Euro am Sonntag-Titel

Was uns die Eurokrise kostet

25.05.11 06:00 Uhr

Griechenland ist auf dem Weg in die Pleite. Eine Umschuldung wird teuer und riskant. Wie belastbar Deutschland noch ist, wie sich Anleger vor Verlusten schützen.

von Peter Gewalt, Andreas Höss und Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag

Wenn Athen rekordverdächtige Zahlen liefert, will im Rest Europas derzeit keine rechte Freude aufkommen. So auch vor zwei Wochen, als die Griechen mit dem neunten Generalstreik in zwölf Monaten gegen den Sparkurs ihrer Regierung den inoffiziellen Spitzenplatz der streikfreudigsten Europäer erklommen haben. Dies ist nur ein Rekord unter vielen, die in Berlin, Brüssel und Paris seit Wochen für viel Missmut sorgen.

Passend dazu die aktuellen Zahlen zur Finanzlage des Landes, das zu lang über seine Verhältnisse gelebt und dabei einen Schuldenberg von 330 Milliarden Euro angehäuft hat. In den ersten vier Monaten 2011 brach das Steueraufkommen in Griechenland um über sieben Prozent ein, der Schuldenstand dürfte in diesem Jahr auf das Rekordniveau von 157 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Die Renditen griechischer Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren rentieren bei über 16 Prozent. Ein weiterer europäi­scher Negativrekord, der die hoffnungslose Lage des krisengeschüt­telten Landes widerspiegelt.

Die Horrordaten aus Griechenland sind ein Offenbarungseid für die Europäische Union (EU) und den Internationalen Währungsfonds (IWF). Nur ein Jahr, nachdem beide Institutionen das Land mit einem 110 Milliarden Euro schweren Kredit vor der Pleite gerettet hatten, ist eins klar: Es muss wohl in Kürze ein weiteres 60 Milliarden Euro schweres Hilfspaket geschnürt werden. Sonst droht in wenigen Monaten erneut der Zahlungsausfall.

Sparen allein hilft Griechenland nicht mehr, Strukturreformen müssten angepackt werden
Die Regierung unter Premier ­Giorgios Papandreou muss im kommenden Jahr etwa drei Viertel der Altschulden des Landes neu finanzieren. Die Idee, dass das Land schon 2012 neue Schulden an den Finanzmärkten aufnehmen kann, ist bereits nach zwölf Monaten als das entlarvt, was es schon immer war: eine schöne, aber eben doch realitätsferne Illusion. „Die Situation ist dramatisch“, sagt Hendrik Leber, Chef der Vermögensverwaltung Acatis. „Das Land leidet neben der Schuldenlast unter einem aufgeblähten Beamtenapparat, zu hohen Löhnen und einer nicht wettbewerbsfähigen Industrie.“ Soll heißen: Sparen allein hilft Griechenland nicht mehr, Strukturreformen müssten angepackt werden, die Zeit benötigen. Doch Zeit ist für Regierungschef Papandreou in etwa so rar wie Geld.

Denn der Druck auf Athen wächst stetig, seit die Turbulenzen wie schon 2010 die Finanzmärkte und den Euro belasten. Seit die neuen Rettungs­diskussionen aufgeflammt sind, hat die europäische Einheitswährung 4,2 Prozent verloren, Bankaktien sind heftig unter Druck geraten (siehe Seite 22), da viele Finanzinstitute mit Milliardensummen in Ouzo-Bonds investiert sind.

Die Angst vor einer Ansteckung anderer schuldengeplagter Nationen in Europa nimmt ebenfalls zu. Und europaweit gewinnen die Gegner von immer neuen Milliardenhilfen für die angeschlagenen Peripheriestaaten an Zulauf. Dies zeigt der Erfolg der rechtspopulistischen Gruppierung Wahre Finnen bei den Parlamentswahlen in Finnland.
Der Ton wird rauer: IWF und EU sind mit den Reformfortschritten Griechenlands – höflich formuliert – unzufrieden. „Ich sage klar und deutlich: Griechenland muss die Wirtschaftsreformen beschleunigen und die vollständige Umsetzung des Privatisierungsprogramms sicherstellen“, erklärt EU-Währungskommissar Olli Rehn. So hat der groß angekündigte Verkauf staatlicher Unternehmen und Immobilien in Höhe von 50 Milliarden Euro in Griechenland bisher unterm Strich null Euro eingebracht.


