Maschinenbau-Aktien: Jetzt bei günstigen Titeln einsteigen!
Viele Maschinenbauer steigern ihre Gewinne und haben volle Auftragsbücher, dennoch sind ihre Kurse niedrig. Eine gute Gelegenheit für langfristig orientierte Anleger.
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von Gerd Mischler, Euro Magazin
Menschenmassen handeln selten fair - schon gar nicht an der Börse. Zugegeben, das deutsche Bruttoinlandsprodukt sank im dritten Quartal um 0,2 Prozent. Auch 2019 soll sich der Boom der vergangenen Jahre nicht fortsetzen.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln erwartet nur noch ein Wachs tum von 1,4 Prozent. Manche Branchen bestraften Investoren in Erwartung die ses Abschwungs jedoch übermäßig hart. So verloren Aktien aus dem Maschinen bau teils bis zu 40 Prozent an Wert. "Diese Abschläge preisen eine konjunkturel le Schwäche ein, für die es aufgrund der Auftragseingänge und Projektanfragen bei den Firmen noch keine Anhaltspunk te gibt", sagt Peter Rothenaicher, Analyst bei der Baader Bank. "Natürlich leiden Maschinenbauer als Hersteller von Investitionsgütern im Abschwung stärker als andere. Sie nehmen aber auch über durchschnittlich Fahrt auf, wenn die Konjunktur wieder anzieht", ergänzt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, Hartmut Rauen.
Besser als vermutet. Außerdem stehen viele Maschinenbauer derzeit deutlich besser da, als es die Bewertung ihrer Papiere vermuten lässt. Noch im September gingen bei ihnen sechs Prozent mehr Aufträge deutscher Kunden ein als zwölf Monate zuvor, meldet der VDMA. Kunden im Ausland bestellten zwar zwei Prozent weniger. "Dennoch sind die Auf tragsbücher so voll, dass die Betriebe für acht bis neun Monate ausgelastet sind", weiß VDMA-Mann Rauen.
Insgesamt rechnen deutsche Maschinenbauer für 2018 mit einem Umsatzplus von 6,1 Prozent. "In Anbetracht der Auftragsbestände ist 2019 mit einem weiteren, wenn auch deutlich geringeren Wachstum zu rechnen", erwartet Analyst Rothenaicher. Daher könnten die Unternehmen bei der Veröffentlichung ihrer Zahlen für 2018 sehr zurückhaltende Prognosen für das Geschäftsjahr 2019 abgeben. Reagiert der Markt darauf enttäuscht, bietet sich für wert und langfristig orientierte Anleger die Chance, aus gewählte Titel günstig ins Depot zu nehmen. "Die Bewertungsrelationen für Maschinenbauaktien liegen teilweise auf einem Vier- bis FünfJahresTief", erklärt Experte Rothenaicher.
Zuverlässige Dividendenzahler. Viele Unternehmen schütten zudem zuverlässig Dividenden aus und sind hervorragend aufgestellt, um auch im Abschwung zu wachsen. So finden sich die Spezialisten für Lagertechnik und Lackieranlagen Kion und Dürr jedes Jahr erneut im WeltmarktführerIndex der Schweizer Universität Sankt Gallen. Sie gehören da mit zum erlesenen Kreis der Unterneh men, die in ihrem Segment weltweit der wichtigste oder zweitwichtigste Anbieter sind. "Die Produkte dieser Hidden Cham pions sind für Kunden nur schwer ersetz bar. Meist gibt es keine oder kaum alter native Anbieter", erklärt KlausHeiner Röhl vom IW in Köln.
Auch Konzerne machen ihnen keine Konkurrenz. Denn meist beherrschen die Marktführer Nischen, in denen Großunternehmen die Skalenvorteile der Massenproduktion nicht ausspielen können. Außerdem beruht die Marktstellung vieler Hidden Champions im Maschinenbau auf den vertrauensvollen Beziehungen zu ihren Kunden. "Diese kaufen keine Geräte von der Stange, sondern entwickeln Anlagen in enger Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten", erklärt Rauen vom VDMA. Erfolgreiche Maschinenbauer sind daher äußerst flexibel - anders als Großkonzerne mit ihren schwerfälligen Entscheidungsstrukturen. Mittelständler wie Deutz, ein Her steller für IndustrieDieselmotoren, oder Aumann, Spezialist für Maschinen zur Herstellung von Elektromotoren, können dagegen schnell auf Bedürfnisse ihrer Kunden reagieren. Aumann beschäftigt nur 980, Deutz 4.150 Mitarbeiter.
"Um in ihren Nischen langfristig er folgreich zu sein, müssen Maschinenbauer die Entwicklung in ihrem Markt aber sehr genau beobachten und ihr Angebot schnell weiterentwickeln, falls ihnen doch Konkurrenz entsteht", warnt IW-Ökonom Röhl. Deutz hat daher 2017 Torqeedo übernommen - einen Spezialisten für Bootselektromotoren. Mit dessen Kompetenzen will Deutz bis 2020 ne ben Diesel auch Hybrid und Elektro motoren für die Industrie entwickeln. Schon zwei Jahre später sollen diese bis zu zehn Prozent des Umsatzes erzielen.
