E.ON & RWE: Wie die DAX-Verlierer die Wende schaffen
Die Konzerne E.ON und RWE haben lange gelitten. Jetzt trennen sie neue von alten Geschäften. Zumindest Ökostrom und Netze sind attraktiv.
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von Oliver Ristau, Euro am Sonntag
Deutschlands Energiewelt wird bunter, jedenfalls auf dem Kurszettel. Denn im laufenden Jahr ziehen die beiden Energiekonzerne E.ON und RWE einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit als integrierte Strom- und Rohstoffriesen. Mit der Trennung von alter und neuer Energiewelt gibt es künftig zwei Versorger mehr an der Börse.
Der Schwenk kommt reichlich spät. Lange haben beide den Atomausstieg, den Erfolg der erneuerbaren Energien und den Verfall der Strompreise nicht wahrhaben wollen und die Wende mit allen Mitteln bekämpft. Die Folge: Von den vergangenen fünf Geschäftsjahren schloss E.ON drei mit Verlust ab. 2015 war so rot wie noch keines zuvor. Nicht viel besser fällt die Bilanz von RWE aus.
Die Aktionäre des deutschen Primus hoffen jetzt, mit der Abspaltung des Kohle- und Gasgeschäfts Licht am Ende des Tunnels zu erzeugen. Das Vorhaben wurde auf der letzten Hauptversammlung ohne Widerspruch und mit fast 100 Prozent Zustimmung abgesegnet.
Uniper heißt der neue Rohstoffkonzern, der im September das Börsenlicht erblicken soll. Erlöse bringt der Schritt der Düsseldorfer Mutter erst einmal nicht, weil gut die Hälfte der Anteile nicht verkauft, sondern den E.ON-Aktionären entsprechend ihrer Anteile im Verhältnis zehn zu eins ins Depot gebucht wird.
Zuallererst geht es dem DAX-Konzern darum, schleppende Geschäftsfelder loszuwerden und Schulden auszulagern. Uniper bekommt das aktuell margenschwache Geschäft der konventionellen Stromerzeugung und des Rohstoffhandels, das vor dem Hintergrund der niedrigen Preise für Erdöl, Erdgas, Kohle und Emissionszertifikate auch mittelfristig alles andere als aussichtsreich ist. Alle Segmente haben Unternehmensangaben zufolge 2015 zwar positive Ergebnisse erwirtschaftet, doch Uniper steht von Anfang an unter starkem Druck. So will sich die Firma von Firmen- und Kraftwerksbeteiligungen in Höhe von zwei Milliarden Euro trennen, um die Verschuldung von knapp fünf Milliarden Euro zu senken.
Dividende versprochen
Uniper-Chef Klaus Schäfer kündigte bereits einen Stellenabbau in "nennenswerter Größenordnung" an. Einziger Lichtblick: Für 2016 ist eine Dividende in Höhe von 200 Millionen Euro reserviert. In den Folgejahren muss Uniper die Ausschüttung dann verdienen. Sicher ist das keineswegs. Erst wenn die Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas und mit ihnen Strom wieder teurer werden, können die traditionellen Energien mehr Gewinn abwerfen.Hohe Risiken birgt auch das Russland-Geschäft. Die E.ON-Tochter unterhält langfristige Gaslieferverträge, die geschlossen wurden, als Russland noch als honoriger Handelspartner galt. Auch die Fokussierung des Konzerns auf Kohle ist kritisch zu sehen. So will Uniper im westfälischen Datteln einen neuen Kohleblock in Betrieb nehmen, obwohl Bund und Land langfristig aus dem fossilen Energieträger aussteigen wollen. Wettbewerber Vattenfall hingegen hat unlängst seine Braunkohlemeiler in Brandenburg und Sachsen an den tschechischen Staatskonzern EPH verkauft. Und RWE versucht, aus Verträgen zur Stromabnahme aus dem neuen Uniper-Kohleblock auszusteigen.
Die Abspaltung Unipers ist eine Chance für E.ON, kann aber erst einmal teuer werden. Denn die übertragenen Geschäfte stehen zu Werten in den Büchern, die sich an der Börse wohl nicht erzielen lassen. E.ON hatte bereits die Absicht bekundet, die Uniper-Beteiligung zu Marktpreisen zu bilanzieren. Sind die Uniper-Kurse aber mau, drohen E.ON Milliardenabschreibungen und ein weiteres Verlustjahr.
Langfristig setzt E.ON auf die drei Wachstumssäulen regenerative Energien, Netzbetrieb und Endkundenversorgung. Diese Sparten haben in den zurückliegenden Quartalen die höchsten Ergebnisbeiträge geliefert. Künftig, so die Vision von Chef Johannes Teyssen, wird E.ON seinen Kunden grünen Strom über intelligente Netze anbieten - ein attraktives Geschäft, denn mit Transport und Vertrieb sind im Strommarkt die höchsten Gewinne zu erzielen.
Dazu liefern Ökostrom und Netze staatlich regulierte und damit fest planbare positive Erträge. Doch bei E.ON verbleibt mit der Kernenergie auch das größte Risiko des Konzerns, denn die vier Betreiber von Kernkraftwerken in Deutschland haben nach dem Willen der Bundesregierung noch Milliarden in einen Fonds einzuzahlen, der künftig die Zwischen- und Endlagerung der Atomabfälle sicherstellen soll.
Atomrechnung noch offen
Während E.ON hierfür Bereitschaft signalisierte, wettert Rivale RWE über die mögliche Belastung. Dabei kommen die Konzerne gar nicht schlecht weg. Denn das Risiko wäre damit raus aus den Büchern. E.ON und RWE werden trotz ihrer Proteste die Verpflichtungen so schnell wie möglich begleichen, schätzen die Analysten der Berenberg Bank. Für RWE rechnet Berenberg neben den dafür eingestellten Milliardenrückstellungen noch mit einer Extrazahlung des Konzerns von 1,5 Milliarden Euro. Dann aber wäre "unter diese Saga ein für alle Mal der Schlussstrich gezogen".RWE-Chef Peter Terium hat womöglich auch bald das Kapital dafür. Die Essener wollen ihre Regenerativtochter Innogy - anders als E.ON bei Uniper - gegen Bares an die Börse bringen. Die Emission von zehn Prozent des Kapitals soll bis Ende des Jahres über die Bühne gehen. Wie die neue E.ON wird sich Innogy mit der Erzeugung regenerativer Energien, Netzen und Endkunden beschäftigen. Rund 60 Prozent des operativen Gewinns erwirtschaften die regulierten Strom- und Gasnetze. Innogy wird größter Betreiber von Verteilnetzen für Strom in Deutschland. Die Tochter plant, 2016 mit 4,1 bis 4,4 Milliarden Euro den Löwenanteil des operativen Ergebnisses des Konzerns zu erzielen.
Die Rest-RWE liefert einen Ebitda-Gewinn von rund 1,1 Milliarden Euro. So gesehen scheint die RWE-Innogy-Konstruktion attraktiver: Denn RWE-Aktionäre, die dem Traditionsgeschäft verhaftet bleiben wollen, profitieren auch von den Erfolgen der 90-Prozent-Tochter. Mit Innogy können sich Anleger für die Regenerativen ohne Altlastenrisiko entscheiden.
Letzteres ist bei E.ON nicht möglich. Wer in neue Energien investieren will, kauft hier zwei Risiken ein: Kernkraft und eine immer noch hohe Beteiligung an Uniper. Wer angesichts mangelnder Wachstumsaussichten die Uniper-Aktien wohl kaufen werde, fragen sich die Experten der Norddeutschen Landesbank.
Mit einem Spin-off der Regenerativen haben andere Versorger in Europa gute Erfahrungen gemacht. Ende 2007 brachte die spanische Iberdrola ihre Ökostromkapazitäten an die Börse. Heute ist die Firma aus Bilbao, einst deutlich kleiner als E.ON und RWE, der Versorger mit den größten Grünstromkraftwerken Europas und an der Börse deutlich schwerer als die Deutschen. Aber womöglich schaffen die DAX-Konzerne jetzt auch ihre Energiewende.
Investor-Info
Spaltungen und Splits
Aus zwei mach vier
Wie es bei E.ON läuft: 53,5 Prozent des Altgeschäfts namens Uniper sollen ab September an die Börse. Die Aktien werden bei Altaktionären im Verhältnis zehn zu eins eingebucht. Bei E.ON selbst bleiben die Geschäfte Ökostrom, Netze und Vertrieb. Wie es bei RWE läuft: Zehn Prozent der Regenerativ- und Netzetochter Innogy sollen Ende des Jahres an die Börse. Der Emissionspreis wird im Vorfeld festgelegt. Bei der neuen RWE verbleiben die Geschäftsfelder Öl- und Gasgewinnung, Rohstoff- und Stromhandel sowie der Betrieb konventioneller Kraftwerke.
E.ON
Altes geht raus
Mit der Abspaltung der Altlastentochter Uniper verbessert der Düsseldorfer DAX-Konzern die Perspektiven, insbesondere für den Ausbau des attraktiven regenerativen Stromgeschäfts. Bei der auf Regenerative konzentrierten neuen E.ON bleiben aber die Atomlasten. Solange hierfür keine belastbare Lösung gefunden ist, bleibt das Risiko hoch. Uniper ist für Anleger trotz Dividende eher unattraktiv und birgt hohe Abschreibungsrisiken. Bei den Rohstoff- und Strompreisen sollte es allmählich wieder aufwärtsgehen. Die positive Entwicklung der Konzernergebnisse sollte sich im zweiten Quartal fortgesetzt haben. Quartalszahlen gab es am Mittwoch.
RWE
Attraktive Innogy
RWE hat das wohl bessere Konzept gefunden. Das äußert sich auch im bereits deutlich gestiegenen Aktienkurs. Tochter Innogy verfolgt die attraktivsten Geschäfte. Die Essener lassen sie aber nicht von der Leine: Mit 90 Prozent wird Innogy zunächst voll konsolidiert bleiben. Wenn die Stabilisierung des konventionellen Geschäfts anhält, dürfte es mit der Aktie stetig aufwärtsgehen, zumal weitere Aktienverkäufe Geld in die RWE-Kasse spülen könnten. Die Zahlen am Donnerstag sollten die Entwicklung bestätigen.Ausgewählte Hebelprodukte auf E.ON
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13.11.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research | |
08.11.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research | |
22.10.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research | |
20.09.2024 | RWE Market-Perform | Bernstein Research |
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