Chipindustrie

Infineon-Chef Peter Bauer: "Es geht wieder aufwärts"

19.11.09 07:30 Uhr

Infineon-Chef Peter Bauer überzeugt Mitarbeiter und Investoren, die Aktie hat sich verzehnfacht. Wird ihm das auch künftig gelingen?

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von Euro-Redakteur Mario Müller-Dofel

Wer keine Ahnung hat, wer Peter Bauer ist, der kann ihn ganz schnell unterschätzen: Mit seinen leicht abstehenden Ohren, seinem rötlichen Schnauzbart, dem oft treuherzigen Blick und seinen dunklen Anzügen wirkt der schmächtige Vorstandssprecher des zweitgrößten europäischen Chipkonzerns Infineon so gar nicht wie ein Schwergewicht der deutschen Wirtschaft. Auf den ersten Blick könnte er auch als Pförtner an einem seiner Werktore durchgehen.

Doch wer mehr über den 49-Jährigen erfährt, weiß bald, dass er keineswegs so harmlos ist, wie er erscheint. Im Gegenteil: Bauer, der nach seiner Beförderung an die Infineon-Spitze im Juni 2008 von Firmenbeobachtern als „Notlösung“ gehandelt wurde, hat sich geschickt als Hoffnungsträger von Investoren und Beschäftigten etabliert. Ob der gelernte Elektroingenieur auch zum Firmenretter taugt, muss sich aber erst noch zeigen.

Nötig wär’s: Seit Infineon im Jahr 2000 von seiner damaligen Muttergesellschaft Siemens an die Börse gebracht wurde, hat die Firma gefühlt mehr Negativschlagzeilen als Chips produziert: mit Bestechungsskandalen, Vorstandsintrigen, erfolglosen Umstrukturierungen, leeren Gewinnversprechen und tiefroten Zahlen. Und zwar in sieben der neun Börsenjahre bis 2008 – per saldo rund fünf Milliarden Euro. Anfang 2009 ging sogar die Speicherchiptochter Qimonda pleite, die etwa die Hälfte zum Konzernumsatz beitrug. Im Februar verkam die Aktie zum ersten Pennystock im DAX30-Index und stieg in den TecDAX ab.

Und immer vorn mit dabei: Peter Bauer – seit 25 Jahren bei Siemens und Infineon beschäftigt, in den vergangenen neun davon im Vorstand des Halbleiterherstellers. Nur logisch, dass er bei der Hauptversammlung des Unternehmens im Februar von nur 61 Prozent der Aktio­näre im Amt bestätigt wurde. Abtreten wollte die „Notlösung“ dennoch nicht. Bauer wollte sich durchbeißen.

Als im Juli dieses Jahres gemunkelt wurde, Infineon würde das Geld ausgehen, startete Bauer mit seinem Finanzvorstand und Arbeitsdirektor Marco Schröter, 46, eine clevere PR-Offensive bei Medien und Investoren. Die Kernbotschaft der beiden: „Die Restrukturierungen greifen. Es geht wieder aufwärts, im Geschäft und in der Kasse.“ Und Bauer schaffte – mit freundlicher Unterstützung einer sich trotz der Wirtschaftskrise erholenden Branchenkonjunktur –, was ihm zuvor kaum jemand zugetraut hatte: Immer mehr Investoren glaubten ihm.


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Anfang August sammelte Infineon im Rahmen einer Kapitalerhöhung 700 Millionen Euro ein und löste damit vorerst die dringendsten Probleme. „Genial“, jubilierten Aufsichtsräte, Gewerkschafter, Aktionäre und Finanzanalysten in seltener Eintracht. Und nicht nur das: Mitte September stieg die Aktie nach nur sechs Monaten Abstinenz wieder in den DAX auf. Seit März war sie um 1000 Prozent auf vier Euro gestiegen. Auch das hat es im DAX noch nie gegeben. Nun jubelten auch die neuen Aktionäre.

Zwar ist das Papier schon wieder um 20 Prozent gefallen. Aber wenn Bauer am 18. November die Geschäftszahlen für das Ende September beendete Geschäftsjahr 2008/2009 verrät, sollte das seinen Stolz nicht trüben. Er wird die gesunkenen Umsätze und auch Verluste als Fortschritt preisen – mit ernstem Blick, aber optimistischen Worten. Denn er weiß: Die Kapitalerhöhung im August könnte die letzte Chance gewesen sein, die Infineon von den Investoren bekommen hat. Wenn das Unternehmen nicht bald profitabel wird, droht ihm das Aus. Und sei es durch eine Übernahme eines größeren Konkurrenten.

Nach der Qimonda-Pleite und den Verkäufen vieler Geschäftsbereiche – beispielsweise gibt Bauer in diesen Tagen die Breitbandsparte von Infineon für 250 Millionen Euro an den US-Investor Golden Gate Capital ab – fertigt Infineon fast ausschließlich Chips für Autos, Handys, Chipkarten und Industrieanlagen.

In all diesen Segmenten füllen die Kunden zurzeit ihre Lager auf. Das hatten sie sich aus Angst vor der Finanz- und Wirtschaftskrise monatelang nicht getraut. Zudem boomen die Verkäufe von Computer- und Handyherstellern. Infineon liefert etwa die Chips für das iPhone, den aktuellen Verkaufsschlager des US-Technologiekonzerns Apple.