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Erschwerend kommen die Verhaftung und der Rücktritt von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hinzu, der als wichtiger Fürsprecher Griechenlands gilt. Sollte sich der Währungsfonds weigern, im Juni die nächste Kredittranche von zwölf Milliarden Euro auszuzahlen, müssten die Europäer den gesamten Betrag übernehmen, heißt es. Doch auch in Europa wächst der Widerstand. „Wenn Griechenland sich nicht an Zusagen gehalten hat, muss das Konsequenzen haben. Damit wären die Voraussetzungen für die Zahlung der nächsten Tranche weggefallen“, erklärt Michael Meister, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Radikale Lösungsvorschläge machen nun in Brüssel die Runde, die noch vor wenigen Monaten von Politikern als undenkbar abgetan wurden. Eine Umstrukturierung oder ein Schuldenschnitt, selbst ein möglicher Austritt Griechenlands aus der Europäischen Union werden diskutiert. Einer „weichen“ Umschuldung werden derzeit am meisten Chancen eingeräumt. Bei dieser Lösung müssen sich die Anleger „freiwillig“ bereit erklären, entweder geringere Zinszahlungen oder eine Laufzeitverlängerung der Anleihen zu akzeptieren. Im Gegenzug entgehen sie einem Schuldenschnitt (englisch: Haircut), bei dem sie auf einen hohen Prozentsatz ihrer Forderun­gen auf einen Schlag verzichten müssen. Europas Regierungen, allen vo­ran die deutsche Regierung, favo­risieren den weichen Weg, da dies nicht als offizieller Zahlungsausfall Griechenlands gewertet wird und die Investoren dennoch an den Kosten der Rettung beteiligt werden.

Doch die Zeit drängt. Denn die Gläubigerstruktur verschiebt sich langsam, aber sicher hin zu staat­lichen Organisationen, sprich dem Steuerzahler. Nach Berechnungen der Unicredit-Analysten werden in zwei Jahren staatliche Gläubiger 57 Prozent der ausfallgefährdeten griechischen Bonds halten. 2010 belief sich der Anteil gerade einmal auf 25 Prozent.

Die EZB läuft allerdings Sturm ­gegen jede Art von Umschuldung. Einerseits drohen der Notenbank, die schon heute auf griechischen Anleihen im Wert von über 45 Milliarden Euro sitzt, im Restrukturierungsfall deutliche Verluste, die wiederum der Steuerzahler zu tragen hätte. Andererseits fürchten die EZB-Lenker eine Kernschmelze des griechischen Bankensektors, die eine Kettenreaktion wie bei der Lehman-Pleite aus­lösen könnte. „Eine Umschuldung Griechenlands ist nicht der angemessene Weg in die Zukunft – sie würde eine Katastrophe erzeugen“, warnt EZB-Ratsmitglied Jürgen Stark.

die griechische Tragödie als Blaupause für weitere Problemfälle dienen
Eine sanfte Umschuldung wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin nur ein Zwischenschritt. „Entweder hat es Griechenlands Wirtschaft geschafft, bis 2013 drei bis vier Prozent zu wachsen, sodass die Schulden sinken. Oder das Land scheitert mit seinen Konsolidierungsplänen. Dann könnte es nach 2013 zu einem Haircut kommen“, sagt Commerzbank-Rentenanalyst Christoph Weil. „Erst ab 2013 wäre ein harter Schuldenschnitt leichter zu verkraften, weil bis dahin der Großteil der griechischen Schulden bei der EZB liegen wird.“ Bis zu 50 Prozent der Schulden müssten Athen Berechnungen zufolge erlassen werden, damit das Land wieder auf die Beine kommen kann.