Auf dem Weg zum Spezialisten. Auch Kion entwickelt sich vom Gabelstapler hersteller zum Spezialisten für Robotik und Automatisierungstechnik. Die Tochter Dematic etwa soll Roboter mit solch feinen Greifern und äußerst zuverlässi ger Bilderkennung entwickeln, dass sie jeden Artikel im Lager finden, kommis sionieren und verpacken können - egal ob Kettensäge oder Parfümflasche. Kion will so auch vom boomenden Online handel profitieren. Dieser automatisiert derzeit seine Lager, um die Zeit zwischen Eingang und Versand einer Bestellung auf wenige Minuten zu verkürzen. Der Markt für Logistik und Kommissionier roboter wächst dadurch bis 2021 um mehr als das 15-Fache, hat der US-Markt forscher Tractica berechnet.
Maschinenbauer müssen aber nicht nur ihre Technologien weiterentwickeln. "Um wettbewerbsfähig zu blei ben, müssen sie ihre Maschinen auch um Angebote ergänzen, die die Digitalisierung erst möglich machen", weiß Analyst Rothenaicher. Die größten Chancen bietet ihnen der Aufbau von Plattformen. Darunter verstehen sie Datendrehscheiben, die Informationen auswerten, die Sensoren in der Fabrik eines Kunden aufgezeichnet haben und über das Internet of Things (IoT) an die Plattform übermitteln. Wenn die Maschinen dank des Internets der Dinge miteinander "sprechen" lernen, können Computerprogramme mittels so genannter künstlicher Intelligenz (KI), den Zustand der angeschlossenen Maschinen überwachen und feststellen, ob Fertigungsprozesse optimal laufen oder ob sich etwas verbessern ließe. So werden fehlerhafte Produkte viel schneller als bislang aussortiert.
Weniger Stillstand. Plattformen erkennen zudem noch, bevor eine Anlage ausfällt, ob sie gewartet oder repariert werden muss. Die Zeiten, in denen Maschinen stillstehen, lassen sich so um bis zu 50 Prozent senken, hat die Unternehmensberatung Arthur D. Little errechnet. Jede Stunde Stillstand kostet Unternehmen mehrere 10.000 Euro. Kein Wunder, dass sich der Umsatz mit IoT-Anwendungen und Plattformen bis 2022 auf 17 Milliarden Euro mehr als verdoppeln soll.
Die Maschinenbauer Dürr, DMG Mori und Zeiss haben dieses Potenzial er kannt und 2017 gemeinsam die IoT-Platt form Adamos gestartet. Sie vernetzt Maschinen und Anlagen der drei Unternehmen in zahlreichen Betrieben. Vor teil: Da sie große Datenmengen aus vielen Fertigungen vergleichen, gewinnen die KI-Algorithmen von Adamos schneller an "Erfahrung" und können präzisere Handlungsempfehlungen geben. Zugleich sinken die Kosten für jeden der Anbieter, da Programmierer aller drei Firmen die Plattform entwickeln.
Dennoch werden die Maschinen bauer künftig nur bestehen können, wenn sie auch in Forschung und Entwicklung investieren. Insgesamt gaben sie 15,24 Milliarden Euro im Jahr 2018 für Innovationen aus, so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Damit stemmten sie neun Prozent aller Ausgaben deutscher Unternehmen für hausinterne Forschung und Entwicklung. Die Folge: Der Anteil der Betriebe, die laufend neue Produkte entwickeln und ihre Prozesse optimieren, ist im Maschinenbau mit 67,3 Prozent fast doppelt so hoch wie in der deutschen Wirtschaft insgesamt.
Das zahlt sich aus. Stefan Mütze von der Hessischen Landesbank ist über zeugt, dass selbst die US-Wirtschaft kaum auf wettbewerbsfähige Maschinen "made in Germany" verzichten kann. "Sogar Kunden aus China, der größten Maschinenbaunation der Welt, kaufen bei deutschen Herstellern ein, um hochwertige Produkte fertigen zu können", ergänzt Rothenaicher.
Das trifft auch für Aumann zu. Das Unternehmen aus dem Münsterland stellt Anlagen zur Herstellung von Komponenten von Verbrennungsmotoren her und ist führend bei Spezialmaschinen, mit denen sich die Kupferdrähte für Elektromotoren wickeln und Energiespeichersysteme für die Elektromobilität herstellen lassen. Von Januar bis September konnte der Mittelständler den Umsatz in dieser Sparte auf 78 Millionen Euro beinahe verdoppeln. Die Auftragsbücher sind voll, und im Oktober kamen nochmals Orders über 20 Millionen Euro von Kunden in Asien herein, die auf die patentgeschützte Technologie von Aumann setzen, um Motoren für Elektroloks herzustellen.
Trotz dieser Aussichten stürzte die Aktie in den vergangenen zwölf Monaten ab. In ihrer Abschwungspanik steckten Investoren das Papier mit den Aktien anderer Automobilzulieferer in denselben Sack. Wer nun gegen die Masse anlegen will, findet auch in Aumann ein gutes Investment, und zwar bevor die breite Masse der Börsianer merkt, dass sie einige aussichtsreiche Unternehmen zu Unrecht abgestraft hat.
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Bildquellen: DEUTZ AG, Dürr AG
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