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T-Mobile US & Sprint: Deal mit ganz vielen Fragezeichen

10.05.18 10:28 Uhr

T-Mobile US & Sprint: Deal mit ganz vielen Fragezeichen | finanzen.net
T-Mobile-US-Chef John Legere

Die US-Tochter der Deutschen Telekom ­will endlich Amerikas viertgrößten Mobilfunker Sprint übernehmen. Der Deal wäre lukrativ, doch er steht auf Messers Schneide.

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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

T-Shirt in Magenta, Lederjacke mit Telekom-Logo. Gewohnt lässig feiert T-Mobile-US-Chef John Legere an der Wall Street die Einigung mit Sprint-Boss Marcelo Claure. Es geht um die Fusion der Nummern 3 und 4 im US-Mobilfunkmarkt. Mit 126 Millionen Kunden wäre das neue Unternehmen auf Augenhöhe mit den beiden bisherigen Marktführern AT & T und Verizon.



Unter Führung von Legere trauen Investoren dem Angreifer aus Bellevue im US-Bundesstaat Washington zu, AT & T und Verizon weitere Marktanteile abzuluchsen. Der Topmanager mit seinen auffälligen langen Haaren bringt schon seit geraumer Zeit die Konkurrenz mit unkonventionellen Methoden ins Schwitzen. Legeres Erfolge bei der Neukundenakquise sind legendär. Jüngster Beleg: die aktuellen Quartalszahlen von T-Mobile US. Der Umsatz übertraf die Erwartungen. Und auch beim Gewinn lieferte der größte Wachstumstreiber der Deutschen Telekom wieder mehr als erwartet.

Risiko nationale Sicherheit

Trotz des siegesgewissen Auftritts von Legere und Claure auf dem Börsenparkett: Der Deal ist nicht in trockenen Tüchern. Neben der Telekomaufsichtsbehörde FCC muss das US-Justizministerium die Fusion abnicken sowie die ­inzwischen gefürchtete CFIUS, die US-Behörde für Investments und Beteiligungen ausländischer Firmen.



Vor allem Letzteres gilt als kritisch: Sprint gehört mehrheitlich Softbank, einem japanischen Technologiekonzern; T-Mobile-US ist bekanntlich Tochter der Deutschen Telekom. Die CFIUS könne den Zusammenschluss als Bedrohung der nationalen Sicherheit werten und ihn verbieten, warnen viele Experten.

Eine weitere Hürde wäre sicher auch ein massenhafter Abbau von Arbeitsplätzen. Denn das würde wohl US-Präsident Donald Trump auf den Plan rufen, ein Veto wäre möglich. Vermutlich deshalb betonen die Partner, dass sie 1.000 neue Jobs schaffen wollen, um den Aufbau des schnelleren 5G-Mobilfunks besser zu bewältigen. Ohne den Zusammenschluss liegt der Vorteil wegen der hohen Ausgaben für 5G bei den Riesen Verizon und AT & T. "Sie können das Rennen gegen die Großen nicht auf zwei Pferden gewinnen", sagt Roger Entner vom Marktforscher Recon Analytics.


Der neue Standard, der auf die schnelle Übertragung großer Datenmengen ausgelegt ist, wird Experten zufolge zudem die Anzahl der Anbieter drahtloser Kommunikation wieder erhöhen. So bietet US-Kabelnetzbetreiber Comcast bereits mit der aktuellen Technologie seinen Kunden auf dem Netz von Verizon auch Mobilfunk an.

Wettbewerb angefacht

Das dürfte die Sache wettbewerbsrechtlich vereinfachen. "Es ist nicht so, dass die Anzahl der relevanten Anbieter durch den Zusammenschluss von vier auf drei reduziert wird. Es gibt im schrumpfenden Markt sieben bis acht große Anbieter", sagt Legere.

Doch die Kurse der Mobilfunker gerieten nach Bekanntgabe des Deals auch wegen der Skepsis der Anleger gegenüber seiner Genehmigung unter Druck. Die Wall Street sieht erhebliche Risiken - auch wenn die Fusion sinnvoll ist. Die Synergien sind immens: Aus der Zusammenlegung der Netze und Frequenzen und dem gemeinsamen Aufbau der 5G-Technologie sind 43 Milliarden Dollar an Einsparungen zu erwarten. Bis zu 35.000 Funkzellen könnten wegfallen. Und: Die größere Firma könnte besser angreifen. Doch erst als Legere von einem "extrem guten Verlauf" seiner Gespräche mit der Finanzaufsicht SEC sprach, dämpfte das den Kursrutsch.

Für die Deutsche Telekom wäre der Deal, wenn er im nun dritten Anlauf ­gelingt, der größte in der Konzern­geschichte. Einschließlich Sprint-Schulden liegt der Wert der Transaktion, die via Aktientausch ablaufen soll, bei 60 Milliarden Dollar. Die Übernahme von Voicestream, mit der 2001 das Amerika-Abenteuer der Bonner begann, kostete 35 Milliarden Euro. Deutsche-Telekom-Chef Timotheus Höttges will das "schlagkräftigste Mobilfunkunternehmen in den USA" formen.

Zufrieden kann er mit den Konditionen sein, sie sind besser als bei der ersten Offerte 2014, die am Widerstand der US-Kartellbehörden scheiterte. Damals hätte der DAX-Konzern 15 Prozent am größeren Unternehmen Sprint erhalten, das T-Mobile US übernehmen wollte. Jetzt sind es 42 Prozent - plus die Kontrolle über den fusionierten Mobilfunker.

Legere wird das Unternehmen führen, das T-Mobile heißen soll. Wird der Zusammenschluss in der ersten Jahreshälfte 2019 genehmigt, müsste Sprint jedoch rasch auf Kurs gebracht werden. Dass der Ex-AT & T-Manager Legere gut sanieren kann, bewies er bereits nach seinem Wechsel zu T-Mobile US. Sprint ist jedoch höher verschuldet und hat ein älteres Netz als die Telekom-Tochter.

AT & T steckt in der Klemme

Im Markt ist Wachstum ohne Abwerbung von Kunden kaum noch möglich. Laut Marktforscher Ovum liegt die Abdeckung in den USA bei mehr als 137 Prozent - es gibt also weit mehr ­Mobilfunkverträge als Nutzer. Die Riesen Verizon und AT & T versuchen deshalb sich zusätzliche Märkte zu erschließen. Seit Oktober 2016 arbeitet AT & T an der Übernahme des Medienriesen Time Warner. Ziel der Texaner ist es, ihre Netze mit den Inhalten von Time Warner zu füllen: mit Filmen und TV-­Serien der Tochter HBO etwa oder mit Sendungen des TV-Netzwerks CNN. AT & T will so auch vom Wandel der Branche und vom Trend zu Streamingdiensten profitieren. Doch bislang wird die Fusion durch das US-Justizministerium wegen Kartellbedenken verzögert.

Besser läuft die Erweiterung des Geschäftsmodells bei Verizon, Amerikas zweitgrößtem Telekomkonzern. Die New Yorker schnappten sich die in der Onlinewerbung abgehängten Webdienstleister AOL und Yahoo. Verizon erweitert damit die Basis für den Transport großer Datenmengen auch über den Mobilfunkstandard 5G. Darüber hinaus kann Verizon jetzt auch an Onlinewerbung verdienen.

Unterdessen haben T-Mobile US und Sprint im Vertrag Hintertüren eingebaut - keiner will bei einem Scheitern durch Ausfallzahlungen belastet werden. Schlägt auch der dritte Versuch fehl, greifen sie wieder allein an.

Investor-Info

Deutsche Telekom
Attraktive Dividende

Wird die Fusion der US-Tochter mit Sprint bis Mitte 2019 genehmigt, kontrolliert die Telekom über eine Vereinbarung mit Softbank 69 Prozent des neuen Konzerns. 60 Milliarden Dollar Schulden der größeren Tochter würden auch die Telekom belasten. Die Synergien sind jedoch riesig. Auch wegen des teuren Mobilfunkstandards 5G sollte sich die Fusion bezahlt machen. Für 2018 werden 23,2 Milliarden Euro operativen Gewinn angepeilt, ein Plus von fast fünf Prozent. Die hohe Dividende ist ein weiteres Argument für die Aktie.

T-Mobile US
Stramm auf Wachstumskurs

Mit einer Million zog die US-Tochter der Telekom im ersten Quartal 200 000 Neukunden mehr an Land als erwartet. Damit wächst T-Mobile US gegen den Trend in der Branche. Statt zwei bis drei Millionen Neukunden werden für 2018 jetzt bis zu 3,3 Millionen anvisiert. Der Umsatz legte um neun Prozent auf 10,46 Milliarden Dollar zu. Auch der Gewinn lag über den Erwartungen. Spekulativ.

Verizon Communications
Stark im Mobilfunk

Im ersten Quartal sank die Anzahl der Mobilfunkkunden bei Amerikas Telekomkonzern Nummer 2 leicht. Finanzchef Matt Ellis ist zufrieden: "Auf diesem hohen Niveau kommt es darauf an, die Basis zu halten." Die Internet­firmen AOL und Yahoo wurden in der neuen Tochter Oath vereinigt. Aus dem neuen Konzernbereich erwarten Analysten 2018 mit 1,3 Milliarden Dollar Umsatz einen signifikanten Beitrag zum Wachstum. Wegen der ungeklärten Machtverhältnisse im Markt: Halten.



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Bildquellen: mandritoiu / Shutterstock.com, Stephen Brashear/AP Images for T-Mobile

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