Deutsche Bank: Zweifel an der Chef-Etage
Die Führungsfrage bei der Deutschen Bank scheint gelöst. Dennoch zeigen sich Investoren skeptisch. Sie sehen drohende Interessenkonflikte.
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von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Außerhalb der Finanzwelt kennt in Deutschland kaum jemand den US-Vermögensverwalter BlackRock. Dabei hält die New Yorker Investmentfirma inzwischen nicht nur als einziger Auslandsinvestor Anteile an allen 30 DAX-Konzernen – von Adidas bis Volkswagen. Mit einem verwalteten Vermögen von 3,65 Billionen Dollar gilt BlackRock auch als einer der weltweit einflussreichsten Finanzkonzerne.
Der schwarze Riese mit seiner unscheinbaren Zentrale in der 52. Straße in Manhattan ist mit einer Beteiligungsquote von rund 7,5 Prozent auch größter Einzelaktionär bei der Deutschen Bank.
Deren Aufsichtsrat hat jetzt nach jahrelangen Querelen ungewöhnliche personelle Weichenstellungen vorgenommen: Ab der Hauptversammlung im Mai 2012 sollen Investmentbanking-Chef Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen die Geschicke der Bank in einer Doppelspitze lenken. Gleichzeitig wechselt Vorstandschef Josef Ackermann direkt an die Spitze des Aufsichtsrats. Laut Aktiengesetz und den Regeln guter Unternehmensführung (Corporate-Governance-Kodex) ist eigentlich eine zweijährige „Abkühlungsperiode“ vorgesehen. Ausnahme: 25 Prozent der Anteilseigner befürworten einen solchen direkten Wechsel. Beide Regeln sind äußerst umstritten.
Indes glaubt kaum jemand, dass Ackermann im kommenden Jahr an dieser Hürde scheitert. Die größten Einzelaktionäre zeigten sich in den vergangenen Tagen erleichtert, dass es überhaupt gelungen ist, die leidige und öffentlich kontrovers diskutierte Personalfrage zu lösen.
„Wir geben keine Einschätzungen zu einzelnen Unternehmen“, heißt es auf Anfrage bei einem weiteren Deutsche-Bank-Aktionär, der mehr als drei Prozent an dem Institut hält. Ganz wohl im Bauch ist dem Investor offenbar nicht: „Wir sind keine Freunde von einem direkten Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat“, räumt ein Sprecher ein. „Im Fall von Herrn Ackermann ist das aber wohl eine Ausnahme: Er verfügt über Know-how und ein gutes Netzwerk. Dieses wertvolle Wissen könnte dem Unternehmen andernfalls abhanden kommen.“
Deutlicher wird dagegen Hans-Christoph Hirt, Board-Mitglied bei Hermes. Die Gruppe vertritt Pensionsfonds mit einem Vermögen von 90 Milliarden Euro. An der Deutschen Bank hält Hermes rund 0,5 Prozent. Mit der Doppelspitze Jain-Fitschen kann Hirt noch „ganz gut leben“, wie er der „Börsenzeitung“ sagte. Einem Wechsel Vorstand-Aufsichtsrat stehe man aber grundsätzlich kritisch gegenüber. Es sei richtig, die Erfahrung von Ackermann im Haus halten zu wollen. Damit einher gingen jedoch drohende Interessenkonflikte und Einschränkungen für die neue Doppelspitze. „Wir haben noch keine abschließende Meinung“, so Hirts Fazit. „Für uns kommt es darauf an, wie überzeugend die Deutsche Bank diese Problematik vor der Hauptversammlung kommuniziert.“ Aus der Perspektive der Kleinaktionäre hört man Ähnliches. Dieter Hein vom unabhängigen Analysehaus Fairesearch beurteilt vor allem die Doppelspitze aus Fitschen und Jain kritisch. „Dass das eine tragfähige Lösung ist, muss sie erst noch unter Beweis stellen“, so Hein, der von einer „Übergangslösung“ spricht.
Und was sagt BlackRock, der größte Einzelaktionär des Instituts? „Wir kommentieren grundsätzlich keine einzelnen Unternehmen“, heißt es dort. „Aber Corporate Governance, die Regeln einer guten Unternehmensführung, spielen für uns natürlich schon eine wichtige Rolle“, sagt ein Sprecher und verweist auf die Statuten von BlackRock. Dort steht: „Von Unternehmen erwarten wir als Minimalstandard, dass sie die gültigen Corporate-Governance-Regeln in ihren Heimatmärkten befolgen. Wenn nicht, müssen sie erklären, warum dies im Interesse der Anteilseigner sein soll.“
In Sippenhaft
Zuletzt schwächeres Investmentbanking, aber besser als die Konkurrenz; stabile Privatkundensparte. Aktie fundamental unterbewertet. Doch jede Verschärfung der EU/US-Schuldenkrise könnte den Kurs weiter belasten. Deshalb ist, wie im Bankensektor, Vorsicht geboten. Wer langfristig investiert ist, sollte dabeibleiben. Wer unbedingt in Banken investieren will, für den ist die Deutsche Bank erste Wahl.
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