Euro am Sonntag-Titel

Fußball-Wahnsinn - Geld schießt Tore!

25.05.16 03:00 Uhr

Fußball-Wahnsinn - Geld schießt Tore! | finanzen.net

Die Klubs in Europa kassieren so viel Bares wie noch nie. Wer von dem Boom profitiert, warum sich die Machtverhältnisse verschieben.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Eine ganz besondere Mischung: Feingold, verschmolzen mit Sterlingsilber, und ­einige Kristalle. Mindestens 100 000 Euro beträgt der Materialwert der Trophäe, um die der FC Bayern München und Borussia Dortmund an diesem Wochenende in Berlin kämpfen. Höher als der Materialwert des DFB-Pokals sind die Prämien der Klubs - der Gewinner des Endspiels kassierte voriges Jahr für den gesamten Wettbewerb 7,5 Millionen Euro, der Zweitplatzierte 6,5 Millionen Euro.



Für die Spitzenvereine des deutschen Fußballs ist der Pokal ein Extrageschäft. Die ganz großen Beträge werden in ­anderen Wettbewerben verdient. Das Alltagsgeschäft ist die Bundesliga. Über 2,6 Milliarden Euro haben die Mannschaften der Bundesliga in der Saison 2014/15 eingenommen - so viel wie nie zuvor.

Der nächste Geldrekord ist programmiert. Die Deutsche Fußball Liga DFL verhandelt über einen neuen Fernsehvertrag, bis Juni soll ein Abschluss erzielt sein. Bislang kassieren die Vereine für die weltweiten Verwertungsrechte jährlich etwas mehr als 800 Millionen Euro - mit dem neuen Vertrag hoffen die Klubs auf bis zu 1,5 Milliarden.


Das Fußballgeschäft boomt in einem Ausmaß, von dem andere Wirtschaftszweige nur träumen können. Die Umsätze der europäischen Fußballvereine sind laut Daten der UEFA in den Jahren 1996 bis 2014 um durchschnittlich 9,5 Prozent gestiegen. Selbst die Weltwirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman konnte den Fußball nicht stoppen. Der Umsatz der Bundesliga ist seit der Saison 2007/08 etwa doppelt so stark gestiegen wie jener der im DAX notierten deutschen Topkonzerne.

Vor dem Boom stand eine Kata­strophe: 1985 lösten britische Hooligans beim Europapokalspiel zwischen Liverpool und Juventus Turin eine Massenpanik aus. 39 Menschen starben. Regierung und Vereine in England zogen Konsequenzen. Die maroden Stadien auf der Insel wurden modernisiert, Hooligans aus den Arenen verbannt. Der Fußball wurde zum friedlichen Fest. Bald investierten auch die Klubs in anderen Ländern in neue Stadien und lockten damit die Zuschauer zurück zum Spiel.

Der Boom geht weiter

Auch technologischer Fortschritt kurbelt das Geschäft an. In den 90er-­Jahren können dank der neuen digitalen Netze TV-Signale verschlüsselt werden. Das eröffnet eine ganz neue Einnahmequelle: Wer Spiele live auf dem Bildschirm sehen will, muss zahlen. Die TV-Präsenz heizt das Interesse weiter an. Dramatik, Helden, Schurken - der Fußball erfüllt alle Voraussetzungen ­guter Unterhaltung. Mit wachsender Reichweite zahlen Sponsoren immer mehr Geld. Großveranstaltungen wie die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland machen Fußball quer durch alle Gesellschaftsgruppen populär.


Der Boom hält an: Das Internet vergrößert die Reichweite. Inzwischen sind China, Indien, selbst die eigentümliche Sportnation USA Absatzmärkte für europäische Fußballklubs, welche die besten Spieler der Welt beschäftigen und daher weltweit populär sind. Die deutschen Klubs hängen bei der Vermarktung von TV-Rechten und Fanartikeln jedoch noch zurück: "Englische Vereine sind sehr viel früher in die internationale Expansion gegangen als die Bundesliga. Dadurch haben diese noch einen Wettbewerbsvorteil", so Karsten Hollasch, Leiter der Sport-Business-Gruppe bei der Unternehmensberatung Deloitte. Auch bei den Eintrittpreisen im Stadion haben deutsche Klubs im Vergleich zu England Aufholpotenzial.

Die Rekordeinnahmen verschleiern aber auch die Sorgen: Viele Vereine stehen wirtschaftlich auf wackligen Beinen. Nur 44 Prozent in den Topligen Europas haben zuletzt operativ schwarze Zahlen erwirtschaftet. Das Problem: Der Fußball setzt gefährliche Anreize. Während bei einem Konzern wie Daimler auf Profitabilität geachtet wird, werden die Entscheidungsträger einer Fußballfirma für sportlichen Erfolg gefeiert. Medien und Fans fordern regelmäßig neue Stars. Die sind teuer, oft müssen horrende Ablösen gezahlt werden. Und die Topkicker wollen entlohnt werden. Seit Mitte der 90er-Jahre sind die Gehaltskosten der europäischen Klubs im Schnitt um 10,5 Prozent pro Jahr gestiegen, also einen Prozentpunkt stärker als die Einnahmen.