Das Marktforschungsunternehmen IC Insights schätzt, dass der weltweite Umsatz mit Halbleitern aller Art im zweiten Halbjahr fast ein Fünftel höher als im ersten Halbjahr liegt und sich der Aufwärtstrend 2010 fortsetzt. Mitte Oktober schrieb Peter Bauer in einer E-Mail, die €uro vorliegt, an seine Belegschaft: „Das Geschäft zieht wieder an, und unsere Fabriken sind wieder nahezu voll. Es ist an der Zeit, die Angst vor der Krise in Lust auf Erfolg umzuwandeln.“ Bauer, der mittels vieler Anglizismen gern sein gutes Englisch demonstriert, will Infineon zu einer „High Performance Company“ machen. Zu Deutsch: Der bislang chronische Verlustbringer soll möglichst schon ab dem nächsten Jahr zehn Prozent Gewinn vor Zinsen und Steuern abwerfen – und auch endlich Dividenden.

Lesen Sie, welche Maßnahmen Peter Bauer ergreifen will

Bauer hat die Belegschaft aufgefordert, Vorschläge zu erarbeiten, wie die Gewinne erhöht werden können. Aus Aufsichtsratskreisen verlautet, dass die dafür nötigen Maßnahmen noch 2009 festgelegt werden sollen. Bauers Drahtseilakt: Er wird seine Renditeträume nur dann verwirklichen können, wenn er weiter Personalkosten spart. Er hat aber schon Tausende Stellen gekürzt, Sozialleistungen und andere Lohnzulagen wie Kantinenzuschüsse und Jubiläumsgelder für altgediente Mitarbeiter gestrichen. Zudem hat Infineon den Arbeitgeberverband verlassen, um der Tarifbindung zu entgehen.

Deshalb rumort es in den Werken, obwohl die Geschäfte wieder besser laufen. „Jetzt haben wir doch wieder Geld. Davon wollen auch wir etwas abhaben“, schimpft eine Arbeiterin, die anonym bleiben will. „Hat unsere Führung vergessen, was wir in der Krise geopfert haben?“ Die IG Metall will, dass Infineon wieder dem Arbeitgeberverband beitritt, fordert höhere Löhne und eine Beschäftigungssicherungsgarantie. Bauers Sache ist das nicht. Er hat noch nicht einmal einen neuerlichen Stellenabbau ausgeschlossen.

Dennoch: Die Beschäftigten mögen ihn. Nicht nur, weil er – anders als sein Vorgänger Wolfgang Ziebart – ein „alter“ Siemensianer ist, sich kumpelhaft und volksnah gibt und manchmal in Lederkluft auf seinem BMW-Motorrad vors Büro gedonnert kommt. „Die Leute schätzen ihn vor allem, weil er mit ihnen so intensiv kommuniziert wie keiner seiner Vorgänger“, sagt ein Aufsichtsrat, der ebenfalls ungenannt bleiben möchte. Mit seinen regelmäßigen Ansprachen hätte Bauer erreicht, dass sich die Beschäftigten vom Vorstand ernst genommen fühlen. Er informiert und motiviert die Mitarbeiter, unterschreibt seine langen E-Mails an sie respektvoll mit „Ihr Peter Bauer“ – und zieht sie so auf seine Seite.

Damit der „Good Guy“ mit dem Schnauzbart sein gutes Verhältnis zur Belegschaft trotz ihrer Zukunftsängste aufrechterhalten kann, muss sein Finanzvorstand und Arbeitsdirektor Marco Schröter, der 2008 von der Deutsche-Bahn-Tochter Schenker nach München wechselte, meist den „Bad Guy“ spielen – etwa, wenn’s ums Sparen geht. „Das machen die beiden geschickt“, sagt der Aufsichtsrat, ein Arbeitnehmervertreter. „Über Bauer hört man immer wieder: ‚Unser Peter, der versteht uns.‘“ Er müsse aber aufpassen, dass „sich die Beschäftigten nicht veräppelt fühlen, wenn er ihnen wieder ans Geld will“.

Die Sparmaßnahmen werden sich aber nicht aufs Personal beschränken. „Wir wollen Investitionen ins Geschäft nur aus dem sogenannten operativen Cashflow vornehmen“, schrieb Bauer im Oktober an die Belegschaft. „Das heißt: Nur das, was wir einnehmen, können wir auch wieder reinvestieren.“

Kaputtsparen?

Doch dieser Plan könnte langfristig gefährlicher werden als widerspenstige Betriebsräte in Lohnverhandlungen. Zwar läuft zurzeit vor allem das Mobilfunkgeschäft auf Hochtouren, weil Infineon hier der Konkurrenz technologisch voraus ist. Aber wie lang noch? Die Chips von heute sind in den vergangenen Jahren für Hunderte Millionen Euro entwickelt worden.

Die große Frage ist, wie lang das Unternehmen mit seinem im Vergleich zu größeren Konkurrenten schon heute kleinen Entwicklungsbudget diesen Vorsprung halten kann. Ohnehin ist die Mobilfunksparte von Infineon nach Analystenmeinung zu klein, um dauerhaft eine konkurrenzfähige Entwicklung finanzieren zu können. Die Belegschaft fürchtet, Bauer könnte die Sparte verkaufen, solange sie noch brummt, um möglichst viel Geld herauszuschlagen. Das würde jedoch bedeuten, dass sich Infineon danach vor allem auf die Autosparte, Bauers früheres Vorstandsressort, konzentriert und damit endgültig zu einem Nischenanbieter schrumpft, der nicht eigenständig überleben könnte.

Zudem ist Europa für Chiphersteller eine sterbende Region, weil Asien billiger ist. Zwar hat Infineon bereits ein Werk in Malaysia. Aber eben auch je eines in Dresden und in Regensburg. Bis wann der schlaue Bauer für die Mitarbeiter dort noch „unser Peter“ bleibt, ist offen. Wohl nicht so lang wie für die neuen Aktionäre.

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