Sollte sich die EZB mit ihrer Meinung durchsetzen und es zu keinem Schuldenschnitt kommen, wäre der Weg in die Transferunion endgültig zementiert. Die wohlhabenden Nordeuropäer müssten die Schulden der angeschlagenen Südstaaten plus Irland finanzieren, um eine Pleitewelle zu verhindern. Klar ist, dass die Rettung Griechenlands Europas Steuerzahler so oder so teuer zu stehen kommen wird. „Man kann nicht mehr umdrehen. Deshalb wird schlechtem Geld noch mehr gutes Geld hinterhergeworfen“, sagt Joachim Felsenheimer, Geschäftsführer von Assenagon Credit Management. „Vor einem Jahr hätte man Griechenland in die Pleite gehen lassen können. Heute funktioniert das nicht mehr so einfach, denn die Folgekosten sind beträchtlich gestiegen.“

Immerhin kann die griechische Tragödie als Blaupause für weitere Problemfälle dienen. Zwar bewilligten Europas Staatenlenker Portugal vergangene Woche einen 78 Milliarden Euro schweren Hilfskredit, doch auch dies dürfte allen Beteuerungen zum Trotz nicht ausreichen. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Irland und Portugal vor einer Umschuldung stehen“, prophezeit Thomas Straubhaar, Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, in der „Süddeutschen Zeitung“.

Denn Portugal, Griechenland und Irland stecken trotz aller Unterschiede im selben Teufelskreis. Aufgrund der Schuldenberge gelten die Staaten als unsolide, die Anleger fordern daher hohe Zinsen, die die Spar­anstrengungen der Regierungen zunichte machen, sodass neue Schulden erforderlich sind. Ähnlich sieht es Commerzbank-Analyst Weil: „ Gelingt es nicht, Griechenland, Spanien und Portugal auf den Wachstumspfad zurückzuführen, wird der Schuldenabbau letztlich scheitern.“

Das Ifo-Institut hat sich daher schon mal die Kosten angeschaut, sollten Portugal, Irland und Griechenland in die Pleite schlittern. Die Wirtschaftsforscher kamen bei ihrer Rechnung auf Verluste in Höhe von knapp 391 Milliarden Euro. Eine Rekordsumme, die – wohlgemerkt – allein auf die deutschen Steuerzahler zukommen könnte.

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Investor-Info

PIGS-Anleihen
Ohne Garantie
Anleihen der Schuldenstaaten Irland, Griechenland und Portugal sind auf den ersten Blick recht günstig zu haben. Zweijährige griechische Staatsanleihen werfen eine Rendite von 26 Prozent ab. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen mit zwei Jahren Laufzeit bringen rund zwei Prozent Rendite. Zudem erinnern sich viele Anleger daran, dass von politischer Seite Garantien ausgesprochen wurden, die Bonds würden bis 2013 sicher bedient. Doch Vorsicht: Dies sind nur Absichtserklärungen, die sich rechtlich nicht durchsetzen lassen. Ouzo-Bonds

Entweder kurz oder lang
Wer sich als Anleiheanleger in Bonds der Peripheriestaaten engagieren will, dem raten Experten zu Ouzo-Bonds. „Ich habe in griechische Staatsanleihen investiert, da ich das derzeitige Risiko-Rendite-Profil der Bonds sehr ansprechend finde“, sagt Hendrik Leber von Acatis. Extrem risikofreudige Anleger wetten mit kurz laufenden griechischen Anleihen darauf, dass die Umschuldung ausbleibt oder sehr weich ausfällt. In diesem Fall sind wohl „nur“ 30 Prozent Abschreibung auf den Nominalwert der Anleihe möglich. Dies entspricht dem Abschlag, der bei zweijährigen Ouzo-Bonds ohnehin eingepreist ist. Eine Alternative sind Anleihen mit sehr langen Laufzeiten. Laut Ratingagentur Moody’s verlieren Anleger bei einer harten Umschuldung im Schnitt etwa die Hälfte ihres verliehenen Geldes. 30-jährige griechi­sche Anleihen sind ohnehin bereits für weniger als die Hälfte ihres Nominalwerts zu haben und bieten hohe Zinsen, die aber bei einer Umschuldung gekürzt werden könn­ten. Laufzeitverlängerungen fallen bei diesen Anleihen nicht mehr ins Gewicht. Dennoch: Ein hohes Restrisiko bleibt für Anleger bestehen. Nur zur Beimischung.