Die Kluft zwischen den reichen und armen Vereinen ist groß. Laut UEFA haben sich die Einnahmen der 20 reichsten Klubs über die vergangenen fünf Jahre mehr als verdoppelt. Für die anderen der Top 100 sind sie um weniger als 20 Prozent gestiegen. Verzerrt wird der Wettbewerb durch reiche Investoren wie den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch, der mit seinem Privatvermögen den FC Chelsea an die Weltspitze führte.

Eine andere Geldquelle zapfte der FC Bayern an. Die Münchner haben Aktien verkauft. Die Unternehmen Adidas, Allianz und Audi halten jeweils rund acht Prozent. Das spülte knapp 280 Millionen Euro in die Klubkasse - und entspricht etwa dem doppelten Jahresumsatz eines Bundesligavereins.

Das ganz große Geld wird in der ­europäischen Champions League gemacht. Allein in der aktuellen Spielzeit wurden dort knapp 1,3 Milliarden Euro an Prämien ausgeschüttet. Wer wie der FC Bayern viele Jahre dabei ist, hat finanziell dadurch ein so großes Polster, dass er sich die besten Spieler sichern kann und damit seine Vormachtstellung festigt. So kamen die Münchner in der Spielzeit 2014/2015 auf einen Umsatz von 486 Millionen Euro - Borussia Dortmund, der hartnäckigste Verfolger dieses Jahr, lag über 200 Millionen Euro dahinter. Die schlechtesten sechs Mannschaften der Bundesliga schafften jeweils nur gut 90 Millionen Euro.

Schwarzer Schwan

Geld schießt eben doch Tore. Das hat der Wirtschaftswissenschaftler Stefan Szymanski anhand der höchsten britischen Liga nachgewiesen. Demnach siegte in den Paarungen der Saison 2012/2013 das jeweils teurere Team 187 Mal, 85 Mal verlor es, 108 Mal endete ein Match ohne Sieger. Die Mannschaft mit der größeren Finanzkraft gewinnt also nicht immer - aber oft genug, um sich über den Lauf einer kompletten Saison durchzusetzen.

In Deutschland ist der Vorsprung des FC Bayern deutlich gewachsen: Die Münchner sind zum vierten Mal in Serie Meister geworden. Dabei wiesen sie am Saisonende im Schnitt 16 Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten auf, 23 auf den Dritten. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel zur Saison 1995/1996 hatte der Deutsche Meister zuvor im Schnitt nur sechs Punkte Vorsprung auf den Zweiten, knapp elf auf den Dritten. Der Abstand hat sich also mehr als verdoppelt.

Es gibt aber Hoffnung für die kleinen Klubs. In England ist in diesem Jahr der krasse Außenseiter Leicester City Meister geworden. Das könnte ein schwarzer Schwan sein, also ein sehr unwahrscheinliches Ereignis, das immer wieder mal eintritt. Womöglich steckt aber auch mehr dahinter. Eine wichtige Rolle spielen die steigenden Einnahmen aus den nationalen Fernsehverträgen. Diese zusätzlichen Einnahmen können für kleine oder finanziell angeschlagene Vereine wichtiger sein als für einen reichen Klub, der sich ohnehin schon alle Wünsche erfüllen kann.

Noch ein anderes Phänomen entfaltet seine Wirkung: Ein Spitzenklub kann nur eine begrenzte Zahl an Spielern ­aufsaugen. Pro Mannschaft stehen elf Mann auf dem Platz, inklusive Reserve­bank umfasst ein Kader etwa 25 Spieler. Die wachsende Popularität des Fußballs führt aber dazu, dass immer mehr Kids rund um den Globus Fußball spielen und gefördert werden. Die Zahl der guten Fußballer wird dadurch größer, das Leistungsgefälle unter den Topspielern müsste schrumpfen. Michael Mauboussin von der Schweizer Bank Credit Suisse sieht in diesem Punkt Parallelen zwischen Sportlern und Fondsmanagern: Weil es immer mehr gute Finanzexperten gibt, wird es schwerer zu glänzen - Erfolg wird immer stärker vom Glück beeinflusst.

FC Bayern, FC Barcelona und Manchester United dürften jedoch dank ­ihrer finanziellen Überlegenheit auch künftig die Toptalente abgreifen und dafür extreme Preise zahlen. Die klei­neren Vereine haben aber wegen des wachsenden Talentpools bessere Chancen, die Lücke zu verkleinern und mit etwas Glück Titel zu gewinnen. Das hat Borussia Dortmund bereits umgesetzt. Der Klub stand vor wenigen Jahren kurz vor der Insolvenz, hat sich mit guter Nachwuchsförderung und wirtschaftlich kluger Arbeit zum gefährlichsten Herausforderer des FC Bayern entwickelt. Nicht nur beim Pokalfinale.

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