte sich zuletzt alles andere als restriktiv: Deutsche benötigen künftig kein Visum mehr und ausländische Investoren sollen ab 1. September erstmals ohne Einschränkungen in Vietnam investieren dürfen.

Bislang durfte der Anteil ausländischer Investoren an vietnamesischen Gesellschaften maximal bei 49 Prozent liegen. Die Folge: Viele der wirklich guten Unternehmen waren neuen Investoren gar nicht zugänglich, da erst ein Altinvestor Anteile verkaufen musste, bis neuerliche Investitionen möglich wurden.

Dies bestätigt auch Stefan Böttcher, Fondsmanager bei Charlemagne Capital und ausgewiesener Vietnam-Kenner: "Bei nahezu allen attraktiven Unternehmen in Vietnam greift derzeit noch die Obergrenze für ausländische Investitionen. Das heißt, man kann dort erst investieren, wenn ein anderer ausländischer Investor verkauft. Das war bislang ein großes Handelshemmnis."

Böttcher glaubt, dass die Marktöffnung ab September Vietnam neue Impulse beschert. Neben den zusätzlichen Mittelzuflüssen könnte der wachsende Einfluss ausländischer Investoren auch zu Reformen führen.

Noch immer ist Vietnams Wirtschaft sehr staatszentriert. Die Unternehmen sind folglich oft wenig flexibel. Neue Mehrheitsverhältnisse könnten dies womöglich ändern.

Vietnam ist gut in den weltweiten Handel eingebunden

Auch die Demografie spricht für Wandel: 22,6 Prozent der Vietnamesen sind jünger als 15 Jahre. Auch die Gruppe der 15 bis 35-jährigen ist sehr groß, bereits westlich orientiert und vergleichsweise gut ausgebildet. Die Analphabetenquote in Vietnam lag 2009 bei 6,5 Prozent, Tendenz sinkend: Knapp 98 Prozent der schulpflichtigen Kinder besuchen eine Schule. Insgesamt leben 90 Millionen Menschen in Vietnam, jedes Jahr wächst die Bevölkerung um 1,14 Prozent.

Obwohl es während der vergangenen Jahre einen Trend zur Urbanisierung gegeben hat, wohnt der größte Teil der Vietnamesen noch immer auf dem Land. 2014 lag der Anteil der Landbevölkerung bei 67 Prozent.

Für das Wachstum entscheidend sind aber in erster Linie Städter, die entweder in der Export-Industrie arbeiten oder in großen Städten wie Hanoi oder Ho-Chi-Minh-Stadt Dienstleistungen anbieten.

Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung spielt der Export eine besondere Rolle: 86,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird im Export verdient. Vietnam führt in erster Linie Funkübertragungstechnik (TV-Geräte, Radios, Bluetooth-Geräte), Rohöl, Schuhe, Computerteile und Kaffee aus. Die wichtigsten Handelspartner sind die USA, Japan, China, Deutschland und Südkorea.

Vietnam ist damit relativ breit aufgestellt und nicht nur von einem Handelspartner abhängig. Während der vergangenen Jahre gab es immer wieder Streitigkeiten mit China um eine Inselgruppe. Zuletzt versenkten Chinesen gar ein vietnamesisches Fischerboot. Doch fragt man Menschen, die in Vietnam wohnen, ist das Verhältnis zwischen China und Vietnam gar nicht so schlecht.

Vor allem die einfache Bevölkerung treibt regen Handel miteinander. Neben den USA und Vietnam gewinnen auch die EU und die Eurasische Wirtschaftsunion immer mehr an Bedeutung für Vietnam. Mit beiden Wirtschaftsräumen gibt es inzwischen Handelsabkommen.

Anteilsscheine vietnamesischer Unternehmen nur bedingt handelbar

Obwohl Vietnam gut in den internationalen Handel eingebunden ist, gestalteten sich Investments in vietnamesische Unternehmen bislang schwierig. Wegen der Investitionsbeschränkungen waren Investments in gute Unternehmen oftmals nicht möglich, weil die jeweiligen Unternehmen bereits die maximale Anzahl ausländischer Investoren erreicht hatten.

Das ist aus Sicht von Privatanlegern nur auf den zweiten Blick ein Problem: Zwar ist es sowieso praktisch unmöglich, als Privatmann Aktien an der Börse in Ho-Chi-Minh-Stadt zu handeln, doch betraf dieses Problem auch ETFs.

Obwohl es auf vietnamesische Aktien ETFs gibt, beispielsweise den db x-trackers FTSE VIETNAM UCITS ETF (WKN: DBX1AG), beinhalten diese passiven Investments oftmals nur Titel aus der zweiten Reihe. Wegen der geringen Handelbarkeit von Unternehmen mit hohem Anteil ausländischer Investoren, schaffen es gute Aktien oftmals nicht in die Indizes.

Publikumsfonds springen hier in die Bresche. Doch auch für diese Investoren ist der Handel in Vietnam bislang noch müßig. Wie Stefan Böttcher, Fondsmanager bei Charlemagne Capital berichtet, kann es mitunter Wochen dauern, bis Anteilsscheine für Ausländer am Markt verfügbar sind.

Böttcher und andere Investoren gehen daher gerne den Umweg über geschlossene Fonds. Diese Fonds bieten Zugang zu vietnamesischen Unternehmen und lassen sich an westlichen Börsen bequem handeln.

Derzeit handeln einige dieser geschlossenen Vietnam-Fonds unterhalb ihres Nettoinventarwerts. Sobald der Markt für ausländische Investoren jedoch liberalisiert wurde, dürfte die Handelbarkeit vietnamesischer Aktientitel nach und nach steigen. Auch ETFs dürften dann wieder interessant werden.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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