Rekordbörsen: So weit trägt die Trump-Rally
Warum der Wahlsieg eines höchst umstrittenen Kandidaten die Märkte in Euphorie versetzte - und wie lange das anhalten kann.
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von S. Parplies und F. Westermann, Euro am Sonntag
Es ist später Abend in Manhattan. Die meisten Geschäfte auf der noblen 5th Avenue haben bereits geschlossen, als sich die Kolonne in Bewegung setzt. Schwarze Limousinen, Polizei, ein Krankenwagen mit Blaulicht. So sieht das aus, wenn der kommende Präsident der Vereinigten Staaten mit seiner Gattin mal eben zum Abendessen ausrückt.
Seit Donald Trump vor über zwei Wochen die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen hat, herrscht am Trump Tower in New York Ausnahmezustand. Das Hochhaus mit der Goldfassade ist Trumps privater Wohnsitz - in den unteren Etagen befindet sich aber ein Shoppingcenter. Gucci und auch Starbucks haben dort einen Laden, Tiffany direkt nebenan. Das bringt Probleme. Um Trump vor wütenden Demonstranten zu schützen und potenzielle Attentäter abzuschrecken, hat die Polizei Barrieren errichtet. Auch die Leibgarde des Präsidenten, der Secret Service, ist vor Ort. Nicht unbedingt eine angenehme Atmosphäre für einen Shoppingbummel.
Die Analysten der US-Bank Wells Fargo warnen, dass Tiffany im vierten Quartal enttäuschende Geschäftsergebnisse liefern könnte, weil Kunden im Weihnachtsgeschäft einen Bogen um den wichtigsten Laden des Luxusjuweliers machen. Das Analysehaus Cowen kalkuliert, dass der Umsatz der Tiffany-Filiale im Trump Tower um bis zu 50 Prozent zurückgehen könnte, wenn der Zugang von Anti-Trump-Demonstranten und Sicherheitskräften verstopft wird. Die Tiffany-Aktie verlor nach den Warnungen der Analysten innerhalb von zwei Tagen mehr als fünf Prozent an Wert.
Neue Rekorde
Ein bisschen weiter südlich, im New Yorker Finanzdistrikt, ist das allenfalls eine Randnotiz. Trumps Wahlsieg hat die Wall Street in Euphorie versetzt. Der Aktienindex Dow Jones ist seit der Wahl um mehr als drei Prozent auf ein neues Rekordhoch geklettert. Größte Gewinner sind bis dato die Aktien amerikanischer Banken wie Goldman Sachs und JP Morgan Chase. Auch der Pharmariese Pfizer und Investitionsgüterkonzerne wie Caterpillar legten deutlich zu. Noch stärker ging es bei kleineren Unternehmen nach oben. Unter den Bauwerten sticht Jacobs Engineering mit zwischenzeitlich fast 20 Prozent Plus hervor.Der Stimmungsumschwung ist erstaunlich: Trump, der im Wahlkampf mit seiner aggressiven Rhetorik viele Menschen entsetzt hat, ist über Nacht zum Helden der Börse geworden. Aktienmarktstrategen, die kurz vor der Wahl einen Crash für den Fall eines Trump-Siegs vorausgesagt haben, sehen die Welt plötzlich mit völlig anderen Augen. Einige wenige versöhnliche Worte des Triumphators in der Wahlnacht haben gereicht. Ist Trump ein verkannter Superstar, der jetzt die Kraft der amerikanischen Wirtschaft entfesselt? Oder ein Blender, der mit diabolischem Geschick erst die Wähler und jetzt Börsianer manipuliert?
Das wichtigste Argument der Börsenbullen ist eine einfache machtpolitische Rechnung: Anders als Barack Obama in den letzten Jahren seiner Amtszeit wird Trump eine Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments haben. Das bedeutet: Er kann wirklich etwas bewegen. Zumindest in den ersten beiden Jahren, bevor die nächsten Parlamentswahlen anstehen. Dieses Zeitfenster dürfte Trump nutzen.
Die Wall Street wähnt sich in einer nahezu perfekten Welt, in der Steuersenkungen und lockere Regulierung die Gewinne der Unternehmen in die Höhe treiben. Das würde die nach historischen Maßstäben hohe Bewertung vieler US-Aktien drücken und Raum für Kursgewinne schaffen. Die Aktienmarktstrategen von Goldman Sachs haben errechnet, wie eine Senkung der Unternehmensteuer wirkt: Sollte der reale Steuersatz von 26 auf 20 Prozent schrumpfen, würde sich das Gewinnwachstum der Unternehmen im Aktienindex S & P 500 verdoppeln.
Auch Volkswirte hat die Trump-Euphorie erfasst. Laut einer Umfrage des "Wall Street Journal" ist die durchschnittliche Wachstumsprognose für die US-Wirtschaft seit dem Wahltag um bis zu 0,25 Prozentpunkte gestiegen.
Die Bank gewinnt
Für die Banken könnte Trump eine Befreiung von den Regulierungen der Obama-Regierung werden. Steigende Zinsen, verursacht etwa durch höhere Staatsausgaben unter dem neuen Präsidenten, würden das Geschäft der Banken ebenfalls lukrativer machen. Bei Pharmawerten setzen Börsianer darauf, dass Trump im Sinne der republikanischen Ideologie auf Eingriffe bei der Preissetzung von Medikamenten verzichtet.Das größte Rätsel bleibt der Mann, von dem alles abhängt: Donald J.Trump. Viele seiner polarisierenden Wahlkampfparolen hat der Milliardär inzwischen aufgeweicht. Die Mauer nach Mexiko müsse nicht ganz so gigantisch ausfallen. Die Ausweisung illegaler Einwanderer ist nicht mehr dringend, Obamas Gesundheitsreform gar nicht so übel, und die Clintons sind eigentlich doch nette Menschen. Der neue Tonfall bestärkt die Hoffnung, dass Trump ein pragmatischer Präsident sein wird.
Einer der ersten großen Realitätstests werden die von Trump in Aussicht gestellten Investitionen in die Infrastruktur sein. Dass in diesem Bereich etwas geschehen muss, ist unbestritten. Vielen Amerikanern noch in Erinnerung ist die Katastrophe von Minneapolis, als mitten im Berufsverkehr eine Brücke über den Mississippi zusammenstürzte. 13 Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt. Neun Jahre ist das jetzt her, das grundsätzliche Problem aber nicht gelöst.
Bröckelnde Brücken
Jede neunte der über 600.000 Brücken des Landes hat nach Schätzung des Berufsverbands der amerikanischen Bauingenieure strukturelle Mängel und kann deshalb nur eingeschränkt genutzt werden. Auf den Straßen herrscht regelmäßig Stillstand. 42 Prozent der Highways in den Metropolregionen sind immer wieder verstopft. Der Schaden durch verlorene Arbeitszeit und unnötigen Benzinverbrauch wird auf über 100 Milliarden Dollar jährlich taxiert. Trump verspricht Bewegung: Man werde die Innenstädte sanieren, Straßen, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Schulen und Krankenhäuser reparieren.Infrastrukturprojekte sind beliebt, weil sie schnelle Resultate liefern. Denn jede Baustelle braucht Arbeiter. Laut einer Hochrechnung der US-Regierung schafft jede Milliarde Dollar an Investitionen in die Infrastruktur 13.000 neue Arbeitsplätze. Jene 100 Milliarden, die Trump jährlich ausgeben will, würden nach dieser Theorie also 1,3 Millionen Jobs bringen und nebenbei den harten Kern der Trump-Wähler darüber hinwegtrösten, dass ihr Idol Wahlversprechen über Bord wirft.
Besonders praktisch: Bei der Infrastruktur liegt Trump auf einer Wellenlänge mit dem politischen Gegner. Hillary Clinton, die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, hatte im Wahlkampf 500 Milliarden Dollar als Investitionssumme aufgerufen - Trump als Freund bombastischer Zahlen kurzerhand das Doppelte, allerdings über einen längeren Zeitraum verteilt.
Mehr Überzeugungsarbeit als bei den Demokraten muss Trump im eigenen Lager leisten, weil für viele Republikaner Haushaltsdisziplin Heilige-Kuh-Charakter hat. Mit einem Infrastrukturprogramm könnte sich Trump somit als überparteilicher "Dealmaker" beweisen und vielleicht sogar europäische Staaten zu ähnlichen Programmen ermuntern.
Alles prima unter Trump? Das Weltbild des Milliardärs birgt auch etliche Risiken für Wirtschaft und Unternehmen. Die Attacken des Milliardärs auf den Welthandel könnten die positiven Effekte eines Investitionsprogramms verschütten. Caterpillar, bekannt für schwere Baumaschinen, erzielt mehr als die Hälfte seines Umsatzes außerhalb Nordamerikas. Ein Handelskrieg der USA würde den Import von Materialien verteuern, internationale Aufträge könnten wegbrechen. Auch andere wichtige US-Konzerne wie die Konsumgüterhersteller Coca-Cola und Procter & Gamble, selbst die Autobauer General Motors und Ford sind Weltkonzerne.
Größtes Risiko
Paul Krugman, Wirtschaftsprofessor an der Universität Princeton und als Kolumnist der "New York Times" seit vielen Jahren scharfer Kritiker der Republikaner, warnt vor den langfristigen Folgen der Trump-Agenda.Für einige Jahre könnte sich das Wirtschaftswachstum der USA durch Steuersenkungen und Investitionsprogramme tatsächlich beschleunigen. Eine Abschirmung der nationalen Wirtschaft und Handelskriege aber würden der gesamten Weltwirtschaft schaden und vor allem ärmere Nationen treffen. Neue Arbeitsplätze in den USA würden durch Trumps Politik nicht entstehen. Das Versprechen, die guten alten Zeiten zurückzubringen, werde als "grausamer Scherz" entlarvt werden, warnt Krugman.
Trump hat nicht nur das politische System durcheinandergewirbelt, sondern auch die Dynamik an den Aktienmärkten. Technologiekonzerne, die großen Favoriten der vergangenen Jahre, sind plötzlich Verlierer. Facebook steht am Pranger, weil über das soziale Netzwerk im Wahlkampf viele Falschmeldungen verbreitet wurden. Das könnte Werbekunden dazu bewegen, dort weniger Geld auszugeben. Womöglich verbringen einige Nutzer aus Misstrauen weniger Zeit in der Facebook-Welt.
Apple hat ein anderes Problem: Der iPhone-Konzern produziert seine Geräte fast ausschließlich in Asien und ist dadurch extrem anfällig für Schutzzölle. Bei Amazon hat der Konzernchef eine brisante Verbindung zum kommenden Präsidenten: Jeff Bezos ist Besitzer der Hauptstadtzeitung "Washington Post". Die hatte Trump im Wahlkampf mit der Veröffentlichung eines Videos in Bedrängnis gebracht, in dem der Kandidat herablassende Bemerkungen über Frauen machte. Trump wiederum wirft Bezos vor, die Zeitung für Lobbyarbeit zu missbrauchen. Das Verhältnis zwischen Trump und Bezos dürfte angespannt bleiben.
Ein genauerer Blick auf den Kurszettel zeigt allerdings, dass die Aktienkurse von Apple, Amazon und Facebook schon seit Mitte Oktober, also nicht erst seit dem Wahltag, schwächeln. Amazon hatte wegen höherer Investitionen die Gewinnerwartungen der Wall Street verfehlt. Bei Apple schrumpft die Marge des Verkaufsschlagers iPhone, Facebook wächst nicht mehr so stark. Eine politische Verbindung gibt es da nicht.
Teure Geschenke
Trump könnte durch seine Steuerpolitik vielen Techkonzernen sogar einen neuen Schub geben. Nach Berechnung des Finanzdiensts Bloomberg haben die US-Techis, angeführt von Apple, 575 Milliarden Dollar auf Auslandskonten gebunkert, um das Geld vor dem amerikanischen Fiskus zu schützen. Alle amerikanischen Unternehmen zusammen dürften sogar 2.500 Milliarden in Sicherheit gebracht haben. Trump hat versprochen, einen Steuerrabatt zu gewähren, wenn die Unternehmen das Geld nach Hause bringen.Noch aber sind das alles Gedankenspiele. Aktuell hat der neue starke Mann der USA noch nicht einmal die wichtigsten Posten im Kabinett besetzt. Erst am 20. Januar wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Steuergesetze müssen den langen Weg durch Verwaltung und Parlament gehen.
"Der Markt hat nach der Trump-Wahl positiv reagiert, weil er auf ein kräftiges Konjunkturpaket hofft. Das Thema wird im nächsten Jahr sicher eine wesentliche Rolle spielen. Allerdings ist jegliches Paket noch weit entfernt", kalkuliert Ralf Zimmermann vom Bankhaus Sal. Oppenheim. Wenn es einen realen Effekt auf die Unternehmen gebe, dann erst im vierten Quartal 2017. "Jetzt schon mit Verve auf das Thema zu setzen ist zu früh", so Zimmermann.
Die Vermögensverwaltung Guggenheim Partners kalkuliert, dass die Börse bis zur Amtseinführung des neuen Präsidenten auf die Gewinner steigender Investitionen und höherer Inflation setzen werde. Spätestens dann aber werde man sich mit der politischen Realität auseinandersetzen.
Zumindest am Trump Tower in Manhattan wird wieder Normalität einkehren, wenn der prominente Bewohner aus dem 58. Stockwerk in die Washingtoner Pennsylvania Avenue umgezogen ist. Bei Tiffany im Erdgeschoss wird man sich freuen. Wahlgewinner Caterpillar, Trump, Jacobs: Der kommende US-Präsident will eine Billion Dollar in die amerikanische Infrastruktur investieren Jacobs Engineering +17,7 % Caterpillar +9,6 % Wahlergebnisse: Die Aktien von Goldman Sachs und Pfizer sind nach Trumps Triumph gestiegen, Coca-Cola gefallen Chart: Bloomberg Wertentwicklung vom 8.11. bis 17.11.2016Wertentwicklung vom 8.11. bis 17.11.2016
Investor-Info
Infrastruktur
Robuste Aussichten
Ein Infrastrukturprogramm würde dem Baumaschinenhersteller Caterpillar helfen. Außerdem profitiert die Aktie von steigenden Rohstoffpreisen. Bei HeidelbergCement setzen Anleger auf einen deutschen Profiteur der Trump-Wahl. Der Baustoffkonzern erzielt ein Viertel seiner Erlöse in Nordamerika. Wer nicht auf Einzelwerte setzen will, greift beim First State Global Listed Infrastructure zu - der Fonds enthält Aktien von Unternehmen, die im Bereich Infrastruktur aktiv sind.
Name ISIN
Caterpillar US 149 123 101 5
HeidelbergCement DE 000 604 700 4
First State Global Infrastr. GB 00B 2PD R28 6
Technologie Einstiegschance
Trumps Wahlsieg setzte Technologieunternehmen wie Alphabet, Amazon oder Facebook zu. Stark steigende Zinsen im Zuge einer raschen Konjunkturerholung wären ungünstig für den Sektor. Die Wachstumsstory wäre aber auch dann nicht vorbei. Der Onlinehandel boomt und spült etwa Amazon viel Geld in die Kasse, Chef Jeff Bezos nutzt es für die weitere Expansion. Alphabet und Facebook profitieren auch unter Trump vom wachsenden Werbemarkt im Internet.Name ISIN
Alphabet US 020 79K 305 9
Amazon.com US 023 135 106 7
Facebook US 303 03M 102 7
Finanzen
Wette auf Erholung
Die Chance auf eine moderatere Regulierung im Bankensektor und auf steigende Zinsen macht den Finanzbereich attraktiv. Aktien von US-Banken legten nach Trumps Wahlsieg deutlich zu. Einzelinvestments in diesem Bereich sind allerdings risikobehaftet. Anleger, die auf die Erholung des zuletzt arg gebeutelten Sektors setzen wollen, greifen beim iShares S & P 500 Financials zu und profitieren so von der Entwicklung der US-Finanzbranche - bei vergleichsweise geringem Risiko.Ausgewählte Hebelprodukte auf Alphabet A (ex Google)
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Debby Wong / Shutterstock.com, Jeff Swensen/Getty Images
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