Irland: Die große Bankenmisere
Ende April kam es in Dublin zu einem symbolträchtigen Ereignis: Arbeiter schraubten den Schriftzug der Anglo Irish Bank vom Gebäude der mittlerweile verstaatlichten Bank ab. 17,6 Milliarden Euro Miese hatte sie allein 2010 gemacht, und der Staat musste einspringen. Fast 50 Milliarden Euro gab Irland 2010 aus, um marode Banken zu retten, die nach dem Platzen der irischen Immobilienblase auf faulen Krediten saßen. Das irische Haushaltsdefizit summierte sich im selben Jahr auf 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Staatsschulden schnellten auf fast 100 Prozent des BIP nach oben. Irland flüchtete Ende 2010 unter den Rettungsschirm und erhielt 85 Milliarden Euro an Krediten. Im Gegenzug versprach Dublin, den Bankensektor neu zu ordnen und die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen.
Verglichen mit Griechenland steht die irische Wirtschaft jedoch gut da, in diesem Jahr soll sie schon wieder wachsen. Doch Risiken für den Fiskus gibt es viele: Die EU übt Druck auf Irland aus, die niedrige Unternehmensteuer zu ­erhöhen, die bisher Konzerne auf die grüne Insel lockte. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, der Häusermarkt kommt nicht aus der Krise. Das ist schlecht für die Banken, die wohl weitere Hilfen brauchen. Auch wenn die Anglo Irish Bank aus der Öffentlichkeit verbannt wird: Sollten faule Kredite das irische Finanzsystem weiter destabilisieren und den Staatshaushalt strapazieren, sieht es für Irland düster aus.

Portugal leidet seit etwa einem Jahrzehnt an einer Wachstumsschwäche
Portugal: Wirtschaft auf langer Talfahrt
Als José Sócrates Ende März von seinem Amt als portugiesischer Ministerpräsident zurücktrat, war klar: Auch Portugal muss unter den Rettungsschirm. Zuvor hatte sich das Parlament geweigert, einen harten Sparplan zu verabschieden. Vergangene Woche bewilligte die EU nun 78 Milliarden Euro Kredit für Portugal. Im Gegenzug mussten die portugiesischen Parteien letztlich doch den Sparmaßnahmen und Strukturreformen zustimmen, die der Internationale Währungsfonds und die EU von dem Land verlangen. In Zukunft werden in Portugal also Steuern erhöht, Löhne gekürzt, der ­Arbeitsmarkt liberalisiert und Staatskonzerne privatisiert.
„Strukturreformen sind der Schlüssel, um die Peripheriestaaten wieder wettbewerbsfähig zu machen“, sagt Commerzbank-Analyst Christoph Weil. Portugal leidet seit etwa einem Jahrzehnt an einer Wachstumsschwäche. In diesem Jahr wird die Wirtschaft um zwei Prozent schrumpfen, erwartet man in Lissabon. Die Arbeitslosigkeit liegt dagegen mit zwölf Prozent auf einem ­Rekordhoch. Mit der Flucht unter den Rettungsschirm hat sich Lissabon Zeit erkauft, die Wirtschaft nach vorn zu bringen. Der Sparzwang beraubt das Land aber der Möglichkeit, die Konjunktur durch Geldspritzen anzuschieben. Anfang Juni sucht Portugal in vorgezogenen Neuwahlen einen Nach­folger für Sócrates. Egal, wer das sein wird: Er muss sich extrem anstrengen, um eine Umschuldung zu vermeiden.

Spanien: Verlorene Kreativkräfte
„Yes, we camp!“ Unter diesem Slogan schlugen vergangene Woche in spanischen Städten Jugendliche ihre Zelte auf öffentlichen Plätzen auf. Vor den Kommunalwahlen an diesem Wochenende protestierten sie gegen den rigiden Sparkurs der Regierung in Madrid, der Spanien bisher vor der Flucht unter den Rettungsschirm bewahrte. Spanien war 2008 tiefer in die Wirtschaftskrise gerutscht als die meisten Staaten Europas. Zuvor hatten die ­Iberer einen investitionsgetriebenen Boom erlebt und Haushaltsüberschüsse eingefahren. Die Hauspreise stiegen, Banken vergaben zu laxen Kon­ditionen Kredite. Als die Immobilienblase platzte, zeigte sich, dass Spanien nicht wettbewerbsfähig ist.
Die Wirtschaft brach ein, die Arbeitslosigkeit stieg auf über 20 Prozent – Europa-Rekord. Konjunkturpakete und Bankenrettungen trieben das Haushaltsdefizit auf rund zehn Prozent und den Schuldenstand auf rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dieser Wert ist weniger bedenklich als die mit über 40 Prozent extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit. Der IWF spricht bereits von einer „verlorenen Generation“. Diese protestierte nun gegen die Sparpolitik von Regierungschef ­Zapatero und rief dazu auf, seine Partei bei den Kommunalwahlen abzu­strafen. Folgen die Wähler dem Aufruf der Demonstranten, könnten bei re­gionalen Machtwechseln eventuelle kreative Schuldenrechnungen in den Regionen ans Licht kommen.

Mögliche Kosten für Deutschland
Mehr als nur der Rettungsschirm
Die Rettung angeschlagener Euromitglieder sei eine „tickende Zeitbombe“, warnte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn im April. 1,5 Billionen Euro könnten die Hilfsmaßnahmen verschlingen, maximal 391 Milliarden Euro müsste Deutschland übernehmen, würden alle Kredite ausfallen. Ein Verlust in diesem Ausmaß ist allerdings nur unter sehr extremen Umständen zu erwarten. Mit 340 Milliarden Euro fallen besonders die Target-2-Salden ins Gewicht. Diese sind stark vereinfach eine Art Überziehungskredit der Zentralbanken, der von den Schuldenstaaten genutzt wird, um ihren internationalen Zahlungsverkehr abzu­wickeln. Auch sie sind durch eine Pleite bedroht.

Szenario 1: Durchwursteln
Die europäische Transferunion
Bei jeder Form der Umschuldung droht Ansteckungsgefahr für den Bankensektor und andere Wackelkandidaten. Das würde enorme Kosten verursachen. „Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass einfach alles weiterläuft wie bisher“, sagt Volkswirt Jochen Felsenheimer. Will heißen: Europa läuft den Ereignissen hinterher und versucht, sich irgendwie durch die Krise zu wursteln. Doch auch dieses „muddling through“ wird Kosten erzeugen. Den Schuldnern wird dabei immer mehr Geld zugeschoben, das von der EZB bereitgestellt werden muss. Um die Wirtschaft in den Peripheriestaaten nicht vollends zu schwächen, könnten nötige Leitzinserhöhungen aus­fallen. Mögliche Folgen: eine steigende Inflation, die den Euro schwächt. Wer sich gegen eine stark steigende Teuerung absichern möchte, für den ist eine inflations­indexierte Bundes­anleihe (ISIN: DE0001030526) inte­ressant. Die Zins­zahlungen des Papiers steigen mit der Teuerungsrate. Von einer Euroabwertung können Anleger profitieren, ­indem sie etwa mit einem Währungs- ETC auf starke ­Rohstoffwährungen wie den Australi­schen (DE000A1EK0P4) oder den Kanadischen Dollar (DE000A1EK0R0) setzen. Ein schwacher Euro stützt ­zudem deutsche Exportunternehmen, was wiederum dem Aktienfonds LBBW Exportstrategie Deutschland (DE0009771964) Gewinne bescheren sollte.

Szenario 2: Eskalation
Das Undenkbare denken
Kommt die Umschuldung in Griechenland, Portugal und Irland? Bekommen auch Länder wie Spanien und Italien Finanzprobleme? Die mögliche Eskalation der Krise im Euroraum lässt großen Raum für Spekulationen über die Folgen. Sie reichen von weichen Umschuldungen in einem Staat über handfeste Pleiten in mehreren Ländern bis zu einem Auseinanderbrechen des Euroraums und der Rückkehr zur Drachme und zur D-Mark. Eine mittelschwere Eskalation sollte die klassischen Fluchtwährungen wie den Schweizer Franken und Gold begünstigen. Für diesen Fall kann man sich mit Währungs-ETCs auf den Franken (ISIN: DE000A1DFSA1) oder einem physisch hinterlegten Gold-ETC (DE000A0N62G0) positionieren. Extreme Pessimisten sollten zu handfesteren Investments greifen. Hier bieten sich Sachwerte wie physisches Gold oder Immobilien an, die man über einen Währungsschnitt retten kann. Auch ein Fremdwährungskonto im Ausland bietet gewisse Sicherheit.